Final Song

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Etwas merkwürdiges geschah als Erics Zähne die dünne Haut an meinem Hals durchbrachen. Es war nicht das erste mal, dass er mich biss. Es war auch nicht das erste mal, dass ich widerwillig zugeben musste, dass es alles andere als unangenehm war. Ich begann zu verstehen, wieso seine Bar so gut gefüllt war mit Menschen, die sich genau diese Erfahrung wünschten. Es war verboten. Es war berauschend.

Was anders war, war die Tatsache das ich mein Blut im Laufe der Verbindung durch seinen Kreislauf pulsieren spüren konnte. Jede Biegung, jeden Winkel seines Wesens stürzten auf mich zu, beschwor Bilder, Gefühle, Gedanken hervor. Für den Bruchteil einer Sekunde waren wir nicht nur vereint, wir waren eins. Wir waren er. Die Zeit schien still zu stehen und für einen Moment war ich fasziniert und gebannt. Es war so viel. Einfach so viel Leben, dass er in sich trug, all die Jahre, all die Menschen, die Geschichte und Emotionen. All der Schmerz, die Liebe, Hoffnungen und Träume. Es erschreckte mich - der Eric den ich kannte war nicht gerade besonders emotional oder zeigte sich tiefgründig. 

Ich hatte vermutet, dass es einen Teil in ihm es war, doch er hatte sich gut mit einer Schicht Sarkasmus und Grausamkeit maskiert. Seine Schale war rau und nicht selten unverschämt, doch sein Innenleben war leuchtend und ergiebig. Eric war nicht kalt, weil er nach all den Jahren nicht mehr viel spürte. Er war kalt, weil er all die Jahre zu viel gespürt hatte. Jede Emotion hatte er mitgenommen, sie getragen und gehütet und jede Emotion hatte ihn mehr von innen ausgehüllt und einen Teil von ihm davon getragen. So vieles erklärte sich. So vieles setzte sich an seinen Platz. Vor Neugier entgegen besseren Wissens getrieben, tastete ich mich vorsichtig in seinem Innenleben vor und versuchte den Ursprung hinter seinem Verhalten zu finden, als ich mit einem knurrenden Reißen geradezu von ihm geschleudert wurde. Ich fiel vom Bett -  schon wieder.

Hart in der Realität zurück angekommen, hing ich neben seinem Bett und die dämlichen Fesseln schnitten mir schmerzhaft in mein Fleisch und rissen an meinen Armen.

"Mach mich SOFORT los.", knurrte ich und in der nächsten Sekunde traf mein Hintern unsanft den Boden bevor ich an meinen Armen hochgerissen wurde und einem vor Wut glühendem Eric gegenüberstand. Blut- mein Blut, tropfte von seinen Fangzähnen was meine Angst vor ihm nicht unbedingt minderte. Doch anstatt angeschrien zu werden war er still. Gespenstisch still.

"Sag etwas", bat ich, als ich es nicht länger aushielt, seiner stillschweigenden Wut ausgesetzt zu sein. "Was ist los?" Wieder tat er wider erwarten, worum ich ihn gebeten hatte und beantwortete meine Frage.

"Was war das gerade." Kurz überlegte ich mich dumm zu stellen, beschloss dann jedoch seine Frage ehrlich zu beantworten, so wie er es zuvor getan hatte. Aufgrund gegenseitigen Respektes. "Ich weiß es nicht."

"Du warst in mir.", flüsterte er beinahe ungläubig, ein Ausdruck echt Überraschung und Unglaubens hing auf seinem Gesicht. Mangelns einer besseren Reaktion kicherte ich.

"Das hast du jetzt ge-"

Er riss die Lampe vom Nachttisch und zerschmetterte sie an der Wand. Eindeutig war ihm nicht zum Spaßen zu Mute.

"Du-", er atmete schwer "-warst in meinem Kopf."

Ich verstand seine Aufregung nicht. Nein, dass war gelogen. Ich verstand sie sehr wohl, aber ich versuchte sie herunter zu spielen, sodass mein mit einem Überlebensinstinkt ausgestattetes Gehirn auf ablenkenden Humor schaltete. Vage erinnerte ich mich an ein Gespräch das ich einst mit Sookie geführt hatte. Über ihre Fähigkeiten und ob sie auf Menschen beschränkt sei oder auch die Gedanken der Vampire lesen könne. Sie hatte mich nur entgeistert angesehen und gelacht.

Gott, Ash Schatz, wenn ich die Gedanken der Vampire lesen könnte, was ich nur fürs Protokoll Gott sei Dank nicht kann, dann würde ich das niemals unter keinen Umständen zugeben. Sie würden mich in so kleine Stücke zerteilen oder in das tiefste und dunkelste Loch sperren, dass all die magischen Heilkräfte der Welt mich nicht wieder herstellen würden könnten.

The Guilty Ones // 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt