19. Wenn man anfängt durchzudrehen

42 1 0
                                    


Da war dieses dumpfe Hämmern. Wie so oft rannte hinaus in den Garten, direkt in die Arme meiner Eltern. An diesem friedlichen Tag begannen sie ein Baumhaus für mich zu bauen, von dem bereits die Leiter fertig war und sie sich nun an den Boden machten. Glücklich lächelte ich sie an, spürte das freudige Funkeln in meinen Augen und gab beiden einen Kuss auf die Wange.

"Danke, danke, danke!", rief ich und hopste aufgeregt auf der Stelle, während ich in meine Hände klatschte.

Dann legte mein Vater kurz das Holz beiseite, stürmte auf mich zu, hob mich hoch in die Luft und wirbelte mich im Kreis herum. Ich liebte es, wenn er das tat. Für einen kurzen Moment kribbelte alles und ich fühlte mich schwerelos. Nachdem er mich wieder abgesetzt hatte, kniete er sich noch einmal zu mir herunter.

"Ich liebe dich, mein Spätzchen.", sagte er liebevoll und drückte mir einen festen Kuss auf die Stirn.

"Ich liebe dich auch, Daddy.", antwortete ich und schloss ihn erneut in meine Arme.

Dieser Tag war einer der seltenen Tage, an dem wir eine ruhige Familie waren, die sich nicht stritt. Je älter ich wurde, desto weniger Zeit verbrachten sie mit mir. Desto weniger hatten wir alle zusammen Spaß und desto weniger wurde mein 'Ich hab dich lieb Dad' erwidert. Zurück kam immer nur ein 'Ja ja', was mich jedes Mal noch mehr verletzte, als das Mal davor, doch wollte ich die Hoffnung nie aufgeben. Ich konnte mir nicht eingestehen, dass mein Vater seine Firma mehr liebte als mich.

Nach unserer langen, herzlichen Umarmung, schnappte er sich erneut den Hammer und schlug weitere Nägel in die Holzdielen. Ich hörte das Holz knacken, hörte jeden Splitter brechen, der von den ihnen durchbohrt wurde und plötzlich wurde das Klopfen immer lauter

"Tandy? Aufstehen. Jetzt mach endlich auf."

Aufmachen? Verwirrt blickte ich mich um, und meine Eltern waren verschwunden. Der Garten war leer. Traurig rief ich nach ihnen, aber ich bekam keine Antwort.


Mit einem schmerzverzogenen Gesicht rieb ich über meinen stechenden Nacken und bemerkte, dass ich noch immer an der Wand im Badezimmer lehnte. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich hier sitzend eingeschlafen war, nachdem Theo mich gestern Nacht noch mehrmals dazu aufgefordert hatte endlich wieder die Tür aufzuschließen.

"Jetzt mach schon. Du hast genug geschmollt.", dröhnte seine Stimme durch das knackende Holz, welches dem Geräusch aus meinem Traum genau glich.

Ich hatte mal gelesen, dass das Geräusch, das man kurz vor dem Aufwachen wahrnahm, den Inhalt des Traumes aufbaute und eine fertige, manchmal auch sehr fantasievolle, Geschichte darum spann. Also konnte ich mich wohl bei Theo bedanken, dass ich jetzt nun wieder wusste, wie viel meiner Familie an mir lag.

"Ich komm ja schon. Warte kurz.", sagte ich gähnend zurück und versuchte wackelig aufzustehen. Eines hatte ich gelernt: In dieser Position würde ich nie wieder einschlafen. Das Gefühl, wenn das Blut endlich wieder in die tauben Beine floss, war nicht grade angenehm, weshalb ich ein leises Aufstöhnen nicht verhindern konnte.

Die ganzen Träume, die ich die letzten Nächte gehabt hatte, machten mir wirklich zu schaffen. Es war schon fast nervig, kaum einen erholsamen Schlaf zu haben, wenn auch schon die Tage so anstrengend waren. Egal zu welcher Zeit, ich hatte nie eine Pause, obwohl ich sie dringend bräuchte.

"Findest du nicht, dass diese Reaktion etwas übertrieben war? Du hast dich wie ein kleines Kind verhalten.", warf mir Theo an den Kopf, als ich an ihm vorbei ging und die Flasche Wasser aus dem Rucksack zog, um etwas zu trinken.

A Bitter Sweet Life || Teen Wolf FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt