Kapitel 22

469 22 0
                                    

Nervös scharrte Josie mit den Füßen, während sie versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Sie hatte sich vor dem Büro ihres Vaters gegen eine Wand gelehnt und hielt ihren Blick auf die geschlossene Tür gerichtet. Mittlerweile trug sie wieder die typische Uniform, die allen Schüler der Salvatore School trugen. Der Ärmel des dunkelblauen Pullovers ermöglichte es ihr zudem das Mal zu verbergen, das seit dem dunklen Zauber regelrecht in ihren Unterarm gebrannt war. Laut Hopes Informationen war sie da jedoch nicht die Einzige. Auch das Mädchen, dessen Gesicht sie im Spiegel erblickt hatte, war gebrandmarkt worden und genau das würde es sein, was sie eindeutig zu ihr führen würde.

Damit sie sich auf die Suche nach ihr machen konnten, musste Hope jedoch erst einmal das Büro ihres Vaters wieder verlassen. Bisher war Hope aber noch nicht wieder hinter der Doppeltür hervorgekommen und musste vermutlich noch immer der Standpauke des Direktors standhalten. So blieb Josie also nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass Hope ihr Geheimnis nicht verriet. Allerdings vertraute sie dem anderen Mädchen mittlerweile genug, um zu glauben, dass sie das niemals tun würde.

Kaum hatte sie diesen Gedanken gefasst, öffneten sich die Türen langsam und ermöglichten ihr den Blick auf Hope, Emma Tig und ihren Vater. Alaric saß an seinem Schreibtisch und hatte sich auf seinem Stuhl nach hinten gelehnt, sowie die Finger auf der Tischplatte ineinander verschränkt. Sein verbissener Gesichtsausdruck verriet ihr jedoch, dass das Gespräch alles andere als zu seinem Belieben verlaufen sein musste. Auch Emma Tig wirkte nicht allzu begeistert, war aber besser dazu in der Lage es zu verstecken. Zwar hatte sie ihre Arme vor der Brust verschränkt, doch als sie sich an Hope wandte, erschien ein kleines, gutmütiges Lächeln auf ihren Lippen. Schon immer hatte die Hexe ein gutes Herz gehabt und versucht ihre Schüler zu helfen, anstatt sie für ihre Fehler zu bestrafen. Nachdem Hope Josie aber erklärt hatte, dass sie schon öfter dabei erwischt wurde, wie sie dunkle Magie praktizierte, konnte sie Miss Tigs Enttäuschung allerdings auch verstehen. Gleichzeitig wusste Josie aber auch, dass es Alaric schwerfiel auf Hope lange sauer zu sein. Eine Sache, die sie und ihre Zwillingsschwester in der Vergangenheit bereits oft genug zur Weißglut getrieben hatte. Mittlerweile hatte sich ihre Sichtweise auf die Mikaelson allerdings um hundertachtzig Grad gewendet.

Hope schien sich von beiden Erwachsenen zu verabschieden, bevor sie sich in Bewegung setzte und sich von dem Büro entfernte. Dabei warf sie aus dem Augenwinkel einen kurzen Blick in Josies Richtung, ging jedoch nicht in ihre Richtung, sondern ließ einfach weiter den Gang hinunter, um in der Menge unterzugehen. Für einen Moment zögerte Josie, entschied sich dann aber ebenfalls dazu sich von ihrer Position zu lösen und ebenfalls aus dem Blickfeld ihres Vaters zu verschwinden. Dann würde sie sich endlich in Ruhe mit Hope unterhalten und ihr mitteilen können, was sie erfahren hatte.

„Hey, Hope", sagte Josie leise, als sie direkt hinter ihr war und streckte ihre Hand aus, um nach ihrem Arm zu greifen und sie damit davon abzuhalten weiter zu gehen. Als sie ihre Stimme vernahm, warf Hope einen Blick über ihre Schulter und blieb augenblicklich stehen, als sie das Mädchen hinter sich erkannte.
„Josie", als sie den Namen aussprach, erschien ein breites Lächeln auf ihren Lippen und ein Ausdruck der Erleichterung machte sich in ihrem Gesicht breit: "Geht's dir gut?"
Es überraschte Josie, dass die erste Sache, nach der Hope fragte, nicht der Verlauf des Zaubers, sondern sich darum sorgte, wie es ihr ging.
„Ja, es geht mir gut. Mach dir keine Sorgen", nickte Josie beruhigend und griff nach der Hand des anderen Mädchens, um sie sanft mit sich zu ziehen: "Vielleicht sollten wir uns aber an einen etwas privateren Ort begeben, damit ich dir alles erzählen kann, was ich herausgefunden habe."

„Du hast also etwas herausgefunden?", fragte sie, während sie Josie in ein leeres Klassenzimmer führte. Mittlerweile hatten sich die Flure nämlich wieder mit Schülern und den Mitgliedern der anderen Schulen gefüllt. Allerdings fand um diese Zeit kein Unterricht mehr statt, weshalb sie diese Räume leicht nutzen konnten, ohne sich Sorgen darüber machen zu müssen, dass jemand hineinplatzen könnte.
„Natürlich habe ich das", nickte Josie, sobald sie die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Sie war ein Mensch, der gerne auf Nummer sicher ging und auch wenn sie jetzt wusste, wer hinter ihren Träumen steckte, war sie nicht darauf aus, dass jemand erfuhr, dass sie schwarze Magie verwendet hatte.

Hopes Mundwinkel hoben sich weiter, als sie diese Neuigkeit hörte: "Großartig, dann erzähl mal."
Es war nicht so, dass sie es Josie nicht zugetraut hatte, dass sie den Spruch richtig hinbekam. Stattdessen hatte sie eher Angst gehabt, dass ihre Ablenkung nicht ausreichte oder der Zauber Josie schaden könnte. Zu oft hatte sie nun schon zugesehen, wie die Siphonerin verletzt worden war. Von ihrer Schwester, von ihrem Vater, von ihrer Ex-Freundin und von einer Person, die sie aus irgendeinem Grund terrorisierte. Hope wollte allerdings niemand sein, der Josie verletzte – auch wenn es bei den anderen unabsichtlich geschehen mochte – , sondern jemand auf den sie sich verlassen konnte und jemand, der ihr Schutz bot.

„Einen Namen konnte ich leider nicht herausfinden, aber als die Person den Saal verlassen hat, in dem der Wettbewerb stattgefunden hat, ist sie an einem Spiegel vorbeigegangen und ich konnte ihr Gesicht erkennen. Auch wenn es nur ein flüchtiger Augenblick war, bin ich mir sicher, dass ich sie wiedererkennen würde, wenn ich das Mädchen ein weiteres Mal sehe", erklärte sie selbstbewusst. Jedes Mal, wenn sie ihre Augen schloss, konnte sie das Gesicht sehen und zweifelte deshalb auch nicht an ihren Fähigkeiten sie zu entdecken.
„Das heißt, du kennst die Person gar nicht?", schlussfolgerte Hope und zog dabei eine Augenbraue hoch. Doch wie konnte das sein? Immerhin war Josie die Tochter des Direktors und kannte die meisten Schüler zumindest vom Sehen her.

Josie knirschte nachdenklich mit den Kiefern. Sie konnte sich nicht daran erinnern jemals einer Person gegenüber gestanden zu sein, die so aussah, wie die Person im Spiegel. Jetzt wo Hope es ansprach, musste sie jedoch zugeben, dass ihr das Gesicht aus irgendeinem Grund doch bekannt vorgekommen war. Nicht im ersten Moment, doch nun da Hope es erneut ansprach, vermischte sich plötzlich ein Name mit dem Bild und plötzlich wurde es ihr schlagartig klar.„Nein, kennen tue ich sie tatsächlich nicht wirklich, aber gesehen habe ich ihr Gesicht doch schonmal", Josie schritt wieder direkt auf die Tür zu und bedeutete Hope mit einer Handbewegung ihr zu folgen. Diese runzelte verwundert die Stirn und konnte sich eindeutig keinen Reim auf die Worte des Mädchens machen. Allerdings folgte sie ihr trotzdem ohne Einwände. Weiter nachzufragen konnte sie sich aber nicht sparen: "Wie meinst du das, Josie?"

„Weißt du noch, als du dein Notizbuch in Dads Büro vergessen hast", begann sie zu erklären, während sie sich erneut zwischen ihren Mitschülern hindurchschlängelte: "Dad hat mich damals losgeschickt, um es für dich zu holen und in dein Zimmer zu bringen. Das war auch der Grund, weshalb ich anfangs gedacht habe, du würdest dahinter stecken."
Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, als sie das zugab. Immerhin hatte sie Hopes private Sachen durchstöbert, die sie rein gar nichts angingen. Dafür würde sie sich aber später entschuldigen müssen. Gerade war dafür nicht der richtige Zeitpunkt.

„Jedenfalls habe ich in seinem Büro auf dem Schreibtisch die Akte einer neuen Schülerin liegen sehen. Eine Hexe namens Claire Rodriguez", als sie den Namen aussprach, spürte sie, wie ihr Herz schneller zu schlagen begann und eine Wut in ihr aufkeimte, die sie bisher noch nie gespürt hatte. Allerdings konnte sie nicht verstehen, weshalb eine fremde Person ihr so etwas antun sollte. Josie hatte ihr schließlich nichts getan. So gut es ging, versuchte sie die Gefühle von sich wegzuschieben und sich auf Hope zu konzentrieren, die neben ihr herging und sie neugierig anblickte: "Dabei war auch ein Bild. Bis gerade hatte ich es verdrängt, aber nun ist es mir aus irgendeinem Grund plötzlich wieder eingefallen. Das Mädchen, durch dessen Augen ich vorhin gesehen habe, war Claire Rodriguez."

„Aber warum tut jemand, der eigentlich gar nichts mit dir zu tun hat, so etwas?", fragte Hope mit leicht gerunzelter Stirn und drückte damit genau das aus, was Josie selbst dachte.
„Das können wir wohl nur herausfinden, wenn wir Claire finden und sie zu meinem Vater bringen", erklärte Josie, die in diesem Moment im Aufenthaltsraum des Schulgebäudes angekommen war.

Hunted | Hosie ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt