Kapitel 17

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Die Kieselsteine knackten unter Josies Schuhen, als sie durch die Tore des Friedhofs von Mystic Falls schritt. Ihren Blick ließ sie dabei langsam umherwandern, doch Hope war nirgends zu entdecken. Dabei war sie es doch gewesen, die den Saltzman Zwilling in der Pause hierhergebeten hatte. Was sollte Josie also tun, wenn sie nicht auftauchte? Einfach wieder gehen oder einfach weiterhin völlig verloren hier herumstehen? Dass das hier einfach ein Streich war, um sie blöd da stehenzulassen, kam für sie als Erklärung zumindest keineswegs infrage. Sowie sie Hope bisher kannte, würde sie sowas nicht tun. Das wäre nicht die Hope, die sie kennengelernt hatte.

Bei dem Gedanken an das andere Mädchen begann es in ihrer Magengegend zu kribbeln. Es war nicht das erste Mal, dass sie dieses Gefühl bekam, wenn sie an Hope dachte, doch erklären konnte sie es sich nicht. Vielleicht kam es einfach nur von dem frischen Wind, den Hope in ihr Leben brachte und der ihr zugegebenermaßen gut gefiel. Es war mal mehr, als Lizzies Drama, Penelopes Versuche sich zu entschuldigen und die Male, an denen ihr Vater sie mal wieder völlig vergessen zu haben schien.

„Josie", riss Hopes Stimme sie aus ihren Gedanken und brachte sie dazu herumzufahren. Dadurch entdeckte sie die Tribridin, die in diesem Moment ebenfalls durch die Toren geschritten kam. In ihrem Blick lag etwas Entschuldigendes und sie spürte, wie sich Erleichterung in ihr breit machte.

Vor ihr blieb Hope stehen und Josie bemerkte, wie ihre Brust sich ein wenig schneller hob und senkte, als gewöhnlich. War sie etwa hierher gerannt oder sich zumindest beeilt?
„Tut mir leid, dass ich nicht pünktlich bin", sagte sie entschuldigend: "Ich musste eben noch etwas für unser Treffen besorgen."
„Kein Problem", ein kleines Lächeln erschien auf ihren Lippen und sie folgte Hope, als diese sich langsam in Bewegung setzte: "Hauptsache du bist hier."

Dann kam ihr jedoch ein anderer Gedanke und sie fragte neugierig: "Also, wieso hast du mich hierhergebeten?"
Den ganzen Tag lang hatte sie versucht selbst eine Antwort auf diese Frage zu finden, doch ihr war kein vernünftiger Grund eingefallen. Immerhin hatten sie bereits einen Plan gefasst und bis zu dem Tag, an dem sie ihn ausführen würden, konnten sie nichts tun. Oder zumindest hatte sie das gedacht.

„Ich konnte einfach nicht aufhören über den Miss Mystic Falls Wettbewerb und deine Worte nachzudenken", erklärte sie und sorgte bei Josie damit für ein leichtes Seufzen. Eigentlich hatte sie darüber nicht weiter sprechen oder gar diskutieren wollen. Zu ihrer eigenen Überraschung war sie jedoch bereit sich anzuhören, was sie zu sagen hatte.
„Und du hast recht", gab Hope zu Josies Überraschung zu: "Ich kann nicht verstehen, wie es ist eine Schwester oder gar keinen Zwilling zu haben. Und dann auch noch so einen wie Lizzie."

Josie warf ihr einen warnenden Blick zu. Sie war kein Freund davon, wenn Hope und Lizzie schlecht übereinander sprachen. Mittlerweile war Hope ihr nämlich ebenfalls wichtig geworden. Auch, wenn ihre Schwester noch immer vorging. Das musste sie einfach.
„Tut mir leid. So war es nicht gemeint", entschuldigte Hope sich sofort, als sie ihren Blick bemerkte: "Jedenfalls habe ich darüber nachgedacht, ob es jemanden gibt, der deine Situation kennt und dir vielleicht helfen kann. Unter unseren Mitschülern bin ich nicht fündig geworden, doch mir ist eine andere Idee gekommen."

Die Siphonerin hob eine Augenbraue. Hopes Worte machten sie auch nicht gerade schlauer, weshalb sie darauf wartete, dass sie mit ihrer Erklärung fortfuhr. Stattdessen schwieg Hope jedoch für einige Sekunden und blieb dann plötzlich stehen. Direkt vor ihnen befand sich ein Grabstein, zu dessen Fuße ein Kranz aus Blumen und eine abgebrannte Kerze zu entdecken waren.
„Lies bitte den Namen vor, der auf dem Stein steht", bat Hope sie. Kurz dachte Josie darüber nach, nachzufragen weshalb, doch dann verzichtete sie darauf und kam einfach der Bitte nach.
„Jo Laughlin", beim Lesen kam sie in Stocken. Sofort realisierte sie, wem dieser Name gehörte. Ihr Herz machte einen leichten Satz, während es sich anfühlte, als würden ihre Lungen sich zusammenschnüren. Sie hatte gewusst, dass ihre Mutter in Mystic Falls begraben lag, allerdings nicht daran gedacht, als Hope sie hergebeten hatte. Ein Grund dafür war vermutlich, dass ihr Vater seine Töchter bisher noch nie hierher mitgenommen hatte und es vermied mit ihnen überhaupt über ihre Mutter zu sprechen. Allerdings hatte sie sich schon immer gefragt, wie sie gewesen sein musste und ob sie ihr in irgendeiner Weise ähnelte.

Hope bemerkte die Reaktion der Brünetten und streckte ihre Hand nach Josies aus. Sanft verschränkte sie ihre Finger mit denen des anderen Mädchens, in der Hoffnung ihr so ein wenig Halt zu geben und ihr zu zeigen, dass sie bei ihr war. Natürlich war ihr klar gewesen, dass sie sich damit vielleicht auf dünnes Eis begab und Josie sich nicht darauf einlassen würde, doch einen Versuch war es wert gewesen.
„Hör mir bitte erst zu Ende zu, bevor du meine Idee ablehnst", bat sie deshalb und ließ ihre andere Hand in ihrer Manteltasche verschwinden. Hinaus zog sie einen lilafarbenen Edelstein in Form eines Prismas und reichte ihn Josie.

Für einen Moment wandte sie den Blick von dem Grabstein ab und warf einen Blick auf das Objekt in ihren Händen.
„Was ist das?", ihre Stimme hatte an Kraft verloren und war nicht mehr als ein Flüstern.
„Das ist ein magisches Objekt, das ich aus dem Büro deines Vaters habe", beantwortete sie ihre Frage. Dass ihr Vater nicht unbedingt davon wusste, dass sie es genommen hatte, behielt sie allerdings lieber für sich. Sie würde es schon zurückbringen, bevor er überhaupt etwas davon bemerkte.
„Damit kannst du mit Leuten sprechen, die gerade nicht da sind", erklärte sie Josie, als diese das Prisma mit ihrer freien Hand umschloss: "Ich weiß nicht genau wie es geht, aber es funktioniert nicht nur mit Leuten, die noch am Leben sind, sondern erlaubt dir auch mit Toten zu sprechen. Also kannst du damit vielleicht auch mit Jo sprechen und möglicherweise kann sie dir einen Rat geben. Immerhin war deine Mutter genauso ein Zwilling wie du und hat möglicherweise genau das Gleiche durchgemacht, wie du."

Einen Moment lang zögerte Josie, während Hopes Worte in ihren Gedanken wieder klangen. Ihren Blick hatte sie auf den Kristall gerichtet. Konnte dieser Gegenstand die Chance sein, die sie schon immer gewollt hatte, um ihre Mutter kennenzulernen und mit ihr zu sprechen? Wenn auch nur für einen kurzen Moment. Ihr Herz begann schneller zu schlagen und sie merkte, wie sie in ihren Handflächen ein leichter Schweißfilm bildete.

„Wenn du es also versuchen möchtest, dann benutzt das Prisma einfach", versuchte Hope sie zu bestärken, denn sie glaubte daran, dass ihre Mutter Josie vielleicht dabei helfen konnte aus dem Schatten ihrer Zwillingsschwester herauszutreten.
„Aber Dad ... wird er nicht merken, dass es fehlt?", fragte sie vorsichtig und auf ihrem Gesicht erschien ein Ausdruck der Sorge. Wie würde ihr Vater reagieren, wenn er wusste, dass sie insgeheim etwas tat, um mit ihrer Mutter zu sprechen, obwohl er versuchte sie davon fernzuhalten. Da war jedoch ein Drang in ihrem Inneren, der ihr verriet, dass sie es tun musste.

„Keine Sorge. Ich werde das Prisma zurückbringen, bevor er etwas davon bemerkt", versicherte sie ihr beruhigend. Beim Sprechen hatte sich eine dunkelbraune Strähne von der Stelle gelöst und hang Josie ins Gesicht. Hope griff sanft danach und strich sie ihr hinters Ohr: "Jetzt gehe ich besser und lasse dich alleine eine Entscheidung darüber treffen, was du tun möchtest."

Ich habe mich dazu entschieden "Love and Lose" in "Hunted" umzubennen, da es meiner Meinung nach besser zu der Geschichte passt. Was denkt ihr?

Hunted | Hosie ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt