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Als ich heute in die Schule komme, bin ich das Thema Nummer 1, ohne dass die anderen es wissen. Alle reden über das arme, kleine Mädchen, dass sich mit ihrem bösartigen Bruder streitet und tun so als hätten sie Ahnung davon wie ein solcher Rechtsstreit abläuft. Außerdem bekomme ich mit, dass einige glauben zu wissen wer das Mädchen ist. Natürlich kommt niemand auf mich, ich bin trotzdem ein bisschen paranoid und froh dass Stella sich garnicht dafür zu interessieren scheint. Stattdessen fragt sie mich lieber über ihren Bruder und mich aus.

„Ich bin ja so froh, dass ihr euch gefunden habt!" straht Stella und ich bin nicht sicher was ich sagen soll.

„Naja , gefunden' ist vielleicht ein Bisschen optimistisch ausgedrückt. Wir daten ja nicht mal wirklich." erzähle ich Schulter zuckend und spüre im nächsten Moment, wie ein Arm um meine Taille gelegt wird. Alle Anspannung fällt von mir ab und ich vergesse kurz mein ganzes kompliziertes Leben.

„Apropos daten...", sagt Zack, „Wie wäre es wenn wir heute Abend, nach meinem Training gemeinsam was machen?", er schaut mich überzeugt von seiner wunderbaren Idee an. Ich nicke begeistert und küsse ihn auf die Wange. Vielleicht kommen wir dann auch mal dazu über diese ganze verrückte Geschichte zu reden.
Bis jetzt hat er glücklicherweise auch noch garnicht so sehr wegen meines plötzlichen Verschwindens nach dem Anruf von Anna nach gehackt, was mir sehr zu gute kommt. Ich will ihn nicht anlügen.

Um 17 Uhr setzt mich mein Taxi vor der Eishalle ab. Soll ich einfach rein gehen? Mir bleibt wohl nichts anderes übrig. Mir kommt die kalte Luft entgegen als ich von dem Vorraum in die eigentliche Eishalle gehe, ich hab nicht daran gedacht eine Jacke mit zu nehmen, draußen ist es noch relativ warm. Die Halle wirkt gleich ganz anders, wenn die Ränge nicht voller Leute sind. Alle Spieler und der Trainer sind auf dem Eis, ich kann nicht erkennen wer davon Zack ist. Sie rufen sich irgendwelche Sachen zu, gleiten über das Eis, spielen sich gegenseitig dem Puck zu. Es hat fast etwas meditatives dabei zu zusehen.

Ich setzte mich ganz nach vorne und beobachte sie bei ihrem Training, bis sie eine kleine Pause einlegen und vom Eis runter kommen um etwas zu trinken. Ich stehe auf und stelle mich auf die Zehenspitzen, um unter dem Gewusel aus Spielern Zack zu erkennen. Als er den Helm abnimmt erkenne ich ihn sofort, so verstrubbelt sah er auch schon nach dem großen Spiel aus. Ich laufe zu ihm und er lacht als er mich entdeckt.

„Du hättest doch nicht so früh kommen müssen, wir haben noch eine halbe Stunde Training!" sagt er und küsst mich trotzdem danach.

„Mir gefällt es, euch zu zusehen." erkläre ich wahrheitsgemäß und er grinst mich liebenswürdig an. Er legt eine Hand an meine Wange.

„Du bist wieder viel zu dünn angezogen, dir muss doch kalt sein. Nimm dir die Jacke aus meiner Tasche, Okay?" sagt er und muss dann schon wieder aufs Eis. Ich nicke schnell und schaue in die Richtung in die er eben gezeigt hat. Ich schnappe mir die College-Jacke mit dem Logo des Teams darauf aus seiner schwarzen Tasche und ziehe sie an. Mir wird sofort wärmer.

Jetzt setze ich mich dahin zurück, wo ich noch eben gesessen habe und beobachte die Jungs weiter beim Training.
Immer wieder spüre ich Zacks Blick auf mir liegen und muss jedes Mal lächeln. Umso glücklicher bin ich, als das Training vorbei ist und mich Zack endlich, nachdem er sich umgezogen hat, bei den Zuschauerrängen abholt.

„Die Jacke steht dir gut." kommentiert er und ich strecke lachend die Arme aus, um zu zeigen wie zu lang die Ärmel für mich sind.

„Und was haben wir jetzt vor?" frage ich neugierig, vorhin als wir telefoniert haben wollte er es nicht sagen.
Er schüttelt grinsend den Kopf und legt einen Arm um mich, um mich dann aus der Halle zu schieben. Ich frage noch ein paar mal, aber er meint es sei eine Überraschung. Ich kann Überraschungen nicht leiden, meisten habe ich dann zu hohe Ansprüche und werde enttäuscht.

Ein angenehmes Kribbeln durchfährt mich während ich mich hinter Zack auf sein Motorrad setzte, ich selber fahre auch Mottorad, bin aber noch nie bei jemandem hinten mitgefahren. Als er los fährt merke ich, dass ich mich mehr an ihm festhalten muss als erwartet, aber das stört weder ihn noch mich. Wir fahren nicht lange und halten auf einem Parkplatz nahe einer Waldstückchens, ich schaue mich verwirrt um. Was soll denn hier bitte sein?

Zack geht allerdings sehr fokussiert in eine Richtung, erst einen Weg für Wanderer und Spaziergänger und irgendwann biegen wir dann auf einen schmalen Trampelpfad ab. Inzwischen ist es 18:30 die Sonne geht um 21:30 unter.

„Bist du dir sicher, dass es hier lang geht?" frage ich verunsichert.

„Glaub mir ich bin hier schon oft genug lang gegangen, du wirst es lieben. Es ist nicht mehr weit" sagt er und geht stur weiter. Ich vertraue ihm.

Zack hält an, er nimmt meine Hand. „Mach die Augen zu.", sagt er. Ich nicke und schließe meine Augen. Wir gehen noch ein kurzes Stück, wobei Zack aufpasst dass ich über keine Wurzel falle.

„Jetzt kannst du sie auf machen..." flüstert eher und ich öffne langsam die Augen. Ich muss mich erst wieder an die Helligkeit gewöhnen, aber dann stockt mir der Atem. Es ist wunderschön. Wir stehen mitten auf einer Lichtung, es ist wie ein Hügel voller Blumen. Ich bin mir sicher hier findet man Blumen in jeder erdenklichen Farbe.

„Wow" hauche ich und kann nicht glauben, dass ich eben noch zwischen Bäumen stand. Zack lacht stolz, er hat mit dieser Reaktion gerechnet. Wir setzen uns zwischen die Blumen.

„Eigentlich komme ich hier nur allein hin, aber ich schätze du bist was besonderes..." sagt er und wartet dass ich endlich auch wieder zu Worten komme.

„Das ist so wunderschön." sage ich und lehne mich mit dem Kopf an Zacks Schulter. Am liebsten würde ich für immer hier bleiben, es ist als hätte ich ein Portal in eine andere Welt betreten.

Das echte LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt