- 9 - Film oder kein Film

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Als ich aus dem Bad zurückkam, lagen alle drei auf den Sofas ausgestreckt und starrten auf den Fernseher. Auch ich warf einen Blick auf den Monitor, der immer noch dasselbe Bild zeigte, wie zuvor. Ich trat ein paar Schritte zurück und versuchte zu sehen, was die drei dazu gebracht hatte, wie hypnotisiert auf den Fernseher zu starren. Doch ich sah einfach nicht, was sie sahen, also fragte ich: „Ist der Startbildschirm so interessant, dass ihr mit offenen Mündern darauf starren müsst?" „Komm hier her, dann siehst du es.", sagte Youngjae leise und winkte mich mit dem Finger zu sich.
Ich folgte seinem Wink und setzte mich neben ihn auf den Fußboden. Dann sah ich endlich, was die drei so faszinierte. In dem großen dunklen Bildschirm spiegelte sich das Fenster hinter uns. Im Nachbarhaus war das Wohnzimmer hell erleuchtet und die Bewohner des anderen Hauses feierten so etwas wie eine Orgie. Drei Paare liebten sich ungeniert in dem hellen Zimmer und wir konnten ihnen durch die Spiegelung im Fernseher dabei zusehen. Stirnrunzelnd beobachtete ich was die sechs Leute da veranstalteten, doch es fesselte mich weit weniger als die drei jungen Männer in meiner Gegenwart. Nach ein paar wenigen Minuten nahm ich mir die Karten vom Tisch und begann sie zu mischen, um mir eine Partie Solitär zu legen.

„Sunji? Was machst du da?", fragte Jaebeom und unterbrach damit seine Beobachtung der Nachbarn. „Karten spielen.", murmelte ich und suchte nach einem Weg, um einen weiteren Stapel freizuspielen. Jaebeom grinste: „Ich kann sehen, dass du Karten spielst, aber warum? Findest du es nicht interessanter zu sehen, was da drüben passiert?" Ich trank einen Schluck von meinem Cocktail, dann sagte ich gedehnt: „Ich fände es interessanter mitzumachen. Andere dabei zu beobachten bringt mir nichts." „Wie bitte?", keuchten Jaebeom, Jackson und Youngjae im Chor. Ich löste das Solitär auf und begann die Karten neu zu mischen, ohne auf ihre Frage einzugehen. Während ich die Karten neu auslegte, fragte Youngjae noch einmal vorsichtig: „Du würdest bei so etwas mitmachen?" „Weiß nicht. Man hat mich noch nie zum Swingen eingeladen. Mit dem richtigen Partner würde ich es vielleicht ausprobieren. ... Obwohl ... wenn es mit meinem Partner gut läuft, sind solche Spielereien sicherlich nicht notwendig. Das da ...", ich deutete mit dem Finger auf den Fernseher, „ist doch nur gefühlloses Zeug. Die Frau spielt gerade ihren fünften Orgasmus in Folge vor und keiner der Typen bemerkt es." Jackson lachte: „Woher willst du das denn wissen, du siehst doch gar nicht hin." „Ich habe es mir ganze drei Minuten angesehen und das reicht mir um zu wissen, dass sie in spätestens 5 Sekunden so tut als wäre Partner Nr. 3 erfolgreich. Also jetzt! ... Ups, da hatte ich wohl recht.", konterte ich grinsend als die Frau im richtigen Moment den Kopf in den Nacken warf und stöhnte.

Nun hatte ich alle geschockt und Youngjae fragte im Flüsterton: „Woher weißt du sowas, Sunji?" „Ich lese viel, Youngjae. In jedem zweiten Liebesroman heißt es: „Sie liebten sich leidenschaftlich, dann warf sie den Kopf in den Nacken und schrie ihre Lust in die Nacht hinaus." Und in den kleinen schmutzigen Filmen, die an der Schule als heißes Zeug gehandelt wurden, war es auch immer dasselbe: Rammeln, Kopf in den Nacken, schreien, fertig. Also warum soll ich meine Zeit damit verschwenden einer schlechten Schauspielerin bei der Arbeit zuzusehen?", brabbelte ich vor mich hin, während ich mich ganz auf die Karten vor mir konzentrierte.

„Wow ... ich dachte immer, dass man es merken würde, wenn die Frau den Orgasmus nur vortäuscht.", murmelte Jackson enttäuscht. Ich schob die Pik-Dame auf den Herz-König und sagte nüchtern: „Nö, die wenigsten Kerle kriegen es mit, wenn Frau nur so tut. Das ist der Vorteil am Frau sein: Man sieht uns nicht an, wenn wir jemanden körperlich anziehend finden, wir können immer und überall und wir können dafür sorgen, dass Mann sich für Superman hält, obwohl er nicht einmal ein Glas Wasser über seinen Kopf heben kann." „Dir zuzuhören ist wirklich entmutigend für jeden Kerl, Sunji!", fauchte Jaebeom angefressen und rollte sich mit verschränkten Armen auf den Rücken. Gelangweilt konterte ich: „Euch dabei zuzusehen, wie ihr euch an den sexuellen Praktiken der Nachbarn aufgeilt ist auch nicht gerade sehr erbaulich. Wenn hier nicht noch zwei Cocktails stehen würden, die ich euch wegtrinken kann, wäre ich schon längst in meinem Schlafsack in Yoongis Studio." „Wieso noch zwei Cocktails?", murmelte Youngjae und starrte auf den Wohnzimmertisch, „Oh!" Jacksons Glas war leer und auch in Jaebeoms Glas war nur noch eine kleine Pfütze von dem Cocktail, während ich dabei war Youngjaes Glas zu leeren. „Hast du wirklich alle drei Cocktails alleine getrunken?", fragte Jaebeom und setzte sich auf. Ich nickte und setzte nun mein Glas an die Lippen, doch Youngjae nahm mir das Glas ab: „Sunji, mach mal langsam! Das waren drei Long Island Icetea. Normalerweise hauen dir zwei Stück schon die Beine weg und du hast schon mehr intus als jeder andere von uns." „Na und? Ich muss doch heute nicht mehr Autofahren.", sagte ich trocken und versuchte Youngjae das Glas wieder abzunehmen. „Aber du wolltest heute noch in Yoongis Studio torkeln und das kannst du nicht mehr, Sunji.", erklärte Jaebeom ernst.
Mühsam rappelte ich mich auf, weil mein Bein eingeschlafen war. Als ich es aufgeweckt hatte, versuchte ich gerade zu laufen und seltsamerweise gelang es mir problemlos. „Komisch, sollte ich nicht jetzt kopfüber in den Blumen hängen?", fragte ich und wandte mich zu Youngjae um, der mich mit großen Augen anstarrte. „Okay, du scheinst irgendwie eine Alkoholresistenz zu haben. Ich habe noch nie mehr als zwei Long Island Icetea geschafft." „Scheint so als hätte mein Auslandsaufenthalt wenigstens ein Gutes gehabt, ich kann euch unter den Tisch saufen.", entgegnete ich grinsend. Dann winkte ich den drei Couchkartoffeln und fügte hinzu: „Wo ich gerade schon stehe und nachdem Youngjae mir meinen Drink weggenommen hat, kann ich auch gleich in meinen Schlafsack krabbeln. Gute Nacht, schlaft gut." „Der Film!", brüllte Jaebeom plötzlich und ich zuckte mit den Schultern: „Ich hab doch gesagt, dass ich den Film schon kenne. Ich verpasse also nichts. Viel Spaß noch." Ich ging in den Flur, der mich zum Gästebad und zu Yoongis Zimmer führen würde. Bevor ich mich hinlegen wollte, ging ich noch einmal ins Bad, um mich zu erleichtern und mir die Zähne zu putzen.

If I can only dance with you - Jaebeom FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt