IV. Meine heile Welt

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Leben - es gibt nichts Selteneres auf der Welt. Die meisten Menschen existieren, weiter nichts.

- Oscar Wilde

Und ich?

Oft sehe ich aus dem Fenster und denke nach über das, was sein könnte. Meine Augen sind dabei meistens starr in die Ferne gerichtet, lebendig sehen sie nicht aus. Sie beobachten einfach nur.
Ruhe ist das, was ich will, aber was mir ebenfalls eine Heidenangst beschert. Ruhe herrscht dann, wenn alles aus ist - ein Ende genommen hat.
Aber ich will nicht, dass etwas aus ist, was ich mag, sogar liebe. Es wäre gar so, als ob ein Teil von mir in Vergessenheit geraten würde. Einfach so.
Aber, warum habe ich vor etwas Angst, was ich dann so oder so vergessen werde? Wie kann man vor so etwas Angst haben?

Gerade fühle ich mich gut, sofern ich nicht an die Welt nachdenken muss und einfach in meiner Seifenblase sein darf, die ich mir erschaffen habe, als alles gedroht hatte, zu verschwinden und in dieses Scheusal, genannt Vergessenheit, abzurutschen.
Meine heile Welt schwebt mit mir über der Realität. Ich kann sie sehen, aber nicht anfassen, denn sonst müsste meine Seifenblase platzen und das will ich um alles verhindern!
Wenn sie platzt, wäre alles aus, ich würde auf den Boden der Tatsachen aufprallen - wo die Hoffnungslosigkeit regiert und niemanden entkommen lässt.
Ein Zurück wäre ebenso ausgeschlossen, denn sich wieder zu verstecken, nachdem man entdeckt wurde, ist ebenfalls unmöglich.
Ich müsste dann in der Realität leben, die nichts Gutes für mich anzubieten hat, aber trotzdem würde ich wählen müssen. Zwischen Grausamkeit und Scheußlichkeit.
Beides ist ein Fluch.
Jedoch, noch muss ich keine Entscheidung treffen, weil meine Welt noch heil ist, einstweilen.

So sehe ich weiterhin aus dem Fenster und zähle die Sterne, die eine Ewigkeit von mir entfernt sind.

***

Hier geht es darum, dass ich mir bis heute noch eine Seifenblase erschaffe, um meinen Problemen zu entkommen. Mein Profilbild ist daher passend, weil ich das Schreiben schon immer dafür genutzt habe, mich abzulenken.
Auch geht es um das Konzept von Leere, dem Tod. Darüber habe ich noch nie nachdenken wollen, auch weil ich Freunde und Familie hatte, die suizidale Gedanken gehabt haben. Deswegen meine Seifenblase, in der die Welt schön ist.

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