Rette mich!

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Ich höre noch, wie Amiras Eltern ihren Namen rufen, bevor die transparente Gestalt verschwindet. Dann kippe ich zur Seite. Das letzte was ich mitbekomme ist Kimi, die mich durchschüttelt, bevor mich Dunkelheit einhüllt.

„Rette mich!" Verwirrt schaue ich mich um, und stelle fest, dass ich in der Neuzeit bin. „Hilf mir!" Ich zucke zusammen. „Wer bist du? Wo kann ich dich finden?" Die Stimme schreit hysterisch, doch kann ich niemanden sehen. „Sag mir, wie ich dir helfen kann." Kaum habe ich dies gesagt, geht das Geschrei in einem Schluchzen über. Flüsternd spricht das Mädchen erneut. „Hilf mir, bitte rette mich. Er wird mich umbringen." Geschockt drehe ich mich hin und her. „WO bist du?"

Nach dieser Frage vermag ich ihre Stimme nicht mehr zu hören, aber ich weiß, dass ich etwas tun muss.

Nach Luft schnappend fahre ich in die Höhe. Kimi atmet aus. „Aiko, geht es dir gut? Sag doch irgendwas. Mein Sohn wird mich töten, wenn dir etwas zustößt." Beruhigend lege ich meine Hand auf ihre Schulter. „Keine Sorge, mir geht es gut." Sie seufzt. „Na besser ist auch. Du warst nur wenige Sekunden weg, aber die kamen mir vor wie ein Jahrtausend." In meinen Ohren hallt immer wieder dieser eine kurze Satz wider. Wen soll ich retten? Kimi umarmt mich. „Tu mir sowas nie wieder an okay?" Ich nicke. „Tut mir leid. Ich habe keine Ahnung, wieso ich plötzlich umgekippt bin. Ich war nicht einmal erschöpft."

Nachdenklich schaue ich in die Gesichter von Amiras Familie. Diese wirken auch besorgt. „Kommt mit rein. Dort könnt Ihr erst einmal etwas trinken." Dankend nehme ich das Angebot an und will aufstehen, doch kommt mir da Kimi in die Quere, welche mich kurzerhand hochhebt und den beiden Herren des Hauses folgt. Kichernd gewähre ich ihr die Freiheit, mich wie ein Kind zu behandeln. „Als ich weggetreten war, da habe ich eine Stimme gehört. Sie hat mich angefleht, sie zu retten." Nachdenklich sieht sie mich an. „War das ein Traum?" Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung. Es wirkte so realistisch. Die Stimme kam mir auch bekannt vor, doch ich komme nicht drauf, wer es war." Amiras Mutter läuft noch immer vor. „Seid Ihr vielleicht eine Wandernde?" Leicht lege ich meinen Kopf schief. „Was meint Ihr? Was ist eine Wandernde?" Sie bleibt stehen und schaut das Schloss an. „Meine Tochter konnte zwischen den Welten wandern. So konnte sie beispielsweise ins Jenseits, oder in die Zwischenwelt. Aber auch war es ihr möglich, verirrte Seelen zu sehen. Es kann sein, dass Ihr auch diese Fähigkeit erhalten habt, als Amiras Seele in Euch wiedergeboren wurde." Stumm stimme ich ihr zu. „Eure Tochter war wirklich etwas Besonderes." Ihr Mann nickt. „Das war sie wahrlich."

Als wir in einem schönen Raum angekommen sind, steht dort bereits eine Glaskaraffe gefüllt mit einer goldenen Flüssigkeit. Amiras Mutter nimmt diese, und füllt vier Gläser auf. „Mein Name ist übrigens Jacinta und mein Mann heißt Haruko. Ich würde mich freuen, wenn wir uns eher Freundschaftlich gegenübertreten könnten. Dank Euch schmerzt mein Herz nicht mehr allzu stark." Kimi staunt. „Mein Name ist Kimi. Ich würde mich auch freuen." Lächelnd lehne ich mich an. „Ich hoffe, dass es nicht stört, wenn ich das Thema von vorhin wieder hochhole, doch stehen die drei Reiche also der Norden, Westen und Süden kurz vor einem Krieg gegen die Panther des Ostens. Schon seither waren Sie die Auslöser aller Kriege. Ihr Anführer möchte diese Welt in Chaos ertränken, und wenn er sein Ziel erreicht hat, will er auch das Himmelsreich angereifen." Jacinta schlägt sich die Hand vor den Mund. „Warum geht er so weit?" Ich seufze. „Macht, Gier. Gold. Von allen Dämonen ist er der schlimmste. Und wenn er es schafft, mich im Krieg zu töten, dann wird es Bald kaum noch Dämonen oder Bewohner des Himmelsreiches geben. Die Menschen werden stärker. Bitte helft uns, um eine friedliche Zukunft für unsere Kinder zu schaffen. Wenn wir uns alle verbünden, dann wird Amiras Tod nicht grundlos sein." Der Vater senkt den Blick. „Also weißt du, wie es ist, ein Kind zu verlieren?" Ich nicke. „Ich habe einen Sohn und eine Tochter adoptiert. Ich musste dabei zusehen, wie mein Sohn starb. Ich war zu schwach ihn zu beschützen. Es war mir möglich, ihn mit Amiras Gabe wiederzubeleben, aber noch immer sehe ich ihn dort vor mir liegen. Wenn ich die Augen schließe, dann höre ich seine letzten Schreie. Bitte, wir müssen verhindern, dass noch mehr Kinder grundlos abgeschlachtet werden."

Wer bin ich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt