Kapitel 9

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„Vertraust du ihr?" Er betrachtete Leo argwöhnisch, wobei sich seine Augen zu schlitzen verengten. „Bei meinem Leben", antwortete Leo ernst und fixierte Ranger mit seinem Blick. „Ihr verkauft Drogen", schritt ich dazwischen und sah abwechselnd zu Leo und Ranger. Leo sah mich verwirrt an und lehnte sich zurück, während Ranger mich etwas ertappt ansah. „Der Patch. Die 13 auf euren Kutten. Ich weiß es von Sean, das der Patch für illegale Geschäfte steht", erklärte ich, betrachtete Ranger dabei ganz genau und spürte schon wieder Leos Lächeln im Rücken. „Ich wusste von Anfang an, dass ihr krumme Dinger dreht und trotzdem hab ich mich auf den Schwachkopf eingelassen, weil mir das egal ist. Ich mag Leo, sehr, ich würde ihm niemals Schaden zufügen wollen und das würde ich, wenn ich alles draußen rum posaunen würde." Ich zuckte entschuldigend mit den Schultern. Auf Rangers Gesicht breitete sich ein breites Grinsen aus, er schlug sich auf die Schenkel und stand auf. „Dann mach ich alles fertig für heute Abend", meinte er freudig, verließ die Veranda und verschwand in einer Hütte. „Was war das denn?" Verwirrt drehte ich mich zu Leo und sah ihn mit fragendem Blick an. „Das, meine Süße, war der Hammer", meinte er lächelnd und küsste mich sanft. So sehr, wie ich das genoss, so neugierig war ich auch, weshalb ich mich von ihm löste und ihn ansah. „Was genau passiert heute Abend?" Leo lachte kurz auf, während er mir sanft über die Wange strich. „Das ist eine Überraschung." Wir beide sahen auf, als wir das Geräusch mehrerer schwerer Motoren hörten. Vorsichtig hob er mich von seinem Schoß und sah die Straße hinunter. Schnell rannte er zu einem Motorrad und hupte dreimal. Sofort wurden alle Türen aufgestoßen, die Männer hatten alle ihre Waffen im Anschlag und luden diese bereits durch. Leo kam zu mir gerannt und nahm mein Gesicht in seine Hände. „Geh ins Haus, versteck dich. Guck nicht am Fenster. Du bleibst in deinem Versteck, bis ich dich holen komme. Versprich es mir." Die Motorengeräusche kamen immer näher, weshalb ich panisch nickte, von Leo noch einen Kuss auf die Lippen gedrückt bekam und dann im Haus verschwand. Ich sah mich in der kleinen Hütte um, suchte nach einem Versteck und fand einen alten Teppich, welcher an einer Ecke umgeschlagen war. Hastig schob ich den Teppich beiseite und fand darunter eine Kellerluke. Mit aller Kraft hob ich die schwere Klappe an und stieg auf die Leiter. Während ich die Luke mit meinem Körper hielt, griff ich nach dem Teppich und versuchte ihn wieder in die richtige Position zu bringen. Die Luke schloss ich und für einen kurzen Moment war um mich herum alles schwarz. Ich zog mein Handy aus der Hosentasche und schaltete die Taschenlampe ein. Vorsichtig kletterte ich die Leiter runter und fand in der Mitte des Raumes eine Lampe, welche von der Decke hing. Ich zog an der Schnur, womit ich den Keller erleuchtete. Ein großer Tisch stand in der Mitte des Raumes, daneben ein schwerer Schrank, voll mit ebenso schweren Schusswaffen. Hinter dem Tisch standen zwei alte, abgewetzte Ledersessel und daneben eine große Holzkiste, in welche ich nicht wirklich hineinsehen wollte. Ich setzte mich in einen Sessel und zog meine Beine an meinen Körper. Ab und zu waren von draußen leise die Schüsse zu hören und bei jedem Schuss machte ich mir mehr und mehr Gedanken um Leo. Er hatte aber gesagt, ich solle hierbleiben, weshalb ich es auch nicht wagte, nach oben zu gehen. Ich schloss die Augen und bete dafür, dass es ihm gut ging. Wie lange ich so dasaß und leise Gebete vor mich hin murmelte, wusste ich nicht, doch irgendwann hörte ich Schritte über mir. Panisch sah ich mich im Raum, suchte nach einem Versteck, wobei mein Blick auf die Kiste fiel. Ich sprang auf, hab den Deckel an und stand vor bestimmt 10 kg Marihuana. Ein kratzendes Geräusch war zu hören, ehe die Luke langsam angehoben wurde. Schnell kletterte ich in die Kiste und schloss den Deckel. Die Luke knallte nach hinten und jemand stieg mit schweren Schritten die Leiter hinab. Die Schritte verstummten. Dann waren sie wieder da, wurden lauter, kamen immer näher. Ich hielt die Luft an. Der Deckel der Kiste wurde angehoben und ich hörte ein leises Lachen. „Komm raus, Süße. Es ist vorbei", sagte er und wartete drauf, dass ich aus der Kiste stieg. Ich kletterte raus und legte direkt meine Arme um seinen Körper, wobei er mich ziemlich verkrampft festhielt. „Ist alles okay?" Ich begutachtete seinen Körper, tastete nach Verletzungen und wurde an seiner Schulter fündig. „Oh Gott...du musst ins Krankenhaus", meinte ich lauter als beabsichtigt und schob ihn wieder zur Leiter. „Wie bist du damit überhaupt hier runter gekommen?" „Ich hab noch einen anderen Arm?" Hauptsache seinen Sarkasmus hat keinen Schaden genommen, weshalb ich nur den Kopf schüttelte und ihn die Leiter hochschob. „Ranger!" Ich schrie, so laut ich konnte, weshalb Leo mich mit einem bösen Blick strafte. Es dauerte kaum wenige Sekunden, bis Ranger in der Tür stand und mich erschrocken ansah. Erst dann bemerkte er die Schusswunde in Leos Schulter und lächelte leicht. „Keine Sorge, Kleines. Der wird wieder." Er schlug Leo kumpelhaft auf den Rücken, wobei er schmerzhaft die Luft einzog. „Charlie kümmert sich schon um ihn", meinte Ranger und schob Leo aus dem Haus, quer über die Wendeschleife in ein anderes Haus. Überall lagen leblose Körper auf der Straße und so schnell ich alles überblicken konnte, war keiner von der Western Legion dabei. Ich folgte Ranger und Leo in das Haus und stand in einer art Arztpraxis. „Ihr habt aber auch echt alles hier, oder?" „Wir sind halt auf alles vorbereitet" scherzte Leo, zog seine Kutte und sein Shirt aus und setzte sich auf eine Liege. „Du schon wieder", meinte eine mir unbekannte Stimme und kam aus einem Hinterzimmer. Der Mann schien kaum älter als ich, er hatte sehr kurz rasierte, dunkelbraune Haare und ein glatt rasiertes Gesicht. „Halt die Klappe Charles und flick das", meckerte Leo und verdrehte dabei genervt die Augen. Ich sah die Wunde, ein glatter Durchschuss durch seine Schulter und für einen kurzen Moment wurde mir schlecht. „Und ein neues Gesicht? Ich bin Charlie", stellte er sich kurz vor und zog sich ein paar Handschuhe über. „Sophia", gab ich zurück, wobei ich dachte, dass würde reichen. Er sah mich fragend an, ehe er zu Leo und dann zu Ranger sah. „Ich bin Leos Freundin", klärte ich ihn auf, woraufhin er nur kurz nickte und Leos Wunde säuberte. Er biss die Zähne zusammen, versuchte, sich die Schmerzen nicht anmerken zu lassen und stark zu wirken. „Komm schon, ich verurteil dich nicht, wenn du jammerst", scherzte ich und stellte mich neben ihm. „Du vielleicht nicht", grinsend sah er zu Ranger, welcher dies nur mit einem tiefen, rauen Lachen kommentierte. „Sagt mal, wer waren die Typen eigentlich?" Leo und Ranger tauschten einen kurzen Blick aus, bis Ranger zu erklären begann: „Wir haben einen Deal mit den Burning Devils, ihnen gehört das Revier in Silverthorne und Dillon. Wir liefern ihnen Marihuana und sie lassen uns durch ihr Gebiet befahren. Die Cobras haben ein Problem mit dem Abkommen und wollen durch unser Gras selbst ein Abkommen mit den Burning Devils." „Die Cobras, das waren die von dem Parkplatz, oder?" Ich erinnerte mich an die Schießerei auf dem Parkplatz zurück, und endlich schien das Symbol auf ihren Kutten einen Sinn zu machen. Ranger nickte. „Sie schaffen es nicht, ihr eigenes Marihuana anzubauen, deswegen klauen sie unseres", fügte Ranger lachend hinzu, woraufhin Leo ebenfalls auflachte. „Man braucht halt mehr als einen coolen Namen", meinte er scherzhaft und ließ sich von Charlie die Wunde nähen. Charlie arbeitete schnell und sauber, weshalb Leo nach gerade mal 20 Minuten sein Shirt und seine Kutte wieder überzog und mich ansah. „Ist bei dir alles okay?" Er sah mich besorgt an, nahm meine Hände, wie so oft, in seine und streichelte sanft über meinen Handrücken. „Mach dir um mich keine Sorgen, mir gehts gut." Ich gab ihm einen federleichten Kuss, entzog ihm meine Hände und strich über seine Wange. Er schloss die Augen und schien die Berührung sichtlich zu genießen. Lächelnd küsste ich ihn auf seine Nasenspitze und legte dann meine Arme um seinen Körper. Er musste sich mehr anstrengen als sonst, da seine Schulter wahrscheinlich schmerzte, aber trotzdem umarmte er mich fest und drückte mich an sich.

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