XXVI. Allein, manchmal

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Und wenn du allein sein wirst, wirst du ganz dein sein.

- Leonardo da Vinci

Ist das so?

Manchmal fühle ich mich einsam, obwohl ich so viele Menschen um mich habe.
Ich rede mit ihnen, gerne, doch ich bekomme wenig Bestätigung. Richtige Bestätigung in Worten meine ich jedoch nicht.
Ich muss nicht hören, dass sie mich mögen, dass meine Haare heute schön aussehen, so etwas brauche ich nicht.
Ich muss nicht drei Stunden mit ihnen über Gott und die Welt philosophieren. Manchmal reicht ein einfaches 'Wie geht's dir?' schon aus.
Den einfachen Satz, den man aber immer zur Begrüßung sagt, brauche ich nicht - sie meinen ihn nie ehrlich.
Manchmal möchte ich bloß über das reden, was mich beschäftigt, was ich mag.

Leider habe ich ein Problem, denn ich habe mir in meinem Leben eine Beschäftigung ausgesucht, die die meisten Menschen nicht verstehen, sich einfach nicht dafür interessieren. So höre ich auch nie Fragen über meine Leidenschaft von den Menschen, die mir wichtig sind.
Immer schon bin ich so gewesen; habe mich stets für das interessiert, was andere langweilig fanden. Selten hat man mich danach gefragt.
Liegt es daran, dass meine Lieblingsbeschäftigung für andere zu kompliziert ist, sodass sie sich mit ihrem begrenzten Vorstellungsvermögen befassen müssten, wenn sie mich danach fragen würden?

Menschen wollen immer alles wissen, aber nie der sein, der es nicht weiß.

Fragen sie mich deswegen nicht, nach meinem Leben, weil sie sich nicht damit befassen wollen, dass sie 'dumm' sind?
Dumm, obwohl man Dummheit und Intelligenz nicht auf Schwarz und Weiß definieren kann.
Oder interessieren sie sich einfach nicht für mich? Haben sie andere Sorgen im Kopf und müssen sie deswegen immer über sich selbst reden, während ich zuhöre und brav mit dem Kopf nicke, mich so an ihrem Leben beteilige, wie ich es mir bei mir selbst wünsche?

Jedoch, will ich es ihnen sagen, wie ich mich fühle?
Sie haben mich nie nach meinen Leidenschaften gefragt und wenn, dann nur oberflächig.
Will ich, dass sie damit anfangen, weil ich sie darum bitte?
Nein, will ich nicht. Ich will, dass sie es von selbst aus tun, machen sie aber nicht, werden sie auch nicht.
Lieber lebe ich in einer Welt, wo mich niemand anlügt und so tut, als würde er sich für mich interessieren, richtig interessieren.
Lieber lebe ich in dieser Welt, wo ich weiß, wo ich stehe. 

Lieber bin ich allein, manchmal eben.

30. Juni 2022

***

Mit diesem Text habe ich versucht, auszudrücken, wie ich mich oft fühle. Ich habe eine liebe Familie, aber sie hat sich nie mehr als oberflächlich für einige meiner Interessen begeistern können. Nicht schlimm, weil meine Eltern nichts mit meiner Leidenschaft für Bücher oder Naturwissenschaften anfangen können, aber ich habe mich oft so gefühlt, als würden sie nicht probieren wollen, es zumindest zu verstehen.
Ich im Gegensatz frage nämlich immer, was in ihrem Leben passiert. Tue so, als würde es mich interessieren. Ich selbst habe das aber nie von der anderen Seite erlebt.

Deswegen mein Text, weil ich glaube, dass es vielen von uns so geht. Aus diesem Grund sind Freunde wichtig. Man braucht (nicht jeder) Personen, mit denen man über das sprechen kann, was das eigene Herz berührt, bewegt.

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