47. Francesca

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Ich hatte das Gefühl, schon eine Ewigkeit zu warten, als das Gerät endlich Geräusche von sich gab, die sich von dem monotonen Summen unterschieden. Zuerst dachte ich, es seien nur Störgeräusche, doch dann verstand ich Worte und erkannte eine weibliche Stimme.
„Hallo? Francesca? Bist du das?", fragte ich aufgeregt.
Jetzt wurde die Stimme klarer.
„Ich glaub es nicht, du hast es wirklich geschafft! Wo seid ihr?"
„Ich... Wir..."
Ich sah fragend zu Thomas und Jorge. Ich wusste nicht, ob ich ihr das wirklich sagen sollte. Selbst wenn sie auf unserer Seite war, könnten wir doch abgehört werden, oder?
„Nein, sag es mir lieber nicht. Geht es euch gut?", fragte sie jetzt.
„Ja... Ja, es geht uns gut. Der Rechte Arm hat wichtige Leute verloren und ihr habt uns ein paar von unseren Freunden weggenommen... Aber uns geht es gut."
„Sie haben sie sofort eingesperrt, ich konnte noch mit keinem von ihnen reden, weder mit Minho, noch mit Aris oder Sonya. Aber es geht ihnen auch gut."
„Das ist... schön."
„Okay, pass auf, Anna. Ich habe nicht viel Zeit. Ich glaube, dass Janson mich noch immer im Auge hat. Ich musste dem Kerl vor meinem Zimmer erzählen, dass es noch Schokopudding in der Küche gibt, damit ich mich wegschleichen konnte und es kann nicht mehr lange dauern, bis er bemerkt, dass ich ihn angelogen habe."
Sie lachte auf, wurde dann aber sofort wieder ernst.
„Ich kann euch nicht viel sagen, nur dass wir unser Quartier hier verlassen werden. Wir sollen alle umgesiedelt werden, die Mitarbeiter und die Probanden. Man hat mir nicht gesagt, wohin genau, aber ich habe in Paige's Unterlagen gelesen, wann. Weißt du, welches Datum wir heute haben?", fragte sie.
Ich schwieg. Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, fiel mir jetzt auf. Ich wusste nicht einmal, welches Jahr wir hatten. Man hatte es uns nicht gesagt und es war auch nicht wichtig gewesen. Hilfesuchend sah ich Thomas an, aber der zuckte auch nur mit den Schultern.
„Wir haben den 16. März", sagte Jorge neben mir.
„Genau, dein Freund hat Recht. Die neue Einrichtung wird in genau vier Monaten und sechs Tagen bezugsfertig sein. Dann werden sie die ersten Mitarbeiter überführen und nach und nach immer mehr. Da stehen keine genauen Daten fest. Was aber sicher geplant und unumlegbar ist, ist der Termin für die Probanden. Und jetzt wird es interessant für euch. Sie werden sie am 11. August in einen Zug laden und von hier wegbringen. Wohin, das kann ich euch wie gesagt nicht sagen. Aber der Tag steht fest. Wenn ihr es schafft, den Zug anzuhalten, könnt ihr eure Freunde befreien."
Es herrschte Schweigen. Ich starrte das Funkgerät an, als könnte ich das Mädchen dadurch sehen.
Das waren knapp fünf Monate. Fünf Monate, die Minho bei WICKED verbringen sollte.
„Und woher weißt du, dass sie ihn bis dahin nicht längst umgebracht haben?", fragte ich mit tonloser Stimme.
„Das werden sie nicht. Paige hat ihren Ansatz geändert. Sie plant in der neuen Einrichtung Simulationen durchzuführen, um mehr Serum gewinnen zu können. Ähnlich wie im Labyrinth, nur eben simuliert. Außerdem werden sie Minho nichts tun – nicht bis sie euch haben. Sie denken, er sei der beste Köder."
„Und woher wissen wir, dass er nicht genau das auch für dich ist?"
„Thomas? Bist du das?"
Als sie keine Antwort bekam, redete sie weiter.
„Thomas, du kennst mich. Erinnere dich an mich, bitte. Ich war immer auf deiner Seite und das bin ich immer noch. Ich will euch helfen."
„Woher weiß ich, dass du nicht lügst?"
„Erinnere dich einfach. Dann wirst du es wissen."
Thomas schwieg. Er starrte angestrengt ins Leere.
„Du musst dich nicht sofort erinnern. Es dauert, auch bei euch beiden, die ihr dazu in der Lage seid, WICKEDs Gedächtnismethoden auszutricksen. Ihr wisst, wann der Zug kommen wird. Seid einfach bereit."
„Und du willst nichts für deine Hilfe haben?", mischte Jorge sich ein.
„Bringt die Kids in Sicherheit. Rettet eure Freunde."
Wieder schwiegen wir.
„Hört zu, ich muss Schluss machen. Wir sehen uns wieder, irgendwann, da bin ich sicher."
„Francesca, warte! Du hast etwas über Gally geschrieben, aber ich konnte es nicht lesen... Was hast du gemeint?", fragte ich, als der Gedanke mir in den Kopf kam.
„Ich habe keine Zeit mehr... Aber pass auf, Gally ist..."
Plötzlich brach die Verbindung immer wieder ab, sodass ich kaum etwas verstehen konnte. War ich in einem schlechten Film? Das konnte doch nicht wahr sein.
„Du... suchen... irgendwann... da bin ich sicher."
„Was?", fragte ich verwirrt, aber jetzt war die Verbindung ganz weg.
„Scheiße!", stieß ich hervor und haute auf den Tisch.
„Na, wer wird denn da gleich wütend werden?", fragte eine Stimme hinter uns.

Through The WICKED Scorch | A Maze Runner StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt