Ein verirrtes Paar

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Die haben wir vorne auf der Straße aufgegriffen. Sie sind nur zu zweit gewesen, ohne Soldaten oder Eskorte. Wie dumm von ihnen!", bemerkte Gorin und schmiss Jiran zwei zu Paketen verschnürte Gefangene vor die Füße. Die beiden wanden sich in ihren Fesseln und ihre Schreie drangen dumpf durch den Knebel. Es war eine Elfe und ein Elf, die beide so aussahen, wie wenn sie gewaltig sauer wären, dass sie gefangen worden waren.  

„Das hatten die beiden noch bei sich!" Zwei Gepäckstücke bekam er noch hin geschmissen. Zwei große Taschen, die mit allerlei beladen war und unverkennbar war da auch ein auseinandergebautes Zelt darunter.  

„Sie hatten einen langen Weg.", stellte Jiran fest. 

„Sie kamen von Westen und wollten wahrscheinlich nach Osten.", sagte Gorin. 

Jiran besah sich die Pakete und fing dabei den blitzenden Blick des Elfs auf. Er lächelte zurück und befahl. 

„Schnürt den Elf hier doch bitte auf. Ich möchte ein wenig mit ihm reden." 

Der Unbeugsame nickte und gab den Befehl an zwei seiner Leute weiter. Diese knieten sich auf das Gras und machten sich an den Schnüren zu schaffen. Selbst zu zweit brauchten sie ziemlich lange, bis der Elf befreit war. 

Dann stand er aufrecht und wütend vor dem Anführer der Nachtelfen. Vor Jirans Zelt. Er hatte beschlossen, alles, was ging, draußen zu besprechen. Erstens machte es dann nicht immer den Eindruck, als würde er ständig nu geheimes besprechen, denn jeder konnte hier draußen im Lager zu hören. Zweitens war es doch extrem schade, die letzte Sonne des Jahres nicht zu genießen, ehe sie für die Wintermonate wieder hinter den dicken, schwarzen Wolken verschwinden würde. Dafür nahm Jiran auch die Kälte in Kauf, doch mit dicken Westen ließ sie sich noch ganz gut eindämmen. 

Der Elf sah aus, wie einer dieser Typen, die man gerne einfach unterschätzte. Weil sie klein waren, schmal und dünn, nicht sehr muskulös und im Gesicht so normal aussahen und so einfach rüber kamen, dass man sich auf keinen Fall denken würde, dieser Elf sei etwas besonderes. Meist aber täuschte der Eindruck und gerade bei den Normalen, die so unschuldig aussahen, wusste man selten, woran man war.  

Er wischte sich die Grashalme von den Kleidern und straffte dann die Arme. Er sah aus, als würde er sich bereithalten, falls es jemand wagen würde, ihn anzufassen.  

„Wie heißt du?", fragte Jiran und fühlte sich an Faranir erinnert und an früher, als er das zu ihm gesagt hatte, auf der Lichtung, als die Nachtelfen ihn gefangen hatten.  

„Muss ich dir nicht verraten!", rief der Elf und hielt Jirans Blick stand. 

Er ging anders mit der Angst um, als Jiran vor drei oder vier Jahren.  

„Gut, dann sag mir wenigstens, wohin du und deine Freundin unterwegs wart.", verlangte Jiran. Er legte seine Hand bedrohlich auf sein umgeschnalltes Schwert. Natürlich würde er den Elf nicht töten, dafür war Jiran zu neugierig, was zwei einfache unbewachte Reisende auf der Straße zu suchen hatten. In diesen unruhigen Zeiten.  

Der Elf schwieg. 

„Du weißt, wo du dich befindest? Du weißt, dass du hier nicht entkommst? Du weißt, was ich mit dir anstellen werde, wenn du nicht kooperierst?", fragte Jiran sanft.  

Der Elf schwieg noch immer.  

Jiran gab ein Zeichen nach hinten. Djeno trat vor, hielt sein Schwert in der Hand. Er grinste und sah den Elf voller Abscheu an. Jiran zeigte mit dem Daumen auf den Nachtelf mit dem Schwert. 

„Hier ist keiner traurig, wenn einem Elf Leid passiert, glaub mir!"  

Djeno kam bedrohlich näher und Jiran konnte beinahe sehen, wie die Gegenwehr des Elfs immer schwächer wurde. Wie er immer mehr die Hoffnung verlor, wie sein Wille gebrochen wurde. Wie das Feuer in seinen Augen, erlosch, als das Schwert näher kam. Trotzdem behielt er seine Haltung weiter ein.  

Der Blutschrein [4] - KriegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt