}Chapter 1{

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,,Ich weiß nicht, ob ich das kann.".
,,Ganz ruhig. Erzähl uns, woran du dich erinnern kannst. Lass dir Zeit. Wir können auch Pausen einlegen.".
Sie lächelt mich fürsorglich an.
Ich sitze auf einem unbequemen Stuhl inmitten des kleinen weißen Verhörzimmers.
Sie gibt mir ein Glas stilles Wasser.
Während ich einen kleinen Schluck nehme, setzt sie sich mit einer Mappe und einem Stift bewaffnet gegenüber von mir an den trostlosen grauen Tisch.
,,Was soll ich nochmal erzählen?".
,,Hör zu, Chloe. Ich weiß, es fällt dir schwer, darüber zu sprechen, aber du musst wissen, dass es wirklich wichtig ist, dass du uns jedes Detail erzählst. Jede kleine Information könnte helfen. Du bist die Einzige, die da lebend rausgekommen ist und uns weiterbringen könnte. Wir werden gleich nach dir auch Liam verhören.".
,,Mh..Okay....."

Sonntag, 15.03.1998

Chloe
Ich wachte auf, als mich eine kühle Hand an meiner Wange streichelte. Ich öffnete langsam meine Augen und sah in das liebliche Grinsen meines Freundes. Ich sah in die hellblauen Augen, die mich schon seit Tag eins faszinierten. Langsam wanderte mein vom Aufwachen verschwommener Blick auf seinen Schoß, auf dem er ein hellgrünes Tablet hielt. Es beinhaltete zwei weiße Porzellanteller mit jeweils einem silbernen Messer, ein braunes Brotkörbchen mit frischen Brötchen und zwei weiche Buttercrossaints mit ein paar Brotauflagen.
,,Guten Morgen, Schlafmütze. Ich hab uns Frühstück gemacht.", sagte Paco, während er das Tablet auf meinem einigermaßen aufgeräumten Nachtisch abstellte und mir einen liebevollen Kuss auf die Stirn gab. Ich stütze mich mit meinen Ellbogen langsam auf und sah verschlafen auf meinen Wecker. Ich presste ein wenig die Augen zusammen, um die kleine in rot leuchtende Uhrzeit zu erkennen.
11:38 Uhr. So lange schlafe ich normalerweise nie, aber ich habe bis in die Nacht für meine Abiturprüfungen gelernt, die in 2 Wochen anstehen würden.
,,Oh man, du bist so lieb zu mir, Paco.", sagte ich, während ich mir ein lautes Gähnen nicht verkneifen konnte. ,,Du hast nichts anderes verdient, Maus".
,,Maus", so nannte er mich immer, obwohl er wusste, dass ich kein Fan von Kosenamen war. Ich hatte nichts gegen kitschig, aber das war mir doch zu viel.
Wir waren nun schon seit einem Jahr und sechs Monaten zusammen.

Ich richtete mich auf, sodass ich endgültig auf der holzigen Kante meines Bettes saß, und nahm mir ein Brötchen aus dem Korb. Ich belegte es mit Butter und einer Scheibe Käse. So, wie ich es am liebsten aß.
Während ich genüsslich in mein geschmiertes Brötchen biss, musterte ich Paco.
Er hatte blonde, wuschelige Haare und ein markantes Gesicht, was ich sehr an Männern mochte. Für seine 23 Jahre sah er ziemlich jung aus, weshalb er oft seinen Ausweis vorzeigen musste. Ihn nervte es, aber ich fand es eigentlich ganz süß und zog ihn immer damit auf.
Ich allerdings sehe meinem Alter entsprechend aus, sagten mir die Anderen zumindest immer.
Ich habe braune lange Haare, die mir bis an meinen Hintern reichten, auf die ich stolz war. Das war auch schon das Einzige, was ich an mir selbst okay fand. Natürlich fand ich es gut, dass ich eher eine zierliche Figur habe, doch deswegen wurde ich damals von Mitschülern oft aufgezogen. Sie sagten immer, ich sei magersüchtig, was nicht stimmte und mich allmählich nervte.
,,Alles okay bei dir? Schatz?", unterbrach Paco meine Gedanken. ,,Ja, alles gut.".

Den restlichen Sonntag passierte nichts Aufregendes. Nach dem Frühstück mit Paco lernte ich so gut wie den ganzen Tag. So, wie es die letzte Woche zur Normalität geworden war.
Ich war zwar eine gute Schülerin, meine vorherigen Noten stellten kein Problem dar, doch mein Ziel war es, die beste Schülerin aus diesem Jahrgang zu werden, damit ich die besten Chancen auf ein Medizinstudium habe. Schon immer wollte ich Ärztin werden.
Wenn ich einen Traum als Kind hatte, dann war es dieser, so vielen Menschen wie möglich zu helfen, vielleicht sogar ihr Leben zu retten.

The lies of lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt