Ans Lager gefesselt

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Ihm ging es richtig schlecht und das war noch milde ausgedrückt. Schon seit einigen Stunden lag er wach auf einem Lager, das er nicht einmal kannte und konnte sich kaum bewegen. Das lag wohl an dem heftigen Schlag, den er gestern versetzt bekommen hatte, nachdem er die Prophezeiung endlich ausgesprochen hatte. Nicht nur sein Kopf drohte zu platzen und nicht nur sein Bauch schmerzte ungemein, er musste auch noch zwanghaft vor sich hin dösen, während er in Gedanken förmlich versank. Weil er nicht wusste, was los war, was passiert war und vor allem, wo er war.  

Wenigstens bot sein Lager einige Annehmlichkeiten. Es war eine weiche, aber dünne Matratze, wie sie bei den Nachtelfen üblich war, denn man konnte sie schnell einrollen und gut tragen. Wenn er seine Hand nach links ausstreckte, bekam er ein Glas Wasser zu fassen und wenn er sich nicht irrte, dann stand genau daneben auch noch ein großer Krug mit Nachschub. Er war in weiche Decken eingehüllt, die die kalte Herbstluft, die durch die dünnen Leinwände des Zeltes pfiff, gut abhielten und seinen Körper warm hielten. Man hatte ihm alle Rüstungsteile und den Gürtel abgenommen, sodass ihm an keiner Stelle unangenehm spitzes Eisen in den Körper drückte.  

Er konnte demnach äußerst zufrieden sein, wenn da nicht die Schmerzen und allem voran die Übelkeit wären. Sie erfasste ihn ein jedes Mal, wenn er wieder versuchte, sich aufzurichten, damit er wenigstens besser sehen konnte. Und immer wieder sank er schnell in die Kissen zurück, denn der Schmerz war wirklich unerträglich, als hätte ihm jemand tatsächlich die Bauchdecke aufgeschlitzt. Sein Kopf brummte zudem und seine Augen machten noch weniger mit und lieferten nur unscharfe Bilder von einer braunen Zeltdecke und dem Holzgerüst, dass das Zelt aufrecht hielt.  

Es war schwierig, seine Hand nach dem Glas auszustrecken, es zu sich zu holen, ohne etwas zu verschütten und es dann irgendwie zu drehen, dass er daraus trinken konnte, ohne den Inhalt völlig daneben zu kippen. So vorsichtig und langsam er seine zitternde Hand auch bewegte, es ließ sich einfach nicht vermeiden, dass er wieder einige Tropfen daneben schüttete. Schließlich konnte er den letzten Inhalt in seinen Mund kippen und stellte das leere Glas zurück an seinen Platz. Er hatte keine Ahnung, wie er sich nachschenken sollte, wenn er wieder durstig war.  

Bis jetzt hatte es gereicht, doch nun waren die letzten Tropfen auch auf seinem Hemd und immer noch hatte sich keine lebende Seele in seinem Zelt blicken lassen. Die Langeweile war bald unerträglich und es stellte sich heraus, dass sein Kehle schon wieder nach Wasser verlangte, das er ihr aber nicht geben konnte. Kurz war er versucht, sich nachzuschenken, oder den Krug selbst zu sich zu holen, wenn er es nur geschafft hätte, die schwere Metallkanne hochzuheben.  

Erbärmlich, dachte er bei sich selbst und starrte auf seine zitternden Arme und Hände. Er drehte sie hin und her, aber davon bauten sie auch keine Muskeln auf. Es konnte doch nicht sein, dass ihm ein einfacher Schlag auf den Kopf so flachlegte! Er würde ja gegen eine Wand hauen, wenn er könnte, aber momentan sah es nicht danach aus, als würde sich eine Wand aus dem Boden erheben und er plötzlich die Kraft dazu bekommen, um dagegen zu schlagen. 

Irgendwann wurden ihm die Decken so unerträglich heiß, dass er verzweifelt versuchte, sie abzustrampeln, womit er nur geringen Erfolg hatte. Seine Brust konnte er freilegen und auch seine Beine wurden nur noch teilweise unter den viel zu warmen Decken begraben. Er fluchte krächzend. Wenigstens gelang ihm das noch. Und dann ging ihm endgültig die Kraft aus.  

Er wusste nicht, wie lange er wieder geschlafen hatte, doch es musste mitten in der Nacht sein und das letzte Mal hatte er auf jeden Fall noch strahlende Sonne durch den Schlitz in der Zeltwand am Eingang des Zeltes gesehen. Jetzt machten die Eulen draußen ihr Geheul und in seinem Zelt, das er für sich ganz alleine hatte, herrschte absolute Stille und Finsternis. Er richtete sich auf und freute sich darüber, dass ihm das mittlerweile schon gar keine Probleme mehr bereitete. Trotzdem war er noch lange nicht wieder fit. 

Der Blutschrein [4] - KriegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt