14. Warst du es?

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Zusammen mit seinem Onkel Titus saß Aries in einem der netten kleinen Lokale um die Via Stabiana und dachte über einen Krug Wein darüber nach, wie vergleichsweise ruhig, ja beinahe normal es in den letzten Tagen wieder geworden war. Nicht, dass sich Aries darüber beschwert hätte. Es tauchten sogar ein paar Kunden auf, die sein panisches Gemüt über seinen nicht mehr vorhandenen Geldbeutel und der ungeahnt aufreibenden Begegnung auf dem Schwarzmarkt beruhigen konnten.

Unter den Kunden waren vor allem Leute, die nicht von hier kamen, sondern aus den umliegenden Dörfern die Stadt besuchten, um das Nötigste zu besorgen. Dinge, die sie nicht selbst herstellen konnten, wie gefärbte Kleidung und Tongefäße für Wein oder Essen. Das hieß, dass sie Aries nicht kannten, oder die Gerüchte über seine Person noch nicht gehört hatten. Denn weg waren die noch nicht. Noch immer folgten Aries misstrauische Blicke, aber das Gerücht war weniger heiß geworden. Er hoffte innerlich so sehr, dass Varo recht behielt und sie so schnell wieder verschwanden, wie sie gekommen waren. Das sie einfach erloschen, wie ein Feuer ohne Nahrung, denn es waren schließlich Gerüchte um nichts, wie interessant konnten die auf Dauer schon sein?

Bis dahin hieß es weiter, den Kopf unten zu behalten und die Klappe zu halten. Und tatsächlich umfloss Aries endlich wieder das erleichternde Gefühl der Normalität.

„Du bist nachdenklich. Waren es heute wieder wenig Kunden?", fragte Titus in seinem Stuhl vorgelehnt und zupfte sich mit den reich beringten Fingern ein Stück vom Brot ab.
„Nein, eigentlich kann ich nicht klagen. Es waren insgesamt nicht viele, aber sie brachten anständige Kauflust mit.", antwortete Aries und hörte wie einer am Nachbartisch seinen drei Freunden lautstark eine Geschichte zum besten gab. Irgendwas mit Theater, reingeschmuggelten Eiern und Perücken. Aries versuchte nicht zu mürrisch auszusehen und hörte bewusst weg.
„Dann amüsier dich! Trink Wein, esse gut, du hast dich in der letzten Zeit eindeutige zu viel zurückgenommen. Du siehst schon aus wie dein Alter Herr mit all den Falten.", endete Titus kopfschüttelnd und winkte einen Sklaven heran, um nach mehr Wein und Brot zu verlangen. Aries stützte seinen Kopf mit der Hand und ließ es geschehen, während er sich den letzten Schlack Wein aus der Kanne in seinen Becher nachschenkte. Er fühlte sich tatsächlich alt, wenn er jetzt so darüber nachsann. Alt und müde.

„Amüsieren ist nicht so leicht, Titus. Ich schlafe schlecht und meine Laune ist beschattet. Ich dachte, es würde an den fehlenden Kunden liegen, aber da diese nun wiederkommen und mein Gemüt noch immer betrübt ist, scheint es wohl nicht daran gelegen zu haben." Aries schwenkte den Wein in dem Becher lustlos von einer Seite zur anderen.
„Albträume?", fragte Titus mit hochgezogener Augenbraue. Aries nickte statisch. „Dann geh doch mal zu einem Traumdeuter. Vielleicht will dir dein Geist etwas wichtiges mitteilen?" Sein Onkel wirkte ersthaft. Mit der beringten Hand unterstrich er seine Worte und rieb sich dann das Kinn.
„Cato hält nichts von derartigen Künsten. Er wird mir eher eine dyskrasie meiner Körpersäfte diagnostizieren und mir irgendein Kraut geben, was meine Stimmung wieder aufhellt. Wäre jedenfalls nicht das erste Mal. Nach Vaters Tod fühlte ich mich lange Zeit wie jetzt. Ich fürchte es ist ein wiederkehrender Zustand.", murmelte Aries und nahm einen Schluck Wein. Er schmecke süß und vollmundig, nach den Böden der Berge, leicht rauchig mit einem Hauch Zitrus.
„Und hat es geholfen?"
„Was?"
„Das Kraut, das Cato dir letztes Mal verschrieben hat.", erklärte Titus. Aries zuckte mit der Schultern. Es hatte geholfen, jedenfalls für ein paar Stunden. Aber die Wirkung war nach und nach schwächer geworden, wie eine Immunität, wahrscheinlich würde es jetzt gar nicht mehr funktionieren.

Titus seufzte leise.
„Wann hattest du das letzte Mal eine Frau bei dir?", fragte sein Onkel ganz offen und rupfte sich ein Stück Brot ab, um es in eine Schale mit Olivenöl zu tauchen. Aries konnte ein kleines amüsiertes Zucken seiner Mundwinkel nicht verhindern.
„Nein, nein. Ich weiß worauf du hinaus willst. Aber die Lupa sind nicht mein Geschmack. Außerdem habe ich für derlei Vergnügen momentan nicht das Geld." Titus gab sich entsetzt und begann dann herzlich zu lachen. „Kein Geld für Lupa. Haha! Und du willst mein Neffe sein?
Hier, nimm schon hin und geh ins Aphrodis. Sag, du kommt von mir und willst Elena besuchen, der Besitzer weiß dann schon. Diese Frau erfüllt dir jeden Wunsch den du jemals hattest... auch spezielle Vorlieben. Und damit meine ich, dass ich ihre Grenzen bisher noch nicht gefunden habe." Titus hielt ihm in einer beinahe herablassenden Geste eine Sisterz hin und zwinkerte verheißungsvoll, aber Aries schüttelte den Kopf.
„Ich danke dir, dass du dich für mein Wohl einsetzt, aber ich will wirklich nicht. Elena mag überzeugen, aber meine schlechten Erfahrungen mit Lupa kann sie nicht vergessen machen. Also bevor ich ihre und meine Zeit verschwende, werde ich-"
„Stoffhändler Aries, Sohn des Aries?", unterbrach ihn eine strenge weibliche Stimme. Innehaltend wandte er den Kopf und sah er zu der Person, die da an ihrem Tisch aufgetaucht war. Es war eine edle Matrone, die in ihre seidene Stola geschlungen kaum die goldenen Ketten und Fibeln verbergen konnte. Ihr braunes Haar war nach der neusten Mode frisiert und ihre braunen Augen fixierten ihn. Einige Schritte hinter ihr stand ein breitschultriger Sklave, der alles andere als freundlich aussah. Aries erkannte die beiden sofort. Es war die Besitzerin des toten Sklavenmädchens und ihr Begleiter. Aries hatte nicht erwartet sie hier zu sehen.

Römisches BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt