Regenwetter

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Ein berauschendes Gefühl. Ein kribbeln, von den Lippen an, bis in mein inneres. Beschreiben, es richtig in Worte fassen, konnte ich nicht. Denn ich konnte mein eigenes Glück nicht begreifen und das, was gerade passierte.
Sein Arm um mich. Meine Hand, die sich vorsichtig an seine Wange gelegt hatte. Unsere Lippen, die miteinander tanzten, wie sonst unsere Herzen zu den melodischen Klängen des Klaviers.
Wie wir nun noch höher flogen, zusammen und überglücklich.

Wie wir uns anlächelten, als wir unsere Lippen voneinader trennten. Wie das Gefühl seiner aber nicht von meinen verschwand. Verband uns die gemeinsame Liebe zur Kunst? Die Liebe, die ich seit meiner Kindheit mit dem Klavier verband. Die Liebe, die Patrick für meine Kunst spürte und die ich spürte, für ihn und sein Gemälde.
War es Liebe von beiden Seiten für unsere Herzen?

Ich blieb am Klavier sitzen, während Patrick auf die Toilette ging. Maudi hatte sich auf seinen Platz gesetzt und schaute mir zu, wie ich die letzten Tropfen des Rubby Bubble gerecht aufteilte. Erinnern, wann ich das Getränk zuletzt getrunken hatte, konnte ich mich nicht. Aber von nun an, würde ich es nicht nur mit meiner Kindheit verbinden, sondern auch mit ihm.

"Da hat wohl jemand meinen Platz ergattert", gluckste Patrick plötzlich hinter mir. Maudi sah in seine Richtung, machte aber keine Anstalten wieder zu gehen. "Gut, dann bleibe ich halt stehen." Grinsend stellte Patrick sich an das Klavier ran. Ich reichte ihm sein halbvolles Glas Kindersekt, welches er dankend in die Hand nahm. "Möchtest du eigentlich morgen mit zum Konzert kommen? Es ist was kleines. Vielleicht dreihundert Gäste. Ich würde dich als Begleitung mitnehmen. Dann darfst du oben auf den Balkonen sitzen." Hoffnungsvoll sah ich ihn an. Doch seine Mundwinkel zogen sich Glatt und ich wusste, dass er ablehnen würde.

"Leider kann ich nicht. Bin verabredet mit einer Freundin." Er nippte an seinem Sekt und auch ich nahm einen Schluck. "Schade", murmelte ich gegen den Rand des Glases. Patrick trat einen Schritt näher zu mir, legte seine Hand auf meinen Schopf und strich sachte über ihn. Ich schloss die Augen und lehnte mich gegen Patricks Körper. "Aber ich kann gerne am Sonntag nochmal rumkommen, für ein privates Konzert. Ganz für mich allein. Ich liebe es, wenn du spielst und ich dir zusehen kann. Man sieht, wie du die Musik spürst. Und wie glücklich du dabei bist. Und das macht mich glücklich."

Leider konnte er nicht über Nacht bleiben. Nach Null Uhr verließ er meine Wohnung. Unsere Verabschiedung war Innig. Es war wohl die längste Umarmung, die ich je hatte. Es waren wohl die schönsten und sehnsüchtigsten Küsse, die ich je bekommen und gegeben hatte.

Und nun war ich mit Maudi alleine. Schon wieder breitete sich die Sehnsucht nach diesem Mann aus. Schlimmer als zuvor.
Doch ein Lichtblick gab es. Schon am Sonntag würde er wieder vor meiner Tür stehen und mich im Arm halten, mich küssen. Und der Gedanke daran, ließ mich lächeln.

Am Samstag regnete es. Meinen Regenschirm hatte ich lange gesucht. Als ich ihn gefunden hatte, konnte ich ein erleichtertes seufzen nicht lassen. Denn ohne ihn, würde ich durchnässt an der Musikhalle ankommen. Und ich wusste, dass Herr Swanski sowas nicht gutheißt. Man musste gut aussehen, wenn man auf die Bühne ging. Man musste genauso Edel aussehen, wie sich die Instrumente anhörten.

Ich ging durch den Regen. Der Regenschirm geöffnet, über meinen Kopf. Mein Blick auf den Boden gerichtet. Sollte ich Claus erzählen, dass Patrick und ich uns geküsst hatten? Würde er es Schwachsinnig finden, da wir uns gerade mal zwei Wochen kannten? War es denn schwachsinnig? Grübelnd lief ich weiter, beachtete die Pfützen nicht, in die ich trat.

 Sollte ich Claus erzählen, dass Patrick und ich uns geküsst hatten? Würde er es Schwachsinnig finden, da wir uns gerade mal zwei Wochen kannten? War es denn schwachsinnig? Grübelnd lief ich weiter, beachtete die Pfützen nicht, in die ich trat

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Als ich dann am Veranstaltungsort ankam, schüttelte ich meinen Regenschirm aus und trat ein. Es waren schon viele Leute da, die in Anzügen und Kleidern in der Empangshalle warteten. Ich selbst jedoch ging in den hinteren Bereich.
"Ist Claus schon da?", fragte ich Anne, die vor einen der vielen Spiegel saß und sich die Haare machte. "Oh Hey. Nein, ich habe ihn noch nicht gesehen." Kurz sah sie mich an, machte sich dann aber weiter an ihrem Haar zu schaffen. "Und Luis?" Ich legte meine Tasche auf einen Sessel. "Proben. Er musste seine Geige reparieren lassen und ist noch immer etwas zickig drauf. Frag einfach nicht nach." Sie steckte ihre Haare fest und stand dann auf. "Okay." Ich stand da im Raum und sah ihr zu.
Dann, zu meinem Glück, kam Claus hinein.
"Dieser verfickte Regen."

Das Klavier | KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt