Als Jonah mich am Montag von der Selbsthilfegruppe abholte, fühlte ich mich schon fast wie in einer Highschool-Liebeskomödie, in der sich die Pärchen immer auf den ersten Blick verliebten und einander schworen, für immer und ewig zusammen zu bleiben - jedenfalls bis das Geheimnis gelöst wird und plötzlich alle weinen. Am Ende würde alles gut werden und das Paar würde gemeinsam in den Sonnenuntergang fahren.
Ich lächelte, glücklich darüber, dass meine Mum wirklich klein beigegeben hatte und heute komplett auf ihren Service verzichtete. Es war ja nicht so, dass ich keine Zeit mit ihr verbringen wollte, viel mehr was es das aufregende Gefühl in meinem Bauch, wenn Jonah grinste. Emma war eifersüchtig, nicht einmal wirklich auf Jonah oder mich - viel mehr auf die Tatsache, dass »Delores« ihr nie erlaubt hatte, mich nach der Therapie abzuholen, weil Mum - wenn wir mal alle ehrlich waren - eine der größten Tratschtanten war die ich kannte. Sie liebte es, die anonymisierte Version der Gespräche innerhalb Selbsthilfegruppe zu hören und auch wenn sie außer George keinen einzigen von den Leuten darin kennengelernt hat.
»Du siehst ja zur Abwechslung mal richtig glücklich aus, D-D«, rief Jonah und drückte seine runtergerauchte Kippe aus, ehe er sie im Mülleimer versenkte. Ich kam die Stufen herunter. Heute war ich die erste gewesen, die den Raum verließ, hatte mich nicht einmal von George zurückhalten lassen. Jonah wieder zu sehen, gab mir ein gutes Gefühl. Ein schönes Gefühl. Auch wenn er sich den schrecklichen Spitznamen von Ems abgeguckt hatte. Didi. Als wäre ich eine Countrysängerin mittleren Alters.
»Die Sonne scheint, wir haben wundervolle dreiundzwanzig Grad und der Himmel ist Wolkenlos - das sind doch mehr als genug Gründe um glücklich zu sein, meinst du nicht?«
Jonah zuckte gespielt unbeeindruckt mit den Schultern. »Ich weiß nicht, Miss D-Optimistic. Habe Schlimmes aus dem nahen Osten gehört.« Mit seiner gestellten Stimme brachte er mich zum lachen. Ich frage mich, ob er wirklich so pessimistisch war, wie er tat und was in seinem Kopf vor sich ging, wenn er grinste.
Ich würde auch gerne wissen, was in seinem Kopf vor sich ging, wenn er mich ansah. Ich wollte wissen, wen er in mir sah. Ob ich eine Freundin war, jemand mit dem er einfach gerne Zeit verbrachte oder jemand den er lediglich in seiner Nähe tolerierte. Ich war mir selbst nicht sicher, was ich mir am meisten von ihm wünschte, was ich eigentlich von ihm wollte. Was ich von mir selbst wollte, was ich von der ganzen Situation erwartete. Aber andererseits - musste es unbedingt auf eine Bestimmte Sache hinauslaufen? Konnte man nicht einfach gemeinsam chillen und sehen was dabei herauskam?
»Gab es was spannendes zu bereden?«
»Viel Gequatsche über Haare«, behauptete ich, was eigentlich sogar der Wahrheit entsprach. Die Chemo war nie einfach, vielleicht war sie am Anfang sogar am schlimmsten, wenn man mit all den Ungewissheiten zu kämpfen hatte, wenn man sich irgendwie mit allem organisieren musste. Jedenfalls war das Ungewohnte gerade für mich das Unerträglichste. »Wie war dein Tag?«
Jonah machte das Unbekannte irgendwie aufregend. Er machte es Besonders, wie etwas vor dem ich eigentlich keine Angst zu haben brauche. Er machte es gut, besser. Mit einem Mal waren Veränderungen nicht mehr erschreckend anders, sie waren willkommene Metamorphose, eine Bewegung, das Leben. Er lächelte mich an nickte in Richtung seines Autos. »Das übliche, semi-spannende Beitrage zur Politik und dubiose Themen in der Philosophie. Einige Probleme sind fast schon lächerlich, aber darüber zerbrechen sich die Philosophen den Kopf. Es ist witzig, verrückt. Und meine neue Gruppe ist ganz in Ordnung, die sind alle viel zu beschäftigt mit sich selbst, als dass sie mich anschwärzen wollen würden.«
Ich gab ihm einen Stoß und er lachte auf. »Es ist okay, weißt du? Dass du mich verpetzt hast, es war nicht wirklich eine Gruppe, die ich brauchte, aber ich bin froh, dass ich dort war.«
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A Pain That I'm Used To
Teen Fiction𝑨𝒍𝒍 𝒕𝒉𝒊𝒔 𝒓𝒖𝒏𝒏𝒊𝒏𝒈 𝒂𝒓𝒐𝒖𝒏𝒅 / 𝑾𝒆𝒍𝒍 𝒊𝒕'𝒔 𝒈𝒆𝒕𝒕𝒊𝒏𝒈 𝒎𝒆 𝒅𝒐𝒘𝒏 / 𝑱𝒖𝒔𝒕 𝒈𝒊𝒗𝒆 𝒎𝒆 𝒂 𝒑𝒂𝒊𝒏 𝒕𝒉𝒂𝒕 𝑰'𝒎 𝒖𝒔𝒆𝒅 𝒕𝒐 - D.M. Jonah Pulley zu kennen, war wie eine Reise an einen fernen, unbekannten Ort. Manchma...