11. Entdeckung - oder nicht?

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BEN

Das wir uns ein wenig über die Aufteilung stritten, hätte wohl niemand gedacht. Ich wollte mit Maja das Haus erkunden, Angi ebenso. Alex wollte mit Angi gehen und Maja war es egal. Letztendlich gewannen Alex und ich.
Ich umrundete mit Maja das Haus von rechts.
"Hier gibt es nur verschlossene Türen", sagte Maja frustriert, während sie an an der nächsten Tür rüttelte, die sich aber, wie bei den 5 Versuchen mit anderen Türen auch, nicht öffnete.
"Hey, guck mal, ein offenes Fenster!"
Ich rannte ein Stück weiter. Offenes Fenster konnte man dazu allerdings nicht sagen. Kaputtes Fenster traf es da schon eher. Die Glasscherben lagen größtenteils im Inneren des Hauses, manche aber auch auf unserer Seite.
"Hilfst du mir mal kurz?" Maja eilte hinüber und ich benutzte sie als Stütze, als ich auf das Fensterbrett kletterte. Danach wollte ich in den Raum hüpfen, doch mein Sprung wurde wie durch eine unsichtbare Wand abgefangen und ich wurde nach hinten geworfen. Da sich hinter mir nichts befand, fing mich nichts auf, nur Maja versuchte es.
Allerdings scheiterte sie, da ich von oben fiel und sie mich nicht auffangen konnte.

"Was war das denn?", fragte Maja verwirrt. "Es sah aus, als würdest du gegen einen Pfosten laufen, nur halt nicht ganz so lustig."
"Wieso sollte es lustiger sein, gegen einen Pfosten zu laufen als gegen eine unsichtbare Wand?"
"Weil man einen Pfosten sieht. Da kann man sagen, dass der nicht zu übersehen war und über die Verpeiltheit lachen. Eine unsichtbare Wand erkennt man nicht auf den ersten Blick. Da kann man nicht so gut lachen."
"Ah ok. Ich verstehe dich", sagte ich. "Anscheinend kann man nicht durch die Fenster."
"Und auch nicht durch Türen", ergänzte sie. "Lass uns weitergehen."

Wir eilten weiter und hielten bei jeder Tür, um an ihr zu rütteln, doch keine ließ sich aufmachen. Wenn wir ein offenes Fenster erblickten, griffen wir hinein, nur um festzustellen, dass uns wieder diese unsichtbare Wand aufhielt. "Oh, schau mal, ein Balkon!", rief Maja und deutete mit ihrem Arm in eine Richtung. Ich folgte ihrer Geste und entdeckte den Balkon. "So weit oben ist das nicht. Wir können ja mal versuchen, da hoch zu klettern."

Wir kamen näher. "Aber was ist, wenn wir runterfallen?" Maja klang ängstlich. Kein Wunder, wenn man fiel, konnte man sich alles Mögliche brechen.

"Wir probieren es einfach." Meine Worte klangen in keiner Weise aufmunternd, trotzdem nickte Maja entschlossen.

"Ist schon etwas höher, meinst du nicht?" Maja schaute unsicher zu mir und dann wieder nach oben zum Balkon. "Joa, geht." Ich schaute zu der Wand. Dann wanderte mein Blick nach rechts und nach links, in der Hoffnung, einen anderen Weg zu finden. Ein Gesims zog sich vom Balkon in beide Richtungen, mein Blick folgte diesem und ich erkannte eine Leiter. Eine Leiter?

"Maja, ich habe eine Leiter gefunden!", rief ich und lief los. Maja trappelte hinter mir her. Als wir die Leiter erreichten, wartete ich nicht darauf, dass Maja es mir ausredete, sondern stieg auf und nach oben, bis ich beim Gesims ankam. Auf diesem tastete ich mich langsam voran. Schritt für Schritt. Ich wollte wissen, wie weit oben wir waren, doch ich traute mich nicht, mich vorzubeugen, denn ich könnte mein Gleichgewicht verlieren und hinunterfallen. Auch so schon musste ich aufpassen, wo ich hintrat, um nicht abzurutschen. Mir wurde ein wenig schwindelig, so dass ich mich beim nächsten Fenster auf die äußere Fensterbank setzte.
Maja plagiierte mein Beispiel.
Doch nach nur kurzer Zeit sprang sie auf und bewegte sich weiter. Ich nahm den Platz hinter ihr ein und beobachtete Maja, wie sie immer einen Fuß vor den anderen stellte. Diese Regelmäßigkeit gab mir ein Gefühl von Sicherheit, ich konnte nur nicht beschreiben, wieso.

Plötzlich erwischte Maja mit ihrem linken Fuß nicht den Weg und wackelte. Schnell stolperte ich nach vorne und hielt Maja an den Schultern fest, bis sie ihr Gleichgewicht wiederfand.
"Geht's?"
"Ja, einigermaßen", antwortete Maja benommen.
Ich atmete auf und vorsichtiger als vorher schlichen wir weiter.
Nach wenigen Minuten drangen wir zum Balkon vor.
"Mal sehen, ob es hier auch eine undurchsichtbare Wand gibt", murmelte ich. "Warte." Maja hielt mich am Arm fest. "Lass uns erst einmal schauen, ob wir was sehen."

Neugierig schauten wir in das Innere des Hauses und sahen einen ganz normalen Raum. Ein Sofa stand gegenüber von uns, ein Schreibtisch und ein Bücherregal waren an der Wand platziert, ein Fernseher sowie ein Kronleuchter hingen von der Decke. Der Boden war mit einem roten Teppich bedeckt. Dieses Wohnzimmer hatte starke Ähnlichkeiten mit meinem zu Hause, nach dem ich mich plötzlich sehnte. Schuhe aus, aufs Sofa drauf. Mein Hund, den ich streicheln konnte, meine Familie neben mir. Ein guter Film im Fernseher, eine Packung Chips und eine Schüssel Popcorn, die herumgereicht würden. 

"Das sieht so normal aus, da kann eigentlich gar nichts schief gehen", meinte Maja überzeugt. Sie hatte nicht schon mal versucht, in dieses Haus zu gelangen und ist dabei gegen eine Wand geprallt. Bevor ich sie aber aufhalten konnte, marschierte sie los und drang nicht in diesen Raum ein.

"Ach verdammt. Hier funktioniert das auch nicht", seufzte sie. Auch ich probierte mein Glück, scheiterte aber ebenso. Der Rückprall war nicht so stark wie beim ersten Mal.  "Also müssen wir den ganzen Weg wieder runterklettern", stellte ich begeistert fest. Ironie lässt grüßen. So stiegen wir vorsichtig denselben Weg wieder hinab. "Fühlt sich irgendwie gut an, wieder auf festen Boden zu stehen", sagte Maja. "Oh ja", stimmte ich ihr zu. Hier konnte man nicht herunterfallen und flog mehrere Meter durch die Luft. Hier konnte uns nicht viel passieren.

"Komm, gehen wir weiter."
Wir passierten den weiteren Weg, doch entdeckten keine gravierenden Änderungen. Es gab anscheinend keine Eingänge. Oder Ausgänge.
Wir fanden auch sonst nichts und beschlossen schließlich, umzukehren. Angelina und Alex standen schon auf der Lichtung.
"Und? Habt ihr was gefunden?", rief Angi uns zu. In ihrer Stimme schwang Hoffnung mit.
"Nein, leider nicht", antwortete Maja. "Und ihr?" Die beiden schüttelten den Kopf.

"Na toll. Und jetzt?" In diesem Moment verwandelten sich die Schneeflocken in Regen.

"Jetzt regnet's", sagte ich. "Lasst uns nach Hause gehen." Wir schlugen den Rückweg ein, enttäuscht, nichts gefunden zu haben.

Hoffnungsvoll, doch noch ein Wunder zu erblicken, drehte ich mich um, die anderen folgten meinem Beispiel, doch es gab nichts Magisches oder Besonderes zu sehen.

Nur das alte Haus, welches eher einer Burg ähnelte, stand verlassen da. Bäume umgaben es und der Halbmond, der zwischen ein paar Wolken hervorkroch, erhellte einen Teil davon. Ich überlegte, wie ein Sonnenaufgang oder -untergang wohl aussehen würde. Das könnte man bestimmte genießen. Langsam drehte ich mich um.

Das alte HausWo Geschichten leben. Entdecke jetzt