8. Die Worte eines Fremden

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Happy Pfingsten :D Danke für die reichlichen Sternchen, Kommentare und Reads! Ich habe momentan seit langem mal wieder Zeit zu schreiben und meine Ideen quellen über. Ihr könnt also gespannt sein wie es mit Aries weitergeht :)

Viele Grüße!

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Einige Stunden später, die Nacht war beinahe am Ende, da gestattete sich Aries eine Pause. Er hatte nicht wenig verkauft, bis auf zwei Blätter war das Glas mit den Lorbeerblättern leer, das Bilsenkraut war um ein drittel geschrumpft und das Glas mit dem Opium war leer. Seufzend ließ er sich am Fuße einer Säule der Palästra nieder und besah sich das deutlich weniger und wesentlich ruhiger gewordene Treiben. Aries war müde, er merkte die Schwere mittlerweile deutlich an seinen Nerven zerren. Aber er merkte auch die Schwere des Geldes, das er heute Abend eingenommen hatte. Wie um es zu schützen legte er die kühle, müde Hand über die Stelle seiner Kleidung, die sich nicht merklich abzeichnete. Das war ein guter Teil seiner Miete, den er heute Abend für einen weiteren Abschnitt seines Gewissens verdient hatte. Aber in Aries' Welt gab es nur ein Gewinnen oder Verlieren, kein Gewissen, und der Einsatz war immer das Leben.

Die Arme die ihn von seitlich von hinten packten, ihm die Gliedmaßen an den Körper drückte. und ihm den Mund in einem harten Griff zuhielten waren vollkommen unerwartet. Er hatte kaum die Gelegenheit zu reagieren so in Schockstarre war er, der entsetzte Aufschrei dumpf in die riesige Handfläche eines grobschlächtigen Unbekannten. Sich windend versuchte Aries sich zu befreien und bemühte sich aufzustehen, doch der Unbekannte war stark. Er musste größer sein als Aries, denn er beugte sich über ihn wie über ein Kind, verdeckte ihn mit seinem Körper vor Beobachter und zwang Aries ein weitere Stück zu Boden. Nun erfasste ihn tatsächlich das erste mal pure Angst. Das war echt, ein Überfall vielleicht. Eine nicht allzu seltene und ungewöhnliche Sache in der Nacht und vor allem nicht auf einem illegalen Markt. „Du sein Aries, Sohn des Aries und Verkaufen schöne Stoffe. Ich beobachten dich seit gestern Abend nach Tod von junges Mädchen. Und jetzt, ich sehe dich hier unter vielen bösen Menschen. Das kein Zufall, und ich weiß es. Ich weiß was passiert, ich werde allen sagen.", drang eine tiefe Stimme mit einem harten Akzent an Aries Ohr und ließ ihn erstarrend aufkeuchen. Dieses tote Mädchen ließ ihn nicht in Ruhe, als wäre ihr Geist aus der Welt der Toten geschickt um Aries noch etwas länger zu quälen. Ihm wurde eiskalt und ein kalter Schweißfilm legte sich über seinen Nacken und sein Gesicht. Der warme, stinkende Atem des Männes streifte sein Ohr. Was weißt du?, hätte Aries gerne gefragt. Was hast du gesehen? Aber die große, raue Hand machte es ihm schwer überhaupt zu atmen. So war er gezwungen dem Mann mit klopfendem Herz weiter schweigend zuzuhören. „Du haben Angst, dein Herz schlagen wie Herz von kleines Hase. Das ist gut. Leute werden kommen, kleines Hase, böse Leute mit Raubtieraugen. Denn du hast auch gesehen. Ich weiß du hast. Angst sein guter Schutz vor Tod, ich sage dir. Leute denken das du sein Wolf, aber sie sind dumm. Dumme Leute. Also vorsichtig, es sein böse Wölfe unter Schafen und sich gut tarnen bei Tag und Nacht. Kleines Mädchen war nicht erste und nicht letzte. Ich dich warnen vor-", doch da brach der Mann urplötzlich ab und hielt inne. Verwirrt versuchte Aries einen weiteres Mal sich hilflos auf dem Schraubstock-Griff des Unbekannten Riesen zu befreien. Zu seiner Verwunderung ließ der Große ihn tatsächlich so ruckartig los, dass Aries zu Boden stolperte und im Staub zu liegen kam. Hastig und ängstlich versuchte er sich wieder aufzurichten und taumelte so einige Meter weiter, weg von dem Unbekannten, der ihm seltsame und ziemlich beängstigende Dinge ins Ohr flüsterte. Wollte er Aries drohen? Er kannte auf jeden Fall seinen Namen... und wo er lebte. Alles zusammen ließ die eiskalte Gänsehaut auf Aries' Haut beinahe zu einer waschechten Eisschicht werden. Oder spielte er nur gerne mit seiner Beute bevor er sie ausraubte, denn immerhin war Aries nicht an irgendeinem Ort zu irgendeiner Tageszeit. Mit wild klopfendem Herzen sah er über seine Schulter zurück, ob er noch einen Blick auf den Unbekannten erhaschen konnte, doch er war verschwunden. Wie konnte denn jemand wie er einfach verschwinden? Der Mann musste mindestens zwei Meter groß gewesen sein, durch den Stoff hatte Aries die Muskeln gespürt sie sich voll zerstörerischer Kraft um ihn geschlossen hatten. So jemanden konnte man doch nicht übersehen. Oder?

Aries keuchte zitternd und rappelte sich mit zitternden Beinen hoch. Hart schluckte er mehrere Male, um seinen trockenen Hals zu befeuchten. Bei den Göttern, was war da gerade passiert, fragte er sich fassungslos und unter Schock. Geistesabwesende tastete er nach den beiden Bündeln die er trug, aber beide waren noch immer da und prall gefüllt. Also hatte der Kerl ihm nichts gestohlen. Noch nicht. Allein beim Gedanken jetzt heim zu gehen wurde ihm flau, dass der Unbekannte ihm auflauern könnte. Nicht, dass Aries eine Memme war, aber ein Held war er definitiv nicht. Dafür klopfte sein Herz zu schnell. Kleines Hase. Und dafür zitterten seine Beine zu stark sodass er fürchtete zu schwanken, wenn er jetzt weiterging.

Die Hand die sich dann plötzlich auf seine Schulter legte ließ ihn dann endgültig aus der Haut fahren. Mit einem spitzen Aufschrei machte er einen Satz nach vorn und wirbelte herum, bereit sich zur Not zu wehren. Seine geballten Fäuste zitterten, als er sie anhob und wie ein Kämpfer vor sich hielt. Doch im gegenüber stand nur die Wahrsagerin oder Traumdeuterin, wie sie sich nannte, in ihrem vielfarbigen Gewand und Armen voller Silber und Kupferschmuck auf schwarzer, vernarbter Haut. Sie wirkte nicht schlecht verwundert über Aries Reaktion und verschränkte die Arme vor der üppigen Brust. Sie hatte ihn ja noch nie sonderlich gemocht, weil Aries ihr stetig die Kunden abschwatzte, aber nun musste sie ihn für heillos verwirrt halten. Oder einfach für einen Angsthasen, was eigentlich sogar noch schlimmer war, wie Aries fand. „Man, so einen Schrei hätte selbst meine dreijährige Nichte nicht besser hinbekommen. Sind wir heute schreckhaft oder darf ich mich geehrt fühlen?", frotzelte sie auf ihre divenhafte Art und scharte mit ihren nackten Füßen etwas Staub vom Boden auf. Aries zog ein mürrisches Gesicht, welches ihm auf Grund des Schreckens nicht ganz so gut gelang wie er es sich wünschte. „Haha, sehr witzig, ich lach mich tot...", grummelte Aries aus Ermangelung einer guten Ausrede. Sein Kopf ratterte und ließ gerade keinen klaren Gedanken zu, während kalter Schweiß seinen Rücken hinab rann und seine trotzigen Worte Lügen strafte. „Was willst du? Du kommst doch sicher nicht freiwillig zu mir.", fügte er noch hinzu was die Zidra, die Traumdeuterin, ein zischendes Lachen entlockte. „Da hast du wohl recht, Abschaum bleibt eben Abschaum. Es ist auch eher Zufall, dass ich dich gerade sehe, denn gesucht habe ich dich nicht. Varo sucht dich und da meine Loyalität ihm gehört konnte ich ihm den Wunsch natürlich nicht abschlagen es dir mitzuteilen, wenn ich dich sehe.", ratterte sie ungerührt runter und betrachtete Aries wie ein Insekt, dass sie am liebsten zertreten würde. „Wie freundlich von dir. Ich war mit gar nicht im klaren, dass du sowas kannst.", antwortete Aries mit langsam wieder erstarkender Stimme und einer Frechheit die er gerade nicht wirklich empfinde konnte. Er spielte mit dem Feuer, warnte ihn seine Instinkte. Zidra griente breit und unehrlich. Schon beinahe bedrohlich mit ihrem abgebrochenen rechten Schneidezahn und den schiefen anderen. „Ja, schon klar. Hör mal du kleiner Scheißhaufen, wenn du deine Kunden noch einmal vor meinem Laden suchst oder auch nur in die Nähe kommst, wo ich dein Gesicht sehen kann, hast du am nächsten Morgen ein Messer in der Brust und kannst den Fährmann für mich grüßen. Ich habe schon Leute für weniger ins Totenreich geschickt, glaub also nicht das ich leere Drohungen mache. Dafür das du das Gesicht eines sabberndes Babies hast und keine Ahnung wie das wirklich Leben ist, hast du eine ziemlich große Klappe. Vielleicht gewöhnst dir das ja noch ab, wäre besser für dich und deine Gesundheit, Kleiner.", knurrte sie wölfisch grinsend und schritt dann einfach an Aries vorbei in den Schatten der Säulenhalle, wo ihre Gestalt mit der Dunkelheit verschmolz. Aries versuchte sich seinen erneuten Schauer nicht anmerken zu lassen und wie sehr ihn ihre Worte verunsichert hatten. Diese Frau war bekannt dafür unberechenbar und leicht reizbar zu sein, aber so direkt war sie ihn noch nie angegangen. Sie hatte ihm noch nie so offen gedroht, was ihm im Anbetracht der Umstände Unbehagen einflößte. Als hätte sich die Welt plötzlich auf ihn verschworen, zwei Drohungen in einer Nacht war erschreckender Rekord. Aries schaffte ein Schnalzen mit der Zunge und sprach so, dass sie ihn noch verstehen musste: „Lieblich wie immer, sehe ich. Dann will ich dir lieber keine weiteren Probleme bereiten, Verehrte." Sie antwortete nicht, aber das war auch vollkommen unnötig, sie hatte gesagt, was sie zu sagen hatte. Ihre Drohung hatte gewirkt, diesen Sieg musste Aries ihr leider zugestehen. Und er machte sich bereits auf den Weg zu Varos Stand, zu dem er heute Abend schon einige Kunden geschickt hatte.

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