Sechstens

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Ich hatte mich geirrt. Nicht in der George-Sache, der hatte nämlich zuverlässig wie immer, seine Informationen eingeholt und Jonah aus der Gruppe geworfen. Aber ich hatte mich geirrt, was Jonah betraf und ich konnte mich nicht entscheiden, wie gut ich das fand.

Von meiner Mum war keine Spur und ich presste die Lippen fest aufeinander und trat die wenigen Stufen vor dem Gebäude herunter. Als er mich sah, drückte er seine Kippe an dem beistehenden Aschenbecher aus und kam auf mich zu. Noch immer unschlüssig blieb ich stehen. »Können wir reden?«, fragte er und räusperte sich.

»Okay«, murmelte ich und sah auf mein Handy. Keine Anrufe, keine Nachrichten. Von Mum trotzdem keine Spur.

»Wusstest du, dass deine Mum dein Handy trackt?«, fragte er mir gerunzelter Stirn.

Die Aussage überraschte mich und mir entwich ein winziges Lachen. »Ja«, antworte ich und da er noch immer verwirrt zu mir sah, fügte ich hinzu: »Das ist wegen dem Notfall-Plan-Ding. Falls mir etwas passieren sollte. Sie benutzt es nicht wirklich oft.«

»Woher willst du es wissen?«

»Weil ich die meiste Zeit zu Hause bin.«

»Gutes Argument.«

»Es beruhigt ihre Nerven und ich will nicht, dass sie sich sorgen macht. Außerdem hat sie mich nett gefragt.«

»Ja, sie hat mich auch sehr nett nach meinem Ausweis gefragt und gemeint, dass ich mir den bei euch abholen kann, wenn ich dich wieder zu Hause abgesetzt habe.« Er kratzte sich am Hinterkopf und ich lächelte dümmlich vor mich hin. Ja, das war Mum. Eine seltsame Mischung aus Liebevoll und Paranoia. Wir schwiegen und ich wusste nicht, was ich sagen könnte, fragte mich, worüber wir den ganzen Weg über zu mir nach Hause überhaupt besprechen könnten. »Du hast mich verpfiffen«, fügte er schließlich hinzu und ich wandte den Blick ab.

Ich hätte mir denken können, dass er deswegen hier war. Ich hätte mir denken können, dass er niemand war, der so etwas einfach unter den Tisch kehrte. Ich hätte mir denken können, dass er nicht hier war, weil er mich so unfassbar süß fand, dass er mich nicht mehr aus dem Kopf bekam. »Tut mir leid«, murmelte ich.

»Tut es das?«, hakte er nach und legte den Kopf schief.

»Ich bin kein Fan von Schummlern.«

»Ich habe dir doch gesagt, dass ich kein Lügner bin.«

Er lächelte, als ich ihm wieder das Gesicht zuwandte. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte irgendetwas an ihm zu finden, dass mir all die wirren Fragen in meinem Kopf beantworten würde. »Wieso besuchst du dann eine Selbsthilfegruppe für Krebskranke Jugendliche?«

Das Lächeln erstarb auf seinen Lippen. Nun war es an ihm den Blick abzuwenden. »Es erinnert mich daran, dass es diese Welt, das Leben auf ganz unterschiedliche Arten grausam sein kann.«

»Bist du sadistisch veranlangt?«

»Ich füge anderen keine Schmerzen zu«, entgegnete er und runzelte die Stirn. Ich verlor mich für einen Moment zu lange in seinen dunklen Augen.

»Vielleicht ergötzt du dich ja am Leid der anderen.«

Er lachte. »Wahrscheinlicher ist wohl eher das Gegenteil.« Er schluckte, biss die Zähne zusammen und fügte anschließend hinzu: »Kann ich dich nach Hause begleiten?«

»Erfahre ich dann etwas über deine masochistische Ader?« Ich zog die Stirn kraus, vermisste meine Augenbrauen.

»Eigentlich schuldest du mir eins von deinen Geheimnissen«, entgegnete er und sah mich abwartend an.

A Pain That I'm Used ToWo Geschichten leben. Entdecke jetzt