Kennt ihr dieses Gefühl? Wenn jemand eure Hand hält und ihr denkt ihr seit in Sicherheit? Ihr könnt dieser Person vertrauen? Man fühlt sich wichtig und man will nie wieder ohne diese eine Person leben? Lass bitte nie wieder meine Hand los. Ja, ich habe diese Person gefunden. Genau vor zwanzig Jahren...
Es war Heiligabend als ich Waisenkind wurde. Meine Eltern und ich waren auf den Weg zu meiner Grandma. Mama warnte noch Papa nicht diese Nacht loszufahren. Die Straßen sind zugefroren wiederholte sie ständig. Meine Schwester und ich wollten aber unbedingt zu Grandma. Sie kochte immer himmlisch an Heiligabend. Wir saßen alle zusammen am Tisch. Meine Cousinen und meine Schwestern spielten den ganzen Nachmittag. Am Abend wurden die Geschenke ausgepackt und dann sangen wir friedlich am Kamin und neben dem Weihnachtsbaum. Die schönste Zeit in meiner Kindheit. Aber damals...Weihnachten 2003... da wurde meine Kindheit dunkel vor Trauer und ich betete zu Gott...jeden Tag... mein Leben nicht zu verschonen und mich zu meiner Familie zu bringen. Nun das wurde nie Realität und ich zog zu meiner Tante Leonie nach London. Ich lebte dort mit ihr allein. In einem kleinen Apartment. 2-Zimmer-Wohnung mit einem Kiosk im Erdgeschoss. Es war ganz nett. Wir hatten nette Nachbaren. Ich habe die High School erfolgreich abgeschlossen, aber studieren konnte ich nicht. Ich hatte kein Geld. Grandma bot mir welches an, aber ich musste es ablehnen. Das wäre nicht fair gegenüber meinen vierzehn Cousinen. Seitdem arbeite ich in der Chicken Nugget Bude in unserem Viertel. Na klar kann ich mir von dem Geld kaum etwas leisten, aber so unterstütze ich wenigstens Tante Leonie. Die Miete ist hoch und Tante verdient kaum etwas Geld. Ich muss die Last tragen, aber mir bleibt auch nichts anderes übrig. Ich will nicht weg von Großbritannien. Meine anderen Verwandten wohnen im Ausland. Manchmal fuhr ich mit meinem Fünfzig Pfennig Fahrrad an unserem alten Haus vorbei. Ich starrte dann auf unseren Garten und denke an die alten Zeiten. Wir spielten dann immer mit Benny, unserem alten Labrador, zusammen. Ich schließe dann immer meine Augen und stell ihn mir vor. Wie sein Schwarzes Fell schimmerte. Jetzt wohnte dort aber eine neue Familie. Sie hatten einen kleinen Dackel, der alt und dick war.
Mein Tagesablauf war ganz simple: Morgens um Acht war ich wach. Ich ging zum Kiosk und hohlte frische Milch für meine Cornflakes. Meine Cornflakes mischte ich mir immer zusammen. Dann weckte ich Leonie auf und sie ging zur Arbeit. Sie arbeitete für ein großes Unternehmen...als Kantine-Frau. Dann fütterte ich unsere fette Katze Milly. Dann duschen, anziehen und schon war ich aus dem Haus. Ich fuhr mit meinem Fahrrad zur Chicken Nuggets Bude. Wir hatten viele Kunden. Wir lieferten auch nach Hause und ich half manchmal Phillip bei seinen Lieferungen, wenn ich nichts zutun hatte. Ich war keine feste Mitarbeiterin. Eher eine billige Aushilfe. Ich bediente Kunden, stand an der Kasse, lieferte oder stand in der Küche. Ich hätte sicherlich mehr aus meinem Leben machen können, aber ohne Kohle ist nichts los. Traurig aber wahr. Ich kam mit der Realität gut zu recht. Andere hingegen nicht. Tante Ursula aus Deutschland war so besorgt, dass sie mir eine Stelle bei sich anbot. Als Sekretärin an ihrer Seite. Tolles Job Angebot mit gutem Gehalt und Unterkunft, aber wie gesagt ich wollte nicht ins Ausland. Vor allem hatte sie vier Kinder. Damit würde ich gar nicht zu Recht kommen. Bei Tante Leonie ist es wenigstens ruhig. Am Wochenende gehörte die ganze Wohnung nur mir allein. Leonie war da immer bei ihrem derzeitigen Freund Luke. Totaler Versager. Hielt sich für den Obercoolen, weil er in einer Band war, die sowieso keine Gags hatte. Tante Leonie stand aber auf Musiker. Nur leider halten ihre Beziehungen immer nur so lang, wie der Akku meines Handys. Das mit Luke ging aber schon paar Monate. Neuer Rekord.
Ich hatte Freunde. Auch wenn ich mich wie eine Versagerin anhörte. Ich hatte allerdings nur männliche Freunde. Mit Mädchen kam ich nie zu recht. Sie waren alle so nervig. Zu mindest die ich bisher kennen gelernt hatte. Ich liebte es einfach mit Jungs abzuhängen. Sie waren einfacher. Nur leider hatte ich noch nie einen Freund. Ich war einfach nicht dafür geschaffen, eine Beziehung zu haben. Allein der Gedanke machte mich ganz verrückt. Ich werde den perfekten Jungen sowieso niemals finden. Daher verzichte ich lieber ganz auf die Liebe. Ich bin eher die Einzelgängerin, obwohl eine beste Freundin ganz cool wäre.
Ich kämmte meine braune Mähne ganz hastig und band sie zusammen. Ich trug sie gerne so. Offene Haare sind anstrengend. Sie störten einfach. Standen mir im weg. Ich war blass. Käseweiß. Es war also normal, wenn mich jemand für krank hielt. Ich war klein. Sehr klein. Man übersah mich ganz schnell. Nur mein Kopf war irgendwie recht groß und breit. Ich trug meistens Jeans und eine süße Bluse. Blumenmuster waren in meinem Kleiderschrank ein Muss. Ich selbst war Farblos, daher wollte ich meine Klamotten Bund haben. Man würde mich niemals für neunzehn halten. Ich sah eher aus wie Mitte fünfzehn. Das hatte seine Nachteile, aber auch seine Vorteile. Ich konnte oft bei Eintritten sparen, weil man mich noch für eine Schülerin hielt.
Tante Leonie hingegen war mein völlig anderes Spiegelbild. Sie war blond und war gebräunt. Sie trug meist farblose Klamotten und sah mit ihren fünfundzwanzig aus wie Neununddreißig. Das kam vom Rauchen-meine Vermutung. Sie aber verleugnete diese Theorie und schob es auf ihre unzählige Beziehungen, um nicht mit dem rauchen aufzuhören.
Ich war für heute fertig mit meiner Arbeit. Ich hatte um 23 Uhr Feierabend. Daheim lag ich auf meinem Bett und las Bücher. Bücher über das alte Persien und den Osmanen. Ich lieh mir diese Bücher immer von der Uni Bücherei. Mein Zimmer war das größte Zimmer in unserer Wohnung. Mein Tante meinte sie bräuchte nicht viel Platz. Neben meiner Tür stand mein Schreibtisch. Voll gestapelt mit Büchern und Rechnungen. Gegenüber mein Kleiderschrank, der gut organisiert war, weil meine Klamotten für mich hochheilig waren.Ich hatte große Fenster und einen eigen Balkon. Davor stand mein Himmel-Bett. Auch wenn mein Zimmer unordentlich war. Mein Bett strahlte vor Schönheit. Es war das Bett meiner Eltern. Das Einzige was mir von Ihnen geblieben war. Darauf lagen die Stofftiere meiner Schwester. Das Einzige was mir von ihr geblieben war. Wenn ich mich in mein Bett legte, war ich ganz nah bei meiner Familie. Ihr Duft war noch immer an den Sachen verteilt. Ich schaltete das Licht aus. Für heute hatte ich genug. Ich konnte aber nicht schlafen, weil Luke da war und er redete immer so laut. Ich setzt mir meine Kopfhörer auf und schlief nach paar Minuten ein.
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Amirs Wings
Teen FictionKlar doch. Mach ich. Kein Problem. Die drei häufigsten Sätze die Claris täglich in ihrem Leben verwendet. Abhängig von ihrem Chicken Wings Job an der Straßenecke und ihrer halb-kaputten Tante Leonie. Da darf man sich nicht viel erlauben. Man muss di...