Kapitel 6

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Albus lag traurig in seinem Bett und dachte über die Ereignisse des Tages nach. Er hatte Gellert geküsst. ER hatte GELLERT GEKÜSST!
Es war perfekt gewesen... Bis Gellert sich zurück gezogen hatte und eilig aus der Bibliothek verschwunden war. Albus hatte ihm sehnsüchtig und traurig nachgesehen.
Dieser dunkle Ausdruck, der sich kurz in Gellerts Augen gezeigt hatte, verunsicherte Albus.
Hatte er dunkle Erinnerungen wachgerufen?
Wollte Gellert ihn nicht küssen? Ihn nicht begehren?
Sollten sie so tun, als wäre zwischen ihnen nichts?
Doch was war überhaupt zwischen ihnen?
Es gab kein Gesetz, dass eine gleichgeschlechtliche Liebe zwischen ihnen legalisierte. Wollte Gellert das Gesetz nicht noch mehr brechen als er es eh schon getan hatte?

Unzufrieden mit sich selbst ging Gellert in seinem Zimmer auf und ab. Warum hatte er den Kuss abgebrochen? Warum war er nicht bei Albus geblieben? Hatte ihm nicht gesagt, dass er ihn noch immer liebte?
Ein nagendes Gefühl kam in Gellert auf. Er wusste es.
Es war noch zu früh. Er konnte Albus noch nicht so nahe sein ohne die Vergangenheit erneut aufleben zu lassen. In dem Moment als sie sich geküsst hatten, hatte Gellert es wieder gespürt. Dieses dunkle, leidenschaftliche Verlangen, Albus und die ganze Welt zu besitzen, seinem Willen zu unterwerfen.
Frustriert atmete Gellert laut aus.
Nur noch diese Woche. Dann ist Albus weg und er konnte sich auf sein Gefühlschaos konzentrieren und hoffentlich bis zum Empfang beseitigen!

Die nächsten Tage verliefen schleppend für Albus und Gellert. Sie sprachen nicht über die Magie, nicht über ihre Gefühle, nicht über den Kuss in der Bibliothek.
Im Grunde sprachen sie gar nicht miteinander.

Ein letztes Mal sah Albus zurück. Ein Lächeln schlich auf sein Gesicht. Dann apparierte er.
Zurück in Hogwarts packte er zunächst seine Sachen aus und bereitete die Stunden für die kommende Woche vor. Dann meldete er sich bei Dippet wieder zurück.
„Wo waren Sie, Albus?", fragte Armando.
Er zögerte kurz ehe er zu einer Antwort ansetzte.
„Unsere Welt hat eine Woge schwarzer Magie überrollt. Ich war bei Gellert Grindelwald um über ein weiteres Vorgehen zu verhandeln. Wenn sich ein neuer Feind erhebt, müssen Amerika und Europa mit Grindelwald zusammenarbeiten. Nur auf diese Weise wird es uns möglich sein, den Feind zu besiegen!"
Armando lehnte sich in seinen Stuhl zurück.
„Und wenn Grindelwald diesen unbekannten Feind unterstützt?"
„Das wird er nicht. Das kann ich Ihnen versichern, Armando!", meinte Albus sicher.
Der Schulleiter brummte unwillig.
Albus sah dies als Zeichen und stand auf.
Er verließ das Büro. Unterwegs traf er noch auf ein paar Schüler und Professoren mit denen er sich kurz unterhielt.
So vergingen die Wochen bis zum Empfang. Albus hatte alles mit Armando abgeklärt sodass dem Abend nichts mehr im Wege stand.
Er zog sich einen schicken Anzug an und wartete, dass seine Handschuhe die Krawatte gebunden hatten während er die schwarzen Schuhe aus seinem Schrank zu ihm schweben ließ.
Aus seinem Wohnzimmer hörte er ein feuriges Zischen. Irritiert stand er auf und ging ins Wohnzimmer um nach dem Ursprung des Geräuschs zu sehen.
Er verdrehte die Augen als er Gellert erkannte, der sich gerade imaginären Staub von dem Mantel klopfte.
„Gellert!", nickte er ihm zu.
Der Zauberer sah auf.
„Albus!", grüßte Gellert ihn mit einem leichten Lächeln zurück.
Albus sah die silberne Krawattennadel auf dem Sofatisch liegen.
Da ist sie also verschwunden!
Albus nahm die Nadel und befestigte sie an seiner Krawatte.
„Der Anzug steht dir, Al!"
Albus sah auf. Er errötete leicht als er sich Gellerts Blick gewahr wurde. War das Verlangen? Begehren? Liebe?
Albus wusste es nicht. Er wusste nur, dass er diesen Blick nie wieder missen wollte. Dass er diesen Mann nie wieder missen wollte.
„Danke!", murmelte er und schlüpfte in seinen grauen Mantel.
Gellert streckte seine Hand aus und Albus ergriff sie.
Gemeinsam apparierten sie.
Sie standen in einer dunklen Straße, die nur ab und an von einer Laterne erhellt wurde.
„Wo sind wir?", fragte Albus.
„In New York. Der Empfang findet im MACUSA statt.", erklärte Gellert und setzte sich in Bewegung. Er zog Albus leicht mit sich.
Vor einem riesigen Gebäude blieben sie kurz stehen, dann traten sie durch eine kleine Drehtür links vom offiziellen Eingang ein.
Das Innere des Gebäudes war hell erleuchtet und sie betraten auf direktem Weg den Aufzug.
Ein Hauself brachte sie zum Empfang. Vor der Tür wurden ihnen die Mäntel abgenommen und dann betraten sie den Raum, aus dem man schon leises Gelächter hatte vernehmen können.

Closer Than BrothersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt