Achtzehntens

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Obwohl Emma die inoffizielle Gastgeberin war – immerhin war sie mit ihren beinahe-neunzehn nicht einmal altgenug um Alkohol zu kaufen – schien die Party bereits im vollen Gange zu sein, als wir den Block erreichten. Jemand hatte seine Familienmitglieder loswerden können und das Haus mit Garten für Emmas Geburtstag bereitgestellt.

Kurz vor der Haustür schrieb ich Jonah eine Nachricht. Meine Finger zitterten vor Aufregung und ich vertippte mich mehrere Male, bevor ich unsicher die Nachricht abschickte und mich umsah.

Emma ging die Treppen vor mir rauf und drückte mehrmals auf die Klingel. Ich blieb mit einem flauen Gefühl im Magen auf der untersten Stufe stehen. Fort war Prä-Krebs Dee. Fort war das Selbstbewusstsein. Fort die Erinnerung an mein grandioses Aussehen. Ein Mädchen mit langen braunen Haaren öffnete die Haustür und begrüßte Emma so strahlend und enthusiastisch, dass es sich dabei nur um Gina handeln konnte.

Die beiden wechselten einige Worte, während ich meinen Blick durch die Straße schweifen ließ. Von Jonah keine Spur.

Noch bevor ich einen weiteren Blick auf mein Handy werfen konnte, unterbrach mich die Stimme des Mädchens. Sie musterte mich mit einem Lächeln, dann kam sie einen Schritt auf mich zu und streckte ihre Hand aus. Meine Lippen verkrampften zu einem Grinsen als ich nach ihrer Hand griff. »Gina!«, stellte sie sich über den Lärm hinter ihr vor.

»Dee«, entgegnete ich und musste mich räuspern, weil meine Stimme mich in genau diesem Moment versagen musste.

»Du siehst klasse aus!«, fuhr Gina fort und strich sich eine Strähne hinters Ohr. »Ich freue mich dich endlich kennenzulernen.« Etwas hielt mich zurück, ließ mich an ihren Worten zweifeln und unsicher das Gewicht von einem Bein auf das Andere, darum bemüht, den freundlichen Gesichtsausdruck beizubehalten.

Gina hingegen war entweder eine wahnsinns Schauspielerin oder sie merkte nicht, was für eine Wirkung ihre Person auf andere, auf mich, machte. »Ems – « Meinen Spitznamen aus ihrem Mund zu hören versetzte mir einen Stich und ich wandte beschämt den Blick ab, sah die Straße herunter, hoffte darauf Jonah irgendwo entdecken zu können.

Ich wollte nicht an Emma hängen wie ein kleines Kind, welches man nicht einmal für einen winzigen Moment alleine lassen konnte. Ich wollte nicht zugeben, dass mich diese Leute einschüchterten und sich die Eifersucht wie ein Krebsgeschwür in meinem Herzen ausbreitete. Ich wollte, dass er hier auftauchte. Vielleicht wollte ich auch, dass Emmas Worte wahr wurden, dass ich diejenige wäre, für die Jonah auf eine Studentenparty käme.

Vielleicht verlor ich allerdings auch einfach meinen Verstand, weil wir zu lange einfach nur Ems und Dee gewesen waren und ich noch immer irgendwo in der Vergangenheit dümpelte, während Ems das beste aus jeder Situation machte.

»Kommst du?«

Ich blinzelte. Emma streckte mir ihre Hand entgegen, ein ausgelassenes Lächeln auf den Lippen. Sie wirkte zufrieden, wirklich und absolut glücklich. Ich würde ihr den Abend nicht verderben. »Klar«, sagte ich, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wohin wir gehen würden.

Jemand reichte mir einen Becher und noch bevor ich auch nur dran riechen konnte, hatte Emma ihn mir wieder aus der Hand genommen.

»Denen kann man nicht trauen«, entgegnete sie lediglich, den Becher bereits an den Lippen, das Gesicht verzogen.

»So stark?«, fragte ich und sie nickte.

Gina drehte sich zu mir um. »Marcel kann einfach keine Longdrinks mischen.« Sie rollte mit den Augen und streckte besagtem Marcel die Zunge heraus, ehe sie sich gegen die Küchentheke lehnte.

Marcel schickte ihr einen Luftkuss, ehe er den nächsten Drink mischte und an einen der Leute weiterreichte. Ich hatte gewusst, dass es nicht leicht werden würde, all diesen Leuten zu begegnen. Ich wusste, dass es mich treffen würde. Aber ich hatte nicht erwartet, mich, trotz Emmas Nähe, so verloren zu fühlen.

A Pain That I'm Used ToWo Geschichten leben. Entdecke jetzt