}Chapter 16{

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Chloe
Wir blieben auf dem Flur stehen und er verband mir die Augen und nahm mich dann hoch. Wenige Sekunden später hörte ich ihn sagen: ,,Mach auf, es ist mit Jack abgeklärt.". Ich hörte ein lautes Schloss knacken und fühlte auf einmal einen warmen Wind in mein Gesicht wehen. Wir mussten draußen sein. Er setzte mich ab, sodass ich selbst stehen konnte, und nahm mir die Augenbinde ab. Wir standen auf dem Vorhof, an dem Paco anfangs getötet wurde.
Paco....
Ich starrte diesen Pfosten an, an dem Paco nicht mehr gefesselt hing. Ich fragte mich, wo sie nur seine Leiche hingebracht hatten. Diese Gedanken zogen mir erneut Tränen in die Augen. Ich war so vertieft, dass ich gar nicht merkte, dass Liam in einen der schwarzen BMWs eingestiegen ist und den Motor gestartet hatte. ,,Komm, steig endlich ein!", hörte ich ihn aus dem Auto rufen. Ich zögerte gar nicht lange und stieg ein.
Ich wusste nicht, wohin wir fahren würden, aber vielleicht könnte ich von da die Chance nutzen und fliehen.
Wir sind bestimmt eine knappe viertel Stunde durch den Wald gefahren, in die entgegengesetzte Richtung, aus der ich gekommen war. Die ganze Fahrt über redeten wir kein Wort miteinander. Es war schon fast eine unangenehme Stille. Ich überlag, ob ich ihn fragen sollte, wo wir hinfahren würden, aber nach genauerem Überlegen entschloss ich, es lieber zu lassen.

Überraschenderweise kamen wir nicht an einer Straße, sondern an einem Feldweg raus. Auf der linken Seite war ein kleiner Hügel mit einer unglaublich großen Wiese mit vielen Blumen. Auf der rechten Seite war ein sehr großes Feld mit mehreren kleinen Feldwegen. Alles strahlte ein wenig gold durch den beginnenden Sonnenuntergang. Es sah wunderschön aus, dennoch fragte ich mich, was er hier mit mir wollte.

Er hielt an einer kleinen Einmündung an und parkte. ,,Komm mit.", sagte er, als er zur Autotür griff und ausstieg. Ich wüsste wirklich nicht, wie ich von hier hätte fliehen sollen....
Ich stieg aus, als Liam mir die Tür öffnete. Er nahm eine Decke aus dem Kofferraum und legte sie auf die Wiese. ,,Komm, wir setzen uns", sagte er, während er die Decke über der Wiese ausbreitete und sich letztendlich hinsetzte. Ich war verwirrt, ging dennoch auf ihn zu und setzte mich neben ihn auf die Decke. Wir guckten Richtung Sonnenuntergang, der begann, sich immer stärker rot zu färben.
,,Warum sind wir hier?", fragte ich Liam vorsichtig.
,,Ich hab gedacht, du brauchst mal Luft. Du wirst noch lange genug in den dunklen Zimmern verbringen.", antwortete er mir und genoss mit geschlossenen Augen die Sonnenstrahlen in seinem Gesicht. Als ich ihn ansah, merkte ich, dass er wirklich anders war, als die anderen.
,,Weiß Jack davon?", fragte ich ihn.
,,Nein, und er wird es auch nicht erfahren, verstanden?!", fuhr er mich direkt an und riss seine Augen auf. Es kam mir so rüber, als ob er selbst Angst vor ihm hatte. Als ob er etwas zu verheimlichen hätte.
,,Ich hab den anderen gesagt, es wäre mit Jack abgesprochen, damit sie uns gehen lassen.", fuhr er fort und entspannte sich wieder ein wenig.
Ich richtete mich auf und krabbelte langsam über die Decke zur Wiese, da dort viele Pusteblumen wuchsen. Ich zupfte eine ab und pustete. Es sah aus, als würde es schneien. Es war wunderschön. Erst war Liam skeptisch und sah mich mit einem kritischen Blick an, doch als eine weiße Flocke auf seiner Nase landete, fing er an zu grinsen. Er richtete sich ebenfalls auf und kam zu mir gekrabbelt. Ich nahm eine weitere Pusteblume und ließ es schneien. Er saß direkt neben mir und schaute mir wortlos zu. Ich verfolgte die weißen Flocken, die in den Himmel flogen, mit meinem Blick. Liam währenddessen schaute nur mich an und lächelte verlegen.

Liam
Sie war anders. Sie war anders als die Mädchen, die ich bisher kannte. Sie war stark. Sie machte so viel durch und konnte trotzdem in anderen Momenten lächeln.
Ich durfte mich nicht verlieben...nicht in eines von Jacks Opfern.
Aber ich glaube, es war zu spät.
Ich sah sie an und mein Herz fing an, schneller zu schlagen.
Ich konnte es nicht über das Herz bringen, ihr etwas anzutun. So ging es mir noch nie. Ich war schon immer kalt gewesen, hatte eigentlich nie ein großes Problem damit, jemandem weh zutun, auch wenn ich wusste, dass es keine gute Eigenschaft war.
Ich beobachtete sie gerne, allerdings ohne perversen Hintergedanken. Das war völlig neu für mich.
Ich war noch nie verliebt.
Auf einmal kamen mir Jacks Worte in den Kopf. Er wollte sie, wenn er wieder hier war, selbst haben. Er wollte sie nochmals selbst für ihren Fluchtversuch bestrafen, obwohl Alex es schon getan hatte. Aber das Schlimmste war, er wollte sie als Rachemittel benutzen. Er wollte sie gnadenlos abschlachten, um sich an ihren Eltern zu rächen.
Sie war nur ein Spielzeug für ihn.
Und mir wurde bewusst, dass ich das nicht wollte. Ich werde sie ihm nicht einfach so überlassen.
Ab heute wird niemand sie mehr anfassen.
Außer ich.

The lies of lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt