Als mein Vergewaltiger mir Blumen brachte

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The Secret – Buch I

Als mein Vergewaltiger mir Blumen brachte

Kapitel 1: Als mein Vergewaltiger mir Blumen brachte


Samstag, 01.08.2020, U-Komplex Wohngebäude, Dalton Downtown, USB

Raylyn

Frühjahrsputz im August. Ja, ich war spät dran, aber mein Apartment hatte es dringend nötig. Nicht nur hatte sich in sämtlichen Regalfächern und auf den freien Ablagen Staub gesammelt, auch hartnäckigerer Schmutz hatte sich sichtbar festgesetzt. Besonders hartnäckig erwiesen sich die schmutzigen Gegner in Küche und Bad. Ich war bereits eine gute Stunde zu Gange und der penetrante Geruch von aggressivem Reiniger, hatte sich in der Wohnung ausgebreitet. Meinem kleinen Fellhaufen Jacky gefiel das noch weniger als mir. Mir blieb nichts anderes übrig als schließlich einige Fenster auf Kipp zu stellen und mal ordentlich durchzulüften. Meine Musik stellte ich jedoch nicht leiser. Und auch wenn sie mächtig dröhnte, vermochte sie es nicht den Straßenlärm zu übertönen. Ja, das Apartment war gewiss kein Traum, aber es war ein Anfang, ein erster Schritt in die Unabhängigkeit, die meine Seele so sehr, so dringend nötig hatte. Da konnte man über ein paar kaputte Türrahmen und kein fließend warmes Wasser in der Küche hinwegsehen. Ich konnte es zumindest. Klar empfand ich ein wenig Schmerz und Neid, wenn ich bei Freunden zu Besuch war, die noch den Schutz und die Geborgenheit des vertrauten Elternhauses genossen. Aber hey, ich versuchte das Beste aus der aktuellen Situation zu machen. Ja, ich war in den letzten Wochen was die Sauberkeit anging etwas nachlässig gewesen und mehr als ein Dutzend Instant-Noodle-Packungen hatte ich auch nicht im Haus, aber es kümmerte mich nicht und auch sonst niemanden, denn ich war frei, endlich. Ich konnte aufstehen wann ich wollte, zu Bett gehen wann ich wollte, essen was ich wollte. Ich konnte sogar Pornos auf meinem Flachbildfernseher gucken, auf Zimmerlautstärke. Welche junge Frau hatte schon diese Art von Luxus? Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass ich zufrieden oder gar glücklich war, aber es war in Ordnung, mein Leben meine ich und das zum allerersten Mal, seitdem ich mich zurückerinnern konnte.

Ich seufzte und strich mir die schweißnassen Haarsträhnen aus der Stirn. Ich zog die Putzhandschuhe aus und gönnte mir eine kleine Verschnaufpause. Ich trank, durstig wie ich war, ein paar eilige tiefe Schlucke aus der Sprudelflasche, die neben ein paar leeren Exemplaren neben meinem Bett stand. Ich fächerte mir Luft zu, was mit der simplen flachen Hand nur bedingt gut funktionierte. Während ein etwas ruhigerer Song von meiner auf Shuffle eingestellten Playlist zu spielen begann, band ich mir meinen voluminösen Pferdeschwanz schichtweg neu. Dieser Bass, dieser dunkle Bass, dachte ich mir plötzlich, der ist mir bei diesem Song noch nie zuvor aufgefallen. Es dauerte fast schon peinlich lang, bis mir auffiel, dass es sich bei diesem markanten Geräusch gar nicht um eine musikalische Untermalung, sondern um ein lautes, entschlossenes Klopfen an der Tür handelte.

Mein Herz begann sofort überrascht und sogar ein wenig schmerzhaft in meiner Brust zu hüpfen. Es gab wenige Dinge, die ich mehr hasste als unangekündigten Besuch. Weder ich, noch meine erst halb geputzte Wohnung waren gerade präsentationsgeeignet. Aufgrund der lauten Musik, konnte ich mich zwar nicht abwesend stellen, aber immerhin taub. Ich blieb etwas starr auf dem Rand meines Bettes sitzen, doch das Klopfen kehrte wieder und wieder, es wurde nicht weniger entschlossen, wollte einfach nicht nachgeben. Ich erhob mich zögerlich und schlich zur Tür hinüber. Ich wagte es lediglich mit den Zehen aufzutreten, obgleich man meine Schritte von außen gewiss nicht hätte hören können. Ich lugte skeptisch durch den Türspion.

Das Gesicht des jungen dunkelhaarigen Mannes konnte ich nicht zuordnen. Es lag zudem, dass es mir vollkommen unbekannt erschien, halb im Schatten, des hochgezogenen Kapuzenpullovers. Kein Paketbote, das war ziemlich offensichtlich und beunruhigte mich mehr. Mein Magen verknotete sich leicht. Ich schrak zurück, als der Mann erneut zu einem energiegeladenen Klopfen ansetzte. Ich zog meinen Pferdeschwanz noch einmal streng nach, stoppte dann die Musik von meinem Handy aus und drehte den Schlüssel im Schloss meiner Apartmenttür. Die Sicherheitskette erlaubte nicht mehr als einen recht schmalen Spalt als Öffnung. Ich schluckte, mein Mund war auf einmal so trocken, obwohl ich doch gerade eben erst getrunken hatte. „Ja?" Ich hatte eigentlich etwas galanter erscheinen wollen, wie mit einem „Sie wünschen?" oder zumindest mit einem „Ja, bitte?", aber meine Zunge blieb gezügelt von der Nervosität, verdammt dazu plump und taktlos zu interagieren mit meinem fremden Gegenüber.

The Secret (BUCH I + 2) Als Mein Vergewaltiger Mir Blumen BrachteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt