The Secret - Buch II - Libertà per I'talia
Montag, 10.08.2020, Rom
Alleine, aber nicht zu haben
Anneliese
Sarah presste sich regelrecht die Nase an der Scheibe platt, bei dem Versuch ihn schon aus der Ferne zu erspähen. „Nicht so auffällig", mahnte ich sie. „Was soll er denn denken, wenn er dich so sieht?" „Verzeihung", kicherte Sarah entschuldigend. „Ich bin nur so furchtbar aufgeregt. Wir treffen gleich DAMIEN DREAMER!" Ich bedachte meine Assistentin mit einem ausgedehnten Augenverdrehen. „Er ist mein Businesspartner, also benimm dich gefälligst professionell", schob ich meiner Ungeduldsäußerung mit Worten nach. Voller, sich bekennender Schuld, blinzelten Sarahs rehbraunen Augen zu mir auf. Ich war innerlich mindestens genauso aufgeregt wie sie, doch ich vermochte es zu verbergen, eine coole, unbeeindruckte Miene zu wahren und das erwartete ich ebenso, von meiner Begleiterin. Ich griff in meine Handtasche, die farblich zu meinem rosafarbenen Designerkostüm passte und kramte meinen goldschimmernden Zigarettenhalter heraus. Ich war nervös genug, um innerhalb des Romer Flughafens zu rauchen, doch nicht leichtsinnig genug, um zu riskieren, stinkende Hände vorzuweisen zu haben, wenn ich Hr. Dreamer das erste Mal die Hand geben würde.
„Sie können hier drinnen nicht rauchen, Frau Braumeister", mahnte mein Manager Mark, als ich mir ebenso eine Zigarette aus meinem Päckchen fischte und sie in die Halterung klemmte. Mit „Hier drinnen" meinte er die für uns hergerichteten und für die Öffentlichkeit am heutigen Tage geschlossenen Räumlichkeiten eines Fast-Food-Restaurants im ersten Obergeschoss des überlaufenen Flughafens. Durch eine Glasfront konnte man hinab in die Haupthalle sehen, die beschäftigten Leute, aber nicht zu uns herauf. „Was sollen die tun?", fragte ich, eine Augenbraue anhebend und zündete mir unbeirrt mit dem Feuerzeug meine Zigarette an. „Mich rauswerfen?", ich lachte spitz und nahm einen ersten tiefen Zug, um etwas entspannter zu werden. Eine Bedienstetenkraft, die für unser morgendliches Catering verantwortlich war, beäugte mich zwar missbilligend, doch es brachen keine italienischen Beschimpfungen, Verwünschungen oder Ähnliches über mich herein. „Was würde Ihr Vater sagen, wüsste er, dass Sie rauchen?", versuchte es Mark auf eine leicht emotionalere Schiene. „Er würde Ihnen fünfhundert Dollar geben, wenn Sie ihn dafür nicht weiter mit solchen Lappalien behelligen würden", sagte ich nach einer kurzen, aber dennoch ernsthaften Überlegung.
Johannes Braumeister, Bruder des obersten Friedenswächters Lukas Braumeister, gab außerordentlich Wenig auf das Konzept namens Familie. Zum einen fickte er die Frau seines Bruders, zum anderen tat er es nicht mal auf sonderlich diskrete Weise. Noch vor einem Jahr hatte sich mein Vater mit der obersten Friedenswächterin Michaela Braumeister irgendwo in Dalton, einer unbedeutenden Stadt, umgeben von Bergen irgendwo innerhalb der USB, vergnügt. „Komm zu uns, Liebes", hatte er mir immer wieder gesagt. „Es ist schön hier und die Bergluft wird dir guttun." Was für eine dreiste Aufforderung dies doch gewesen war. Als ob ich Lust darauf gehabt hätte, mich in den USB irgendwo im Gebirge zu verkriechen, mich den absurden Lehren The Secrets hinzugeben und das Gequengel meines jüngeren geisteskranken Cousins Luke zu ertragen. „Aber es ist momentan viel zu gefährlich im Bayrischen Reich", war sein zweites wiederkehrendes Argument gewesen. Das hatte mein Vater auch seinem Bruder einreden können, der daraufhin seine Frau und seinen Sohn mit Johannes außer Landes geschickt hatte, zu deren Besten, so wie er geglaubt hatte, doch in Wahrheit hatte Johannes nur genügend Abstand gebraucht, sodass Lukas die durch erotische Ekstase hervorgerufenen Schreie seiner Frau nicht würde hören können. Die Heftchen der Klatsch- und Tratsch-Presse, die jederorts semidiskret unterhalb der Kioskladentheke vertrieben wurden, hatten sich die Mäuler fusselig und schaumig zerrissen, doch das hatte Johannes, meinen ach so tollen Vater, nicht im Entferntesten interessiert. Er hatte ja nicht die Blicke der Bürger auf sich spüren müssen, währen diese hinter vorgehaltener Hand tuschelten, während man die Straße überquerte. Ich hatte tapfer die Stellung gehalten, meine Schule in Paris abgeschlossen. Wochenends war ich mit dem Flieger zurück ins bayrische Reich gereist, hatte meinem einsamen Onkel Lukas die Hand gehalten und das Grab meiner verstorbenen Mutter gepflegt, während mein Vater ihr weiter Schande gemacht hatte und als sich die Lage wieder beruhigt hatte, waren die ätzenden Turteltauben voller Missbilligen zurückgekehrt, einen noch sonderbareren Luke in ihrem Schlepptau, der nur noch von irgendwelchen Hungerspielen und einem gebrochenen Herzen gesprochen hatte.
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The Secret (BUCH I + 2) Als Mein Vergewaltiger Mir Blumen Brachte
Mystery / ThrillerWas geschieht mit meinem Bewusstsein, wenn ich versterbe? Erlischt es einfach? Wird es neu geboren? Erhalte ich nach meinem Tod endlich Zugang zu meinem Unterbewusstsein, oder gibt es gar eine Möglichkeit dies schon vorher zu tun? Wo ist meine Seele...