Herzrasen

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*Justin POV*

Während wir die Straße rauf liefen, klärte mich Clara teilweise auf. Ich hab von ihrem Freund erfahren, von ihrer damaligen psychischen Situation und das Ben ein Typ ist, der alle versucht mit in den Abgrund zu stoßen. Augenblicklich fühlte ich mich schlecht, dass ich so unsensibel war. Ich hatte ja keine Ahnung. Und als wir Tamara endlich gefunden haben und sie völlig verzweifelt da oben stand, setzte das einen so krassen Stich in meiner Mitte, dass ich sie für die ersten Minuten einfach nur angestarrt hab. Mir fehlen die Worte. Und jetzt stehen wir hier und keiner versucht ihr näher zu kommen, weil es den entscheidenen Schritt ausmachen könnte. Plötzlich schwankt sie nach vorne und mein Herzschlag setzt für einen kurzen Moment aus. Neben mir kreischen die anderen erschrocken auf und mein Herz beginnt doppelt so schnell zu schlagen. Gerade rechtzeitig erwischt sie noch den Pfosten und zieht sich zurück. Sie ist komplett voll. Sie weiß durch den Alkohol doch gar nicht was sie da tut! Jetzt reicht es!

„Tamara verdammt!", rufe ich ihr verzweifelt zu, doch werde gleich von Melissa unterbrochen: „Justin lass es!"

„Ich will nicht mehr!", schluchzt Tamara und plötzlich bewegt sich ihr Fuß ein Stückchen.
Irgendwas löst das in mir aus und ich beginne einfach unkontrolliert loszureden.

„Tamara hör mir zu. Hör mir zu! Ich weiß wie du dich fühlst. Du denkst es gibt keinen anderen Ausweg mehr und dass du es satt hast, ständig so zu tun als wärst du in Ordnung. Aber wenn du jetzt springst... Tamara denk an deine Familie. Willst du deren Herz wirklich so stark brechen. Denk an die Schuldgefühle deiner Freundinnen. Sie müssten ein Leben lang damit klar kommen, dass sie dich nicht retten konnten. Ich weiß nicht was dir dieser Ben eingeredet hat, aber du hast keinen Grund das zu tun! Egal was er gesagt hat, wenn es dich dazu bringt das hier tun zu wollen, ist es Bullshit! Es wird leichter! Ich verspreche es dir!", sprudelt es irgendwie aus mir raus. Ich versuche irgendwas zu sagen was sie davon abhält zu springen. Ich mache ein paar Schritte in ihre Richtung, doch ihr Kopf schnellt zu mir und sie weint: „Justin bitte bleib weg."

Ich bleibe stehen und rede weiter: „Tamara, du hast bis jetzt so viel ausgehalten, du warst so stark! Du bist stark. Und willst du nur wegen so einem kleinem Schwächemoment und dem blöden Alkohol alles aufgeben? Du wirfst dein verdammtes Leben weg, Tamara! Du nimmst so viele Herzen mit dir mit und ich bin mir ziemlich sicher, dass das das Letzte ist was dein Freund da oben möchte. Du musst aufhören, davor wegzulaufen. Und du versuchst grad alles möglich, damit deine Probleme dich nicht einholen. Aber fang doch mal an dich ihnen zu stellen!", ich weiß selber nicht mal was ich da rede und ob es Sinn macht, ich will einfach nur dass sie da runter kommt. Ich gehe während meinem Redeschwall immer näher auf sie zu.

„Du würdest so viel verpassen, Tamara. So vieles... Du kannst lernen wieder neu zu lieben und du kannst lernen wieder glücklich zu sein. Du wirst wieder klarkommen! Du willst das hier eigentlich gar nicht tun! Bitte Tamara komm da jetzt endlich runter!", ich bin fast bei ihr angekommen und anscheinend dringe ich zu ihr durch. Mein Herz schlägt von Satz zu Satz immer schneller, aber ich rede weiter.

„Alles was du jetzt fühlst, ist nur in deinem
Kopf! Glaub mir, er hätte dein Glück gewollt. Er wünscht sich nur das Beste für dich! Wenn du das hier tust, würde ihm das das Herz brechen und nicht nur ihm! Du schaffst das Tamara!", endlich bei ihr angekommen, packe ich sie an der Hüfte und ziehe sie praktisch schon da runter. Mein kompletter Körper wird von Erleichterung erfüllt und ich spüre, wie der Druck von meinen Schultern weicht. Tamara sinkt zu Boden, aber ich halte sie noch rechtzeitig fest. Naja, also jetzt sitzen wir beide am Boden. Sie umklammert mich, als wäre ich der letzte Halt den sie hat und ihre Tränen durchnässen mein Shirt. Ich ziehe sie ganz fest an mich und als die anderen realisieren, dass sie unten ist, laufen sie schnell zu uns rüber. Ihre Freundinnen knien sich zu uns auf den Boden und reden beruhigend auf sie ein, aber das höre ich gar nicht richtig. Ich streiche einfach nur behutsam über Tamaras Kopf und lasse sie nicht mehr los. Ich weiß nicht ob ich glücklich bin, weil sie noch bei mir ist oder ob ich erschüttert bin, sie so traurig zu sehen. Wahrscheinlich beides.

„Gehen wir nach Hause.", sagt Clara immernoch unter Tränen. Vorsichtig drücke ich Tamaras schwachen Körper von mir und stehe auf. Ich hebe sie auf ihre Füße, aber inzwischen hat der Alkohol über Hand genommen. Sie schafft es nicht mal mehr gerade zu stehen. Luke und die andern beiden starren einfach immernoch völlig entsetzt auf uns und packen die Situation gar nicht. Doch als sie sehen wie fertig die Mädls sind, legt Shawn einen Arm um Cloe und Marc tut es ihm bei Clara gleich. Luke lässt seine Hand in Melissas gleiten und ich hebe Tamara im brautstil hoch. Ihr Kopf fällt müde gegen meine Brust. Wir gehen den kompletten Weg zurück, bis wir wieder bei Luke angekommen sind. Ach du scheiße. Es ist halb 4 Uhr morgens und die Party war noch im vollem Gange. Ratlos schaut Luke in die Runde.

„Sollen wir...Sollen wir mit zu euch?", fragt Shawn vorsichtig und wir gucken ihn überrascht an. Stummes und erleichtertes Nicken von den Mädchen und das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Das letzte was ich jetzt wollte, war Tamara allein zu lassen.
Und so kommt es dazu, dass wir noch schnell Klamotten von Luke zum wechseln mitnehmen und zu den Mädls fahren. Die Party überlassen wir einfach sich selbst.

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Keine Ahnung, die letzten zwei Kapitel waren bisschen anders haha ich wollte iwie Spannung oder sowas dramatisches reinbringen lol

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