chapter 3 - gefangen

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Die Hände fühlten sich angenehm auf meinem Gesicht an. Nicht zu warm, aber auch nicht kalt. Meinen kleinen Schock aufgrund der Überraschung hatte ich schnell überwunden. Ich nahm die Hände aus meinem Gesicht und zog sie nach unten. Dann drehte ich mich schnell um und musste grinsen.

Vor mir stand ein ziemlich verschlafener Rewi. Seine Haare waren verwuschelt, als wäre er gerade erst aufgestanden und allgemein sah er in dem Moment einfach wirklich süß aus.

Vorsichtig zog ich mir meine Kopfhörer aus den Ohren und senkte etwas schüchtern meinen Blick. Plötzlich spürte ich, wie sich Rewis Arme um mich schlangen. Augenblicklich erwiderte ich die Umarmung. Endlich fühlte ich mich wenigstens etwas zu Hause.

"Hey, Felix", begrüßte er mich locker, ließ mich los und trat einen Schritt zurück. Er musterte mich und anscheinend war er nicht zufrieden mit dem, was er sah, denn seine Stirn legte sich in tiefe Falten.

"Heyo", sagte ich mit einem kleinen, halbherzigen Lächeln im Mundwinkel. Rewi brauchte mich nicht zu fragen, wie es mir ging, wir beide wussten, dass mir meine Familie sehr wichtig war und ich sowas nicht so gut verkraftete.

"Du siehst echt fertig aus", stellte ich mit dem Anflug eines Grinsens fest und deutete auf seine Haare. Rewi strich sich mit seiner Hand durch das Nest auf seinem Kopf, aber da ließ sich nichts machen.

"Ja, du hast mich ja auch wirklich zu einer beschissenen Uhrzeit geweckt", meinte er trocken, drehte sich um und lief die Treppe zur Bahnhofshalle hinunter. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.

Irgendwie tat er mir ja schon leid. Egal, wie gut wir uns kannten, ich kam mitten in der Woche, mitten in der Nacht bei ihm an und wollte für eine ungewisse Zeit bei ihm unterkommen. Klar, er hatte es angeboten, aber das ist schon etwas, was nicht alle Tage vorkommt.

Ich lief etwas schneller, um ihn aufzuholen und war erstaunt, dass es mir in meinem erschöpften Zustand gelang, mit seinen langen Beinen Schritt zu halten.

"Du, Rewi?", fragte ich vorsichtig. Als er nicht antwortete fuhr ich einfach fort: "Wirklich ein riesengroßes Danke an dich, dass du das mitmachst. Ohne dich wär ich echt aufgeschmissen!"

Seine Mundwinkel zuckten und er lächelte mich an: "Klar, Brudi. Aber mal ernsthaft, wir sind beide mega fertig, lass' mal schnell nach Hause und schlafen gehen."

Ich stimmte ihm nickend zu und wir machten uns auf den Weg zu seiner Wohnung. Nach einem 10-minütigen Lauf kamen wir auch endlich an. Als wir an der Tür stehenblieben, damit Rewi aufschließen konnte, fielen mir schon wieder die Augen zu.

"Keine Sorge, gleich kannst du schlafen", hörte ich Rewis mitfühlende Stimme und als ich zu ihm aufblickte stellte ich fest, dass ich gegen ihn gefallen war und mein Kopf auf seiner Schulter lag. Gott, ich war echt fertig.

Rewi stützte mich indem er seinen Arm um meine Schultern legte und so schafften wir es tatsächlich bis in den dritten Stock zu seiner Wohnung.

Drinnen ließ ich einfach nur meine Tasche fallen. Wir zogen mit Lichtgeschwindigkeit unsere Schuhe und Jacken aus und dann zog mich Rewi hinter sich her in Richtung seines Zimmers.

Ich hatte eigentlich dort eine Luftmatratze erwartet, doch es war nichts zu sehen. Rewi steuerte direkt auf sein großes Bett zu. Ich wollte ihn fragen, ob es denn in Ordnung wäre, wenn wir in einem Bett schlafen, aber mein Gehirn konnte keinen Satz mehr zustande bringen. Ich glitt einfach nach ihm unter die warme Decke und rollte mich auf meinen Bauch. Sein leises "Gute Nacht" kurze Zeit später konnte ich nicht mehr erwidern, denn ich war sofort eingeschlafen.

***

Als ich am nächsten Morgen langsam aus meinem Traum aufwachte, atmete ich erst einmal tief ein. Ich spürte sanfte Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht und lächelte leicht.

Plötzlich wurde ich von einem nassen, kalten Gefühl im Gesicht aus meinen Gedanken geworfen, das ich überhaupt nicht einordnen konnte.

Schlagartig machte ich die Augen auf, was sich aber als großer Fehler erwies, da ich eine erneute Ladung dieses nassen, kalten Gefühls in mein Gesicht abbekam und somit meine Augen wieder schließen musste. Verwirrt öffnete ich erneut die Augen und setzte mich auf. Dann hörte ich links von mir ein lautes Lachen, das ich nur all zu gut kannte.

Dort stand Rewi, der eine eisgekühlte Wasserflasche in der Hand hatte und sich vor Lachen kaum noch auf den Beinen halten konnte.

"Du Missgeburt!", schrie ich und sprang blitzschnell auf. Rewi hatte allerdings wirklich gute Reflexe und rannte schnell aus dem Zimmer. Ohne zu überlegen, folgte ich ihm und der eigentlich friedliche Morgen verwandelte sich in eine todernste Runde Fangen.

Rewi war nur ein paar Meter vor mir, aber ich konnte ihn nicht greifen. Zurzeit wollte ich nichts lieber, als ihm seine dreckige Lache aus dem Gesicht zu putzen. Dieser Mistkerl!

Ich lief noch ein bisschen schneller und schmiss mich einfach auf ihn drauf. Er fiel mit einem überraschten Stöhnen um und ich setze mich schnell auf seinen Oberkörper. Seine Arme platzierte ich unter meinen Knien, sodass er unter mir gefangen war.

Aus großen, überraschten Augen schaute mich Rewi von unten an. Ich musste grinsen und drohte ihm: "Das wird dir noch leid tun!"

Die Wasserflasche hielt er immer noch verkrampft in seiner Hand fest und ich ergriff diese schnell und leerte den Rest über seinem Gesicht aus.

Ich senkte meinen Kopf etwas, um ihm tief in die Augen zu blicken und meinte: "Das hast du verdient." Dann grinste ich ihn an. Rewi schaute zuerst etwas unzufrieden und verwirrt, fing sich aber schnell wieder und schmunzelte mich an.

"Und was machst du jetzt?", fragte er und zog seine Augenbrauen zweifelnd hoch. Jetzt schaute ich ihn verwirrt an. Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Was meinte er denn damit?

Auf einmal kam mir Rewi extrem nah vor. Zwischen unseren Gesichtern waren nur wenige Zentimeter Platz. Ich spürte deutlich seine Präsenz direkt unter mir und die Stellen, an denen unsere Haut sich berührte, fühlten sich heiss an. Fast, als würde ich verbrennen.

Rewis Blick wanderte zwischen meinen Augen und meinen Lippen hin und her. Ich traute mich nicht, mich zu bewegen. Die ganze Situation kam mir ungewohnt vor, aber nicht ungewohnt schlecht, sondern ungewohnt in einem sehr positiven Sinne.

Seine roten Lippen öffneten sich, als würde er etwas sagen wollen, doch dann wurden wir von einem lauten, nervtötenden Geräusch unterbrochen und ich wich schnell zurück um aufzustehen.

erdbeersüß. | rewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt