Kapitel 38 - Nervosität und Anspannung

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... und zog ihn in eine feste, beinahe freundschaftliche Umarmung. Erst erstarrte Alec überrascht, bevor er sie nach kurzem Zögern erwiederte.

~Reden kannst du~, meinte Ragnor leise,~Jetzt musst du dein Versprechen nur noch halten und ihn auf Händen tragen. Weniger hat er nicht verdient.~
~Ich weiß und ich werd's versuchen.~
~Das solltest du auch. Anderenfalls bekommst du es mit mir und allen Hexenwesen der Schattenwelt zu tun.~

Alec schluckte schwer und sein Herz schlug rasend schnell in seiner Brust, aber das lag nicht an der Drohung.

Nein, viel mehr schlug es vor Aufregung und Glück, so überrascht war er von Ragnors Vertrauen, welches er ihm plötzlich entgegenbrachte. Er hatte quasi seinen Segen zu der Beziehung und auch wenn er diesen eigentlich nicht brauchte, war er dennoch so gerührt, dass er den Älteren noch etwas fester an sich drückte.

~Danke.~, sagte er atemlos, als sie sich lösten.

~Das heißt aber nicht, dass wir auf einmal die besten Freunde sind~, winkte er ab, versucht, seine mürrische Aura wiederzuerlangen,~Halt dich einfach daran und alles ist gut. Und jetzt komm. Die Versammlung beginnt gleich.~

Tatsächlich stand eine weitere Flügeltür aus schwarzen Holz am anderem Ende des Saals sperrangelweit offen und führte in einen erstaunlich dunklen Raum hinein, in dem er nicht mehr als einen Tisch erahnen konnte.

Es befand sich niemand mehr in der Eingangshalle außer Ragnor, er selbst und Magnus, der neben der Tür stand, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Er wirkte irgendwie abwesend, als wäre er mit seinen Gedanken kilometerweit weg.
Langsam gingen sie auf ihn zu und während Alec vor ihm stehen blieb, schlenderte Ragnor weiter in den dunklen Raum hinein.

Aus dem Augenwinkel nahm Alec wahr, wie er einmal das Handgelnenk in einer auffordernden Geste kreisen ließ, bevor er mit den Schatten verschwamm.

Er wandte seine ganze Aufmerksamkeit Magnus zu, der noch immer etwas abwesend wirkte und erschrocken zusammenzuckte, als er ihn sanft an der Taille berührte.

~Bei den Engeln, erschreck mich doch nicht so!~
~Wo warst du denn schon wieder mit deinen Gedanken?~, fragte er lächelnd, weil Magnus' maulender Tonfall einfach zu niedlich war.

Er schlang seine Arme nun vollständig um ihn und sah ihn neugierig an. Diese Neugier, gepaart mit etwas Sorge, steigerte sich, als er unschlüssig auf seiner vollen Unterlippe herumkaute.

~Nicht so wichtig.~
~Magnus ...~, begann er lauernd und ließ den Rest absichtlich in der Luft hängen.

Er seufte entnervt und verdrehte die Augen, bevor er Alecs Blick erwiederte.

~Über was hast du mit Ragnor geredet?~
Alec konnte nicht anders als loszulachen.
~Darüber hast du so nachgegrübelt?~

~Idiot!~, beschwerte er sich und schlug ihm gespielt empört auf die Brust,~Ich bin neugierig, ok? Außerdem habe ich mir Sorgen gemacht. Ragnor kann manchmal ... etwas über's Ziel hinausschießen.~

Er lachte erneut. Magnus hatte ja keine Ahnung.

Als er jedoch Zeuge von dessen Todesblick wurde, ebbte das Lachen ab und er meinte entschuldigend~Tut mir leid, aber es ist alles in Ordnung. Wirklich. Wir werden wahrscheinlich nie Freunde werden, aber Akzeptanz reicht mir schon.~

~Wenn du meinst.~, sagte er, aber es klang nur halbherzig.
~Hey, was ist denn los?~, fragte er nun leicht besorgt, während er mit zwei Fingern Magnus' Kinn anhob, sodass er ihn direkt ansehen konnte.

Das Braun seiner Augen schien in Aufregung zu sein und die verschiedenfarbigen Sprenkel flimmerten nervös auf.

~Du bist nervös ... wegen der Versammlung.~, schloss Alec.
Das frustrierte Seufzen bestätigte seine Annahme.
~Möglicherweise.~

~Du bist nicht allein. Ich bin bei dir. Wir stehen das zusammen durch.~
Magnus lächelte schwach, aber ehrlich.
~Danke.~
~Nicht dafür.~, hauchte er und vereinte ihre Lippen zu einem gefühlvollen Kuss.

Obwohl sie keinen Laut machten, schienen sie sich so viel durch diesen Kuss zu sagen, gar ein richtiges Gespräch zu führen. Auf Alecs stummes Versprechen hin, ihn niemals zu verlassen, bestand Magnus' Antwort aus purer Liebe.

In kürzester Zeit hatte er sich wieder von jemanden abhängig gemacht, der eigentlich sein Feind sein sollte, doch er bereute nichts. Dazu liebte er das Gefühl von Alecs starken Armen um sich zu sehr.

Aber auch der schönste Moment fand irgendwann sein Ende und sie sahen sich atemlos an.
Sanft, aber bestimmt nahm er Magnus' Hand in seine und betrat mit ihm den dunklen Saal, der nur von Kerzenlicht erhellt wurde.

Der Raum war wirklich sehr dunkel und schlicht gehalten. Das Licht war zu schwach, um viele Details erkennen zu können, und der kreisrunde Tisch in der Mitte schien beinahe das einzige Möbelstück zu sein, mal abgesehen von den Stühlen, die um ihn herumstanden.

Auf jedem der Stühle saß jemand anderes und starrte sie mit einer Mischung aus Neugier, Verwirrung und Genervtheit an.

Sofort straffte Alec seine Schultern und ging etwas aufrechter, denn er fühlte sich von den Blicken geradezu erdolcht.
Auch Magnus hatte sich etwas angespannt, obwohl man das lediglich an seiner Kiefermuskulatur erahnen konnte. Ansonsten schien er regelrecht belustigt von der Verwirrung der anderen.

Sie ließen sich auf die letzten beiden, freien Stühle zu Ragnors Linken nieder und während Alec auf seinem Stuhl, den Ragnor wohl angefordert hatte, nervös hin und her rutschte, ging Magnus in die Offensive über.

~Haben wir irgendetwas verpasst oder warum starrt ihr uns an, als hätten wir gerade den letzten Rum vor eurer Nase ausgetrunken?~

Eine Frau mit feuerroten Haaren fasste sich als erstes wieder und sagte mit einer hohen, melodischen Stimme~Was macht er hier? Fremde Besucher sind hier nicht zugelassen.~

Ihm lief es eiskalt den Rücken runter, denn sie starrte ihn an, als wäre er eine widerliche Ratte, aber gleichzeitig lag auch so etwas wie Interesse in ihrem Blick.

Unter dem Tisch drückte er hoffentlich beruhigend Magnus' Hand, die noch immer in seiner lag.
Doch seiner wütenden Miene nach zu urteilen, schien es nicht zu funktionieren, denn in seinem Blick lag ein unbändiges Feuer, welches die Kraft besaß, die ganze Welt niederzubrennen.

~Er gehört zu mir. Außerdem steht es in keinem Codex, dass nicht auch andere an so einer Versammlung teilnehmen können. Es ist lediglich eine nonverbale Empfehlung, die ich geflissentlich außer Acht lasse~, erklärte er betont ruhig,~Man kann wohl kaum von mir erwarten, dass ich Alexander inmitten betrunkener Vampire, stehlender Hexenwesen, sich prügelnden Werwölfen und nach Sexsklaven suchenden Elben alleine lasse.~

Während Alec wohl tiefrot im Gesicht wurde, wurde Magnus von allen Seiten böse angestarrt. Allerdings schienen diese Blicke einfach an ihm abzuprallen.

~Es gibt wichtigere Probleme, wie zum Beispiel die Schattenjäger, findet ihr nicht?~

Damit entfachte er eine brennende Diskussion und er und Alec waren für einen Augenblick vergessen.

Die Fünf Kompasse Der Kali (Malec)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt