3. Kapitel

580 26 17
                                    

Kapitel 3

Ich sah zu ihm auf und mir wurde echt mulmig. „Was zum Teufel ist hier los? Ich spring aus der Tür, wenn du es mir nicht sagst, ich meine es ernst." Meine Hand fasste schon nach dem Türgriff. Er schaute nicht von der Straße auf und nahm die Kurven, wie als wären keine vorhanden, während er die Türen verriegelte. „Wir haben jetzt keine Zeit das zu klären, ich muss dich hier wegbringen. Verabschiede dich schnell von deinen Eltern, ich warte in der Tiefgarage." Wir haben eine Tiefgarage? Moment mal was? „Mich verabschieden? Warum wegbringen? Ich checke gar nichts mehr." Er fuhr in unsere Auffahrt und öffnete die Türen wieder. „Es tut mir leid, ich erkläre dir alles nachher, diesmal wirklich, du hast mein Wort." Er klang angespannt, aber gefasster als vorher und tatsächlich aufrichtig. Eigentlich wollte ich stur bleiben, aber irgendwie glaubte ich ihm und machte meinen Weg zur Haustür. Meine Eltern standen schon im Flur und hatten Tränen in den Augen. Was war hier nur los? Vor lauter Verwirrung und Müdigkeit bahnten sich nun auch schon bei mir die Tränen an. Total unbeholfen stand ich im Flur und wartete darauf, dass irgendjemand mich aufklärte. Meine Mutter kam auf mich zu und zog mich in eine feste Umarmung. „Jase wird gut auf dich aufpassen." Sie sagte es mehr zu sich selbst, als zu mir. „Ich werde doch nicht wirklich gehen?" Mum ließ mich los und mein Vater umarmte mich.

„Ich wünschte das müsstest du nicht, aber das musst du, wir haben es so lange heraus gezögert wie wir konnten, aber sie wissen es. Wir werden immer an dich denken, hörst du?" „Wer weiß was?" „Du musst gehen, ihr habt nur noch wenigeMinuten bis sie unser Haus aufspüren, wenn überhaupt." Meine Mutter öffnete schluchzend die Tür zur Speisekammer und zog das Regal zur Seite, dann öffnete sie die Tür dahinter. „Laufe die Treppe herunter." Ich konnte sie kaum noch verstehen, ihre Stimme war so brüchig. „Alles wird gut Mum." Versuchte ich ihr und mir Hoffnung zu machen. Sie zog mich nochmal in eine Umarmung und mein Vater tat es ihr gleich. Ich hatte ihn noch nie so am Boden zerstört gesehen. „Du kannst Jase voll und ganz vertrauen, das weißt du oder?" Ich nickte und wurde dann durch die Tür geschoben. Tatsächlich war hier eine Garage, aber alles war ziemlich verschwommen durch meine Tränen, die immer mehr wurden und ich wusste immer noch gar nichts. Dann sah ich Jase, er stand neben einem weißen, sehr sportlich aussehenden Audi. „Was ist das für ein Auto? Warum steht das bei uns?" Er kam zu mir und nahm mich kurz in den Arm, er merkte wohl wie dreckig es mir gerade ging. Seine Wärme spendete mir Trost und ich fühlte mich ein klein wenig besser. Leider löste er sich viel zu schnell wieder von mir und schob mich zum Auto. Ich setzte mich auf die Beifahrerseite und wunderte mich immer noch, woher dieses Auto kam und warum wusste ich nichts von der Tiefgarage in diesem kleinen Haus in dem ich seit mehreren Jahren wohnte? Die Garagentür öffnete sich und er trat voll aufs Gas, ich wurde in den Sitz gedrückt und schnappte erst mal nach Atem. Er sah kurz zu mir herüber und richtete seinen Blick dann wieder auf die Straße. „Das ist das Auto von Frau Walter, es ist für diesen Vorfall vorgesehen." Er klang immer noch ziemlich bedrückt und was für einen Vorfall meinte er denn? Wer war diese Frau. Walter? „Wer zum Teufel ist das denn?" Wir fuhren gerade über den Berg aus der Stadt. Ich wollte noch mehr fragen, es gab so viele Fragen in meinem Kopf, aber da hörte ich einen lauten Knall und sah wie eine Träne seine Augen verließ. Das war eine Explosion und der Knall kam aus der Richtung unseres Hauses. Sofort wollte ich mich umdrehen, doch Jase hielt mich fest. „Dreh dich nicht um, dass macht es nur noch schlimmer." Seine Stimme klang genauso brüchig, wie die von meiner Mutter, aber ich musste mich einfach umdrehen, um zu sehen, ob sich meine Vermutung bewahrheite. Ich legte meine Hand sanft auf seine und schob sie von meiner Schulter, dann drehte ich mich um und konnte es sehen. „Es tut mir schrecklich leid Chloe, ich wusste nicht, dass sie so nah waren, ich hätte es heute erfahren, aber ich konnte dich nicht alleine auf die Party gehen lassen." Unser Haus brannte lichterloh, eine riesige Rauchsäule war entstanden und bahnte sich den Weg in den Himmel. Ich schlug die Hände vors Gesicht und sah die Welt in mir zusammenbrechen. Meinen Eltern, waren sie noch im Haus gewesen? Es war wie als würde man mir mein Herz herausreißen. Ich ließ mein Gesicht erneut in meine Hände fallen und versuchte zu realisieren, was gerade passiert war. War das ein Traum, würde ich gleich aufwachen und alles würde wieder gut sein? Aber dafür war es zu echt. Die Trauer umgab mich und die Tränen kullerten mir nur so über die Wangen. „Warum sind sie nicht abgehauen, wie wir, oder am besten mit uns?" An die Stelle der Trauer räumte sich die Wut ein. „Warum haben wir sie nicht mitgenommen?!" Ich sah mit meinem verschwommenen Blick zu Jase, der starr auf die Straße sah. „Sie haben dich gefunden und wissen alles über deine Eltern, sie können jede Akte einsehen. Sie haben zu viele Informationen über sie, wir konnten sie nicht mitnehmen, sie könnten dich dadurch aufspüren. Sie wussten das und wollten es nicht riskieren, außerdem ist das nicht nach Protokoll. Doch ich wusste nicht, dass sie eine Bombe zünden würden, sie müssen gewusst haben, dass du auf der Party warst, woher auch immer." Wutentbrannt setzte ich mich auf und legte meinen Blick auf Jase. „Wer ist sie!?" Er legte seine Hand beruhigend auf meine und mein Kopf sagte ich sollte sie wegziehen, er hatte mich von meinen Eltern weggebracht und sie nicht mitgenommen. Doch mein Körper brauchte den Trost, den Trost von einer vertrauten Person, wie ihm. „Die Chäner, sie suchen alle Jasalen und du bist eine von ihnen. Sie suchen euch, sie wollen eure Fähigkeiten, sie wollen euch töten. Jeden einzelnen, wenn dich auch erst zum Schluss. Ich kann verstehen, dass du sauer auf mich bist, aber ich werde alles tun, dass sie dich nicht finden, dass habe ich schon immer getan, seit ich dich kenne." Das war so viel, so unwirklich. „Ich bin in keinem normalen Heim aufgewachsen, wir wurden dafür ausgebildet euch zu beschützen und am Anfang wollte ich das nicht. Ich wollte eigentlich gar nicht zu euch eskortiert werden, ich konnte mir nicht vorstellen jemand Fremden mit meinem Leben zu beschützen und meine einzige Familie hinter mir zu lassen, aber als ich dich traf und dich kennenlernen durfte, wusste ich, dass ich es für dich kann. Auch wenn das heißt, dass ich um dich zu beschützen, dir nichts davon erzählen durfte, bis jetzt, du musst es jetzt wissen. Ich scheiße auf das Protokoll, ich will das du alles weißt, dass du mir vertraust." Was? Verwirrung ersetzte die Wut, aber meine Tränen waren weiterhin nicht zu stoppen. Ich war so durcheinander, so viele Gefühle waren in mir und ich wusste nicht welches jetzt das Richtige war. Er würde sein Leben für mich geben? Das war eine Offenbarung, die man nicht erwartete und Chäner, ich verstand das alles nicht. Er legte seine Hand in meine und sah mir mitfühlend in die Augen. Auch wenn nur kurz, weil er wieder auf die Straße schauen musste, während ich mich zu sammeln versuchte.

The Hunted GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt