Prolog

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„Wenn ich dich verliere,
verliere ich alles.
Mein Lächeln,
mein Herz,
mich selbst.
Ich verliere einfach meine ganze Welt."

(Unbekannt)

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Unter größten Kraftanstrengungen hievte sich Ben Solo das letzte Stück der Schlucht hoch. Ein Felsvorsprung hatte ihn vor dem sicheren Tod bewahrt, aber er war sich sicher, sich beim Aufprall mindestens zwei Rippen gebrochen zu haben.
Langsam humpelte er auf die reglose Gestalt zu, die in der Mitte des Thronsaals lag. Ein neuer Schmerz erfüllte seine Brust, tausendmal stärker als seine gebrochenen Rippen. Er hatte gespürt, wie Rey gegangen war und trotzdem hatte er es nicht wahrhaben wollen. Ben wehrte sich mit aller Kraft gegen die Erkenntnis, dass Rey tot war. Das konnte doch nicht das Ende sein? Wie sollte er ohne Rey weiterleben?
Sie war die Einzige neben seiner Mutter gewesen, die das Licht in ihm gesehen hat. Die es schon immer gesehen, für ihn gekämpft und nicht aufgegeben hatte. Selbst als alles verloren schien.
Als er nach einer gefühlten Ewigkeit endlich bei ihr ankam, kniete er sich neben Rey auf den Boden und zog ihren Körper umständlich auf seinen Schoß. Er blickte sich in dem zerstörten Thronsaal um, als könnten die Schatten eine Antwort bergen.
Aber da war nichts.
Nur gähnende Leere und ein Gefühl des Verlusts, so stark, dass sich seine Eingeweide zusammenzogen. Dann sah Ben in ihr Gesicht, in ihre Augen, die starr und leblos nach oben blickten.
Er presste ihren eiskalten Körper vorsichtig an seine Brust.
Tränen liefen ihm über die Wangen.
Er hatte alles verloren. Manches mutwillig zerstört, anderes wurde ihm genommen. Er hatte seinen Vater ermordet. Eine Tat, die er bis an sein Lebensende bitter bereuen würde. Seine Mutter war seinetwegen gestorben. Und nun war auch noch Rey von ihm gegangen.
Diesen Tod hatte sie nicht verdient.
Plötzlich kam ihm ein Gedanke in den Sinn. Vielleicht war es doch noch möglich, die junge Palpatine zu retten. Hoffnung keimte in ihm auf. Er drückte Rey ein Stück von sich weg und legte seine Hand vorsichtig auf ihre Körpermitte. Er konzentrierte sich auf sich selbst, auf seine Lebensenergie und auf das Mädchen in seinen Armen. Nie hatte er die Macht mehr genutzt und gebraucht, als in diesem Moment. Es kam ihm vor wie Stunden, obwohl es wahrscheinlich nur ein paar Minuten waren, in denen er hochkonzentriert mit Rey in seinen Armen in dem zerstörten Thronsaal saß und seine gesamte, noch verbliebene Lebensenergie auf sie übertrug.
Plötzlich legte sich eine viel kleinere Hand auf seine. Ben öffnete die Augen und blickte in Reys Gesicht. Sie sah ihn verwundert an, wohlwissend über das, was er soeben getan hatte. Sie richtete sich auf, ohne auch nur für eine Sekunde den Blickkontakt zu unterbrechen.
„Ben."
Rey berührte sanft mit ihrer Hand sein Gesicht, bevor sie ihre Lippen auf die seinen legte. Ben erwiderte den Kuss ohne zu zögern, während er Rey näher an sich heranzog.
Als sie sich nach einigen ewig langen Sekunden wieder voneinander lösten, lächelte Ben sie sanft an. In diesem Moment war er so glücklich, wie noch nie zuvor in seinem Leben.
Doch plötzlich spürte er eine Kälte, die in seine Glieder kroch und er ahnte, dass seine Zeit nun gekommen war.
Seine Bereitschaft, Rey zurück ins Leben zu holen, war mit einem hohen Preis verbunden und er war sich dessen bewusst gewesen. Und trotzdem hatte er es getan, weil es richtig gewesen war und weil er in einem Universum ohne Rey nicht leben konnte und wollte. Nicht nachdem, was er getan hatte und weil sie die Einzige war, von der er sich sicher sein konnte, dass sie ihm vergeben würde.
Er würde diese Welt guten Gewissens verlassen können. Die Verbrechen, die er in seiner Vergangenheit begangen hatte, waren zu vielfältig und schwer, als dass er es verdienen würde, weiterzuleben. Er hatte die Chance bekommen, sein Leben für Reys zu geben und er hatte es mit Freuden getan, war sie es doch, die es verdiente, an seiner statt zu leben.
Zumindest konnte er so einen kleinen Teil dessen wieder gutmachen, was er im vergangenen Jahrzehnt an Unrecht getan hatte.
Sein Körper verlor an Kraft und er kippte nach hinten.
Rey versuchte, seinen Oberkörper aufzufangen und blickte ihn verängstigt an, während sie seine Hand in ihrer hielt.
Ben wusste, dass er in Frieden gehen konnte.
Rey würde klarkommen. Auch ohne ihn. Sie hatte ihre Freunde beim Widerstand. Ihre neue Familie.
Er hatte das beendet, was sein Großvater begonnen hatte, in dem er seine große Liebe gerettet hatte. Rey.
Das Mädchen, das ihm alles bedeutete.
Und Ben Solo schloss seine Augen und starb.

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