Kapitel 8

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Die Sonne war schon lange hinter den Wipfeln der Tannen verschwunden und mittlerweile hatte der Halbmond ihren Platz eingenommen. Einige Äste knackten unter Josies Schuhen, als sie mit ihrer Schwester und einer Gruppe anderer Schüler über den Waldweg liefen. Sie waren auf dem Weg zu der Party, von der Lizzie darauf bestanden hatte, dass ihre Schwester mitkam. Und tatsächlich bereute Josie nicht. Zumindest jetzt noch nicht. Zumindest brachte das ein wenig Abwechslung in ihren Alltag.

Da sie nur noch wenige Schritte von dem Platz entfernt waren, an dem die Schüler der Salvatore Boarding School im Wald ihre Partys feierten, drang bereits Licht durch die Bäume an ihre Augen. Augenscheinlich hatten sie das Lagerfeuer schon entzündet, was ihr verriet, dass sie ziemlich spät waren.

Still machten sie noch einige Schritte und waren dann auf der Lichtung angekommen, die bereits von ihren Mitschülern gefüllt war, die sich unterhielten, lachten und tranken. Interessiert ließ Josie ihren Blick umherwandern und erblickte eine bunte Mischung aus Hexen, Vampiren, Werwölfen und all dem, was dazwischen lag. An solchen Abenden schien die sonst oft übliche Rivalität urplötzlich zu verschwinden und bei den meisten machte sich ein Gefühl der Harmonie breit.

„Dahinten ist Rafael", kam es von Lizzie, die neben ihr zum Stehen gekommen war und ihren Blick in eine bestimmte Richtung gewendet hatte. Josie sah kurz zu ihrer Schwester und folgte ihrem Blick dann, wodurch ihr Blick ebenfalls auf den Jungen viel. Er war, soweit sie es sagen konnte, von einer Gruppe von Werwölfen umringt, doch sie meinte zwischen ihnen auch die schwarzen Locken von Landon zu erkennen. „Ich geh am besten Mal zu ihm", meinte Lizzie und ihr typisches Flirtlächeln erschien auf ihren Lippen. Josie öffnete den Mund leicht, in dem Versuch sie aufzuhalten, doch bevor sie etwas sagen konnte, hatte sich die Blondine bereits in Bewegung gesetzt und war aus ihrer Reichweite verschwunden.

Seufzend setzte Josie sich selbst in Richtung des Saftkrugs, bei dem sie sich einen Drink holen konnte. Dort nahm sie sich einen der roten Plastikbecher und füllte ihn mit dem Getränk. Während sie an ihrem Getränk nippte, wanderte ihr Blick erneut zu Lizzie, die sich mit Rafael unterhielt. Dabei bemerkte sie hinter der selbstbewussten Fassade ihres Zwillings allerdings, dass sie innerlich nervös war. Genau das war bei ihr immer zu bemerken, wenn sie in Rafaels Nähe kam. Sie hatte wohl wirklich ein Auge auf den neuen Werwolf geworfen. Allerdings stellte sich Lizzie nicht immer gut an, wenn es um einen Jungen ging, den sie ehrlich mochte. Vielleicht sollte Josie dazu kommen, um sie zu unterstützen.

Bevor sie darüber allerdings genauer nachdenken und eine Entscheidung treffen konnte, entdeckte sie aus dem Augenwinkel jemanden, der ihre Aufmerksamkeit noch stärker auf sich zog, als Lizzie. Es war Hope, die sich gerade ebenfalls auf die Lichtung kam und ihren Blick umherwandern ließ, als wäre sie auf der Suche nach etwas. Instinktiv senkte Josie ihren Blick. Sicher würde sie oder so nicht die Person sein, nach der sie zu suchen schien. Schließlich hatten sie ja nicht wirklich etwas miteinander zu tun.

Trotz ihres gesenkten Blickes beobachtete sie Hope allerdings trotzdem weiterhin aus dem Augenwinkel. Nach einigen Sekunden verschwand der suchende Blick der Tribridin und sie setzte sich in Bewegung. Allerdings ging sie entgegen ihrer Erwartungen nicht auf Rafael und Landon zu, sondern verschwand in der Menge und damit völlig aus ihrem Sichtfeld.

Instinktiv hob sich eine von Josies Augenbrauen. Obwohl sie es sich nicht erklären konnte, verspürte sie das Verlangen ihr zu folgen, um zu sehen, was sie vorhatte. Vielleicht wollte sie einfach nur auf die Party gehen und genauso wie Josie selbst Spaß haben. Das wäre allerdings mehr als nur untypisch für sie, da sie sonst eher eine Einzelgängerin war.

Ohne lange weitere darüber nachzudenken, ob es eine gute Entscheidung war oder nicht, zerdrückte Josie den Becher in ihrer Hand und warf ihn weg. Dann stieß sie sich von dem Baum ab, gegen den sie sich gelehnt hatte. Die Brünette setzte sich langsam in Bewegung, während sie versuchte Hope zwischen den anderen Schülern wiederzufinden. Vielleicht war es dumm ihr zu folgen. Genauso dumm wie es vielleicht gewesen war, einfach den Spruch aus dem Buch zu nehmen, welches sie für ihren Vater hatte holen sollen. Wenn sie sich jetzt allerdings schon darauf eingelassen hatte diese dummen Entscheidungen zu treffen, würde sie jetzt auch keinen Rückzieher machen. Außerdem hatte sie sich vorgenommen Hope von nun an mehr zu beobachten und das hier war der perfekte Moment.

Auch sie begann nun sich zwischen den anderen Leuten umher zu schieben, während sie ihren Blick über die Köpfe der anderen zu wandern lassen versuchte. Immer wieder bemerkte sie das Mädchen, nachdem sie aus der Suche war, verlor sie dann allerdings erneut. Jedoch meinte sie erkennen zu können, dass die Werwölfin sich wieder von der Lichtung entfernt und sich in Richtung Lockwood Anwesen aufmachte. Doch was könnte sie dort wollen? Schließlich befanden sich auf dem Grundstück nicht mehr als die leer stehende Villa und der alte Keller der Familie, die früher dort gelebt hatte, der irgendwo unter ihnen lag.

„Josie?", erklang hinter der Brünetten eine Stimme, die sie dazu brachte, kurz stehenzubleiben. Allerdings drehte sie sich nicht um, da sie auch so wusste, wer es war. Kaum eine Sekunde später erschien daraufhin auch die Person, zu der die Stimme gehörte, in ihrem Sichtfeld. „Was willst du von mir, Penelope?", fragte sie ihre Ex-Freundin und sah sie mit festem Blick an. Dadurch bemerkte sie im Gesicht des anderen Mädchens einen Ausdruck, der ihr einen festen Stich versetzte. „Ähm", mit einer Hand strich sie sich ihr dunkles Haar beinahe ein wenig nervös hinters Ohr:"Ich habe nachgedacht, Jojo. Können wir uns vielleicht kurz unterhalten?" Zwar verwunderte es Josie, was Penelope da sagte und wie sie sich verhielt, doch in diesem Augenblick konnte sie sich dem nicht wirklich widmen. Stattdessen versuchte sie eher Hope nicht aus den Augen zu verlieren. „Klar, sag, was du zu sagen hast", sagte sie deshalb und sah für einen Moment zu Penelope, die mit dieser Antwort allerdings nicht zufrieden zu sein schien. „Ich meinte eigentlich unter vier Augen", mit bittendem Blick besah sie Josie. Diese schüttelte aber nur den Kopf:"Dafür habe ich gerade wirklich keine Zeit."

Ihr Gegenüber klappte den Mund auf, als hätte sie vor etwas darauf zu antworten, doch Josie schob sich einfach an ihr vorbei. „Tut mir leid", murmelte sie ihr noch zu, blieb aber nicht stehen, sondern setzte sich einfach wieder in Bewegung. Dieses Mal lief sie aber merklich schneller, da sie just in diesem Moment sah, wie Hope wieder zwischen den Bäumen verschwand.

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