Die Befreiung von Ödwacht

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Die hohen Mauern von Ödwacht ragten vor ihnen auf und Jiran musste heftig schlucken. Es würde auf jeden Fall nicht so einfach werden, wie er sich das vorgestellt hatte. Vielleicht verteidigten die Orks die Mauern nicht richtig und vielleicht war ihr General gestorben, aber sie saßen noch immer in der mächtigsten Feste der Elfen. Er fragte sich schon die ganze Zeit, wie sie sie eigentlich erst hatten einnehmen können.  

Seine Leute hatten sich hinter ihm versammelt. Heute die meisten ohne Einhörner. Er hatte nur ein paar wenige Reiter mitgenommen, die restlichen Tiere waren beim Lager geblieben. In den Straßen, vor allem in den besonders engen Gassen Ödwachts, waren Einhörner nicht von Vorteil. Sie waren nicht so wendig, als wenn man zu Fuß kämpfte.  

Noch vor wenigen Stunden waren seine Leute mit den Sturmleitern beschäftigt gewesen. Nun hielten sie zehn einsatzbereite bereit, die gleich zum Einsatz kommen würden. Jiran sah sich noch einmal um. Vor ihm das Dreitoretor von Ödwacht, das in den heiligen Wald führte, aber gleichzeitig auch in die Ödlande und in die Stadt. Hinter ihm die Bataillone von nervösen Nachtelfen, die nur auf seine Befehle warteten. Sie hatten sich aufgeteilt in vier große Gruppen, zu dreien von denen wiederrum viele kleinere Gruppen gehörten.  

Die drei großen Gruppen mit den vielen kleinen Gruppen sollten sich auf die drei Ebenen der Stadt verteilen und dort alles von Scheusalen säubern. Die vierte Gruppe würde sich zu Kaserne aufmachen und versuchen, die Belagerung zu durchbrechen. Eine Belagerung in der Stadt vor einer Kaserne, das dürfte eigentlich keine allzu schwere Aufgabe werden. Dennoch hielten sich dort wohl die meisten der verbliebenen Orks auf.  

Er befahl den Angriff. 

Die Leiterträger stürmten gleichzeitig vor und wurden von Bogenschützen flankiert, die die Verteidiger auf der Mauer am besten möglichst viel dezimieren sollten. Schon surrten die ersten Pfeile der Orkbogenschützen heran. Der erste Nachtelf sackte getroffen zu Boden. Er schrie und es war ein lauter Schrei durch die kalte Morgenluft.  

Nun ging das Grauen los. Die erste Leiter war angebracht worden und die ersten Soldaten stürzten herbei. Für einige Schilde hatte die Zeit gereicht, doch sie konnten nicht alle schützen. Unter diesen riesigen Schilden unter denen meist mehr als zehn Mann Platz hatten, rückten sie nun vorwärts. Sie erreichten die Leiter. Doch zu spät. Sie wurde schon wieder umgeworfen. Alle Leiterträger waren tot, also mussten die Soldaten sie selbst wieder aufstellen und nun kletterten die ersten hoch.  

Auch die anderen Leitern wurden von den ersten Nachtelfen bestiegen. Nun waren es nicht mehr nur einzelne Schreie. Die Bogenschützen feuerten eifrig, doch dadurch, dass sie nach oben schießen mussten und dass sie meist auch noch ungeschützt waren, wurde es schwer, die Orks zu treffen. Dennoch waren die Erfolge bald deutlich zu sehen. 

Die Nachtelfen um Jiran herum jubelten auf, als ihre Leute den ersten Mauerabschnitt unter Kontrolle brachten. Dort hielten sie sich tapfer, während immer mehr von unten über die Leiter nachkamen. Auch von anderen Leitern her kamen nun die Soldaten auf die Brüstung. Nun entbrannte der Kampf auf der Mauer. Jiran ließ die Bogenschützen zurücktreten. Sie konnten unter diesem Gewirr nichts mehr tun. Er stellte sie zurück und befahl einer weiteren Truppe, nach oben zu steigen. 

Nach einer ewig scheinenden Weile sah es gut aus. Sie hatten sich gefestigt, allen Leitern drohte nun keine Gefahr mehr und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die letzten Orks von der Mauer vertrieben waren. Irgendwann riefen sie laut nach unten, reckten die Arme in die Luft. Die Mauer gehörte den Nachtelfen. Nicht sonderlich lange danach öffnete sich das Dreitoretor für die schwarze Streitmacht. 

Er ritt auf seinem Einhorn durch das Tor. Djeno war an seiner Seite und Zuren und Ejenuus. Natürlich auch Jatar, Atar und Ilena. Und einen Ehrengast hatten sie auch dabei, nämlich den General der Streitmächte der Elfen. Sie hatten sich alle dagegen entschieden, mitzukämpfen. Nicht nur aus Eigennutz, sondern auch, weil der Sieg zum Greifen nah war. Was wollten die Orks ihnen noch entgegensetzen? 

Der Blutschrein [4] - KriegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt