23. Rucksäcke und Bettgestelle

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ALEX

Die Welle, die über uns hereinbrach, riss mich von den Füßen. Angi wurde von mir weggeschwemmt.
Ein Gedanke schoss mir durch den Kopf. Angis Brille. Ich wollte nicht, dass Angi das restliche Abenteuer halb blind erlebte.
"Brillen!", schrie ich. Dann schlug das Wasser über meinen Kopf zusammen.
Unter Wasser tasteten meine Hände nach etwas Greifbaren, doch vergebens.
In dieser Höhle gab es nichts, woran man sich festhalten konnte.
Ich musste wieder nach oben, nicht nur um Luft zu holen.
Vielleicht wurde ein Gegenstand mitgetrieben.
Die Frage, die ich mir nun stellte, hieß: Wo war oben und wo unten?
In dieser Finsternis und unter Wasser, wie sollte man sich da zurechtfinden?
Ein Stoff streitfte mein linkes Bein und sofort griff ich danach. Ein Rucksack.
Da könnte vielleicht eine Taschenlampe drin sein!
Ich bewegte meine Finger über den Rucksack, bis ich einen Reißverschluss erspürte.
Ich zog ihn auf, doch zu meinem Unglück fielen alle Sachen hinaus.
Shit. Mann, wieso konnte ich mir das Fluchen nicht abgewöhnen?
Selbst in meinen Gedanken fluchte ich. Verdammt. Mist, schon wieder geflucht.

Da die Sachen aus dem Rucksack geflitzt waren, musste das doch heißen, das ich nach oben schwimmen musste oder nicht? Also dort, wo meine Füße hinzeigten. Ein Versuch war es wert.
Natürlich gab es auch die Möglichkeit, dass die Strömung die Gegenstände aus dem Rucksack geschleudert hatte, aber trotzdem wollte ich es ausprobieren. Ich konnte ja eh nichts anderes machen.
Und tatsächlich stieß ich durch die Wasseroberfläche und schnappte heftig nach Luft.
Ich kniff meine Augen zusammen und blinzelte, bevor das Wasser mich wieder nach unten drückte. Da ich jetzt wusste, wohin ich schwimmen musste, erreichte ich schnell wieder mein Ziel.
"Hallo?", rief ich. Keine Antwort. Shit.

Ich merkte, wie die Strömung mich mitzog.
Hier gab es doch bestimmt etwas zum Festklammern.
Das Wasser hatte ein hohes Tempo drauf, sodass die Wand zu einer unerreichbaren Masse verschwand.
Da erblickte ich es.
Mehrere Holzbretter schwankten im Wasser umher, ein Gestell schloss sich denen an.
Es erinnerte an ein Bett.
Ich tat einen kräftigen Zug und näherte mich dem Objekt, dem Gestell. Das würde uns allen helfen.
Ein Kopf tauchte auf und ich schrie: "Hier rüber!" Das Rauschen des Wassers nervte in meinen Ohren.
Ein Husten ertönte. Kurz darauf drang Ben zu mir.
"Ich hab zu viel Wasser geschluckt", erklärte er. "Halt mal kurz." Ben drückte mir seine Brille in die Hand.
Augenblicklich fragte ich mich, ob er kurzsichtig oder weitsichtig war, doch ich verwechselte beides sowieso immer.

Er hustete nochmal, dann erlangte er seine Brille zurück, behielt sie aber in der Hand.
"Weißt du, wo die Mädchen sind?"
Ich schüttelte den Kopf und gab ein "Nein" von mir.
"Aber ich habe etwas anderes gefunden. Ich glaube, es ist ein Bettgestell. Zumindest sieht es so aus." Ich deutete in die Richtung, wo die Bretter trieben.
Dann schwamm ich los, Ben folgte mir. Ich erwischte ein Brett.
Zuerst hatte ich angenommen, dass diese Bretter zum Bett gehörten, doch sie waren größer und breiter.
Mit meinen Armen stützte ich mich auf das Holz und schwang meinen Körper darauf.
Meine Knie lagen auf der Unterlage und mit meinen Armen paddelte ich los, sodass ich schneller vorankam, als mit der Strömung.
Ich war noch nie Surfen gewesen, doch mit dem Brett durchs Wasser zu gleiten, was ja gewisse Ähnlichkeit mit dem Surfen besaß, machte unglaublich viel Spaẞ.
Ben nahm lieber den einfachen und langsamen Weg, er schwamm.
Vielleicht war er ohne seine Brille nicht mal in der Lage für meine Methode, wenn ich schon Schwierigkeiten hatte.
Ich stieß ab und zu gegen eine der Wände.

Hinter mir sprachen Maja und Angi miteinander,was mich beruhigte. Sie waren auch aufgetaucht. Finn schrie, dass er panische Angst vor Hochwasser und Überschwemmungen und Wasser in zu großen Masse hatte. Er drehte durch, flog wild durcheinander, bevor er Maja sagte, dass die einzige tolle Person und unserem nichtsnutzigen Haufen sei und durch die Decke verschwand. Ich sah ihn danach nie mehr.

Endlich schwamm ich auf der Höhe des Holzgestells und steuerte nach links.
Mein Holzbrett knallte gegen das Zielobjekt und ich verlor beinahe mein Gleichgewicht.
Vorsichtig kletterte ich von meiner Unterlage auf das Gestell und setzte mich dann in eine Ecke, mit dem Gesicht den anderen, also gegen die Fahrtrichtung zugewandt.
Erst jetzt bemerkte ich ein Gefühl der Kälte und gleichzeitig begann ich zu zittern.
Wir mussten schnell aus diesem Wasser kommen.

Wenn ich das Holzgestell drehte und es seitwärts schwamm, würde es zwischen den Wänden stecken bleiben.
Ich langte nach einem Holzbrett und benutzte dieses als Paddel.
Es dauerte, doch mein Plan ging auf.
Erschöpft sank ich in der Ecke zusammen und wartete, während das Boot an Ort und Stelle blieb.
Ben, Maja und meine Angi krochen ins Gestell ohne Latten und meine Freundin kam sofort zu mir.
Sie umarmte mich und flüsterte: "Du bist mein Held."
"Immer doch", murmelte ich, gab ihr einen Kuss und schickte sie in die letzte freie Ecke, damit das Gleichgewicht besser verteilt wurde.
Gemeinsam schafften wir, dass das Gestell wieder ganz normal im Wasser hertrieb.
Ich sah, wie auch die anderen zitterten.

"Leute, lasst uns anpaddeln. Dann sind wir vielleicht schneller aus dieser Höhle.
Die anderen nickten und mit vereinten Kräften beschleunigte sich unser kleines Boot.

Das Gestell trieb voran und ich hing meinen Gedanken nach. Erst die Rutsche, dann dieses komische Becken. Schon da war Angi kalt gewesen. Hoffentlich wurde sie nicht krank!
Dann diese Welle und wie ich unter Wasser die Orientierung verloren habe. Der Rucksack, der mir geholfen hatte, die Holzbretter, das...
Warte, in welchem Rucksack war das Tagebuch drin?

"Leute, hat jemand von euch noch einen Rucksack?"
Ben schüttelte den Kopf, Maja nickte.
"Maja, hast du auch das Tagebuch drin?" Meine Augen fokussierten Maja und warteten gespannt auf eine Antwort.

"Müsste ich haben." Zur Sicherheit zog Maja den Reißverschluss des Rucksacks auf und ergriff die Ausgabe.
"Warte, welcher Rucksack ist das?", fragte Ben.
"Deiner.
"Und wo ist der andere? Ach warte, den habe ich doch getragen. Verdammt, ich glaube, ich habe den verloren."
Ich machte ein zerknirschtes Gesicht.
"Sorry Mann. Die Sachen aus dem zweiten Rucksack liegen wahrscheinlich irgendwo auf dem Boden dieser Höhle. Aber dadurch habe ich den Weg über Wasser gefunden."
"Ist ja nicht so schlimm", kommentierte Angi.
"Was war denn alles da drin?"
Wir überlegten alle, bis wir ein paar Sachen gefunden hatten.
Schuhe, Socken, Erste-Hilfe-Set, ein Taschenmesser, die Seile hatten wir zwischendurch immer wieder rausgenommen, genauso wie die Taschenlampen.
An mehr erinnerten wir uns nicht mehr, obwohl wir wussten, dass wir noch ein paar weitere Sachen verloren hatten, die im Rucksack verstaut gewesen waren.

Das alte HausWo Geschichten leben. Entdecke jetzt