chapter 5 - hitze

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Sofort nachdem ich diese Frage gestellt hatte, wünschte ich mir, ich hätte ihn niemals gefragt. Wie bescheuert klang das denn bitte? Als ob Rewi als mein bester Freund auf mich stehen würde.

Aber fast noch mehr Angst hatte ich davor, dass er meine Frage bejahen würde. Es würde sich alles zwischen uns ändern. Ich müsste ihm sagen, dass ich nicht dasselbe für ihn fühlte. Oder waren da doch Gefühle? Super, ich wusste nicht einmal, was ich für ihn fühlte. Ich hatte einfach nie einen Grund gehabt, darüber nachzudenken. Rewi war schon immer mein Kumpel gewesen, nie wäre ich auf die Idee gekommen, da könnte mehr entstehen.

Schnell schlug ich die Augen nieder und betrachtete meine Schuhe. Ich konnte es jetzt nicht aushalten, ihm in's Gesicht zu blicken. Außerdem war mein Gesicht wahrscheinlich im Moment ein offenes Buch und ich wollte nicht, dass er meine krankhaften Gedankengänge erfuhr.

Doch als nach einiger Zeit immer noch keine Antwort kam, blickte ich wieder zu ihm hoch. Rewis Blick war starr auf mein Gesicht gerichtet. Aber es sah nicht danach aus, als ob er antworten wollen würde.

Als sich Rewis und mein Blick trafen und ich meine Augenbrauen zusammen zog, schien ihn das aus seiner Starre zu befreien. Er lachte so laut, wie ich ihn noch niemals lachen gehört habe. Was hieß das denn jetzt?

"Alter... Dachtest... Du... Das... Jetzt... Echt...", brachte er unter schwerem Atem hervor, da er so laut lachte. Dabei warf er seinen Kopf zurück und kniff die Augen fest zusammen.

Scheiße. Wie bescheuert stand ich denn jetzt da? Ich hatte mich anscheinend geirrt, aber es hatte echt so gewirkt. Ich musste mich da schnell rausreden.

Halbherzig fiel ich in sein Lachen mit ein und meinte: "Natürlich nicht, wollte nur deine Reaktion sehen." Wow, Felix, super Ausrede...

Rewi schaute mich belustigt an und drückte mir mein Board in den Bauch. "Hier, bevor du noch irgendwas anderes annimmst, trag das lieber selber."

Schnell griff ich nach dem Board und ging an ihm vorbei in den Laden, während ich ihn an der Schulter anrempelte. Also glaubte er mir doch nicht? Scheiße, ich hoffte, das würde jetzt nicht für immer so blöd zwischen uns stehen.

Auf meiner Schulter spürte ich eine Hand und ich wurde herumgedreht. Rewis Gesichtsausdruck hatte sich verändert und er zeigte so etwas wie Reue.

"Hey, Felix, ich hab's nicht so gemeint", erklärte er, "ich weiß auch nicht, was heute mit mir los war... Ich glaube, ich bin einfach nur froh, dich zu sehen. Aber ehrlich, ich wollte dich auf keinen Fall irgendwie verunsichern oder so."

"Okay, wir sind Kumpels, richtig?", gab ich nach und wollte noch einmal seine Bestätigung.

"Beste", sagte er schlicht und schlug mir mit seiner Hand kumpelhaft gegen die Schulter. Ich grinste ihn an, drehte mich wieder um und wir gingen gemeinsam in den Laden.

***

Als wir wieder bei Rewis Wohnung ankamen, war es schon echt spät und sowohl er als auch ich waren beide richtig müde.

Gähnend machte ich mich auf den Weg in's Badezimmer um Zähne zu putzen. Diesmal stürmte Rewi nicht einfach so hinein, obwohl ich nicht einmal abgeschlossen hatte, denn ich stand ja nicht halbnackt im Bad und es wäre okay gewesen. Stattdessen stand er wartend vor der Tür, als ich hinaustrat und lächelte mir zu. Ich gab ihm ein müdes Lächeln zurück und ging in sein Zimmer.

Wir hatten immer noch keine Luftmatratze aufgepumpt und ich hatte keine Ahnung, wo ich jetzt schlafen sollte. Besaß Rewi überhaupt eine Matratze? Vorsichtig setzte ich mich auf sein Bett und beschloss auf ihn zu warten um ihn zu fragen.

Nach einigen Minuten kam Rewi aus dem Bad und ich stand schnell auf, was mich einige Überwindung kostete, da mir meine Augen vor Müdigkeit fast zufielen.

"Rewi, hast du 'ne Luftmatratze?", fragte ich ihn.

Er kratze sich am Kopf, überlegte einen Moment und meinte dann: "Ehm, nee, glaub nicht."

"Toll, und wo soll ich dann schlafen?", fragte ich ihn genervt. Rewi war echt der perfekte Gastgeber.

"Letzte Nacht ging das in meinem Bett doch auch klar", meinte er schulterzuckend und ließ sich unter die Bettdecke auf sein Bett gleiten.

Noch eine Nacht mit Rewi in seinem Bett? Ich konnte mir Besseres vorstellen. Vor allem nach so einem verrückten Tag.

Gerade als ich protestieren wollte, musste ich erneut laut gähnen. Ach man, wir konnten uns ja auch noch morgen um einen anderen Schlafplatz für mich kümmern.

Also ließ ich mich neben Rewi fallen, zog die Decke fest über mich und murmelte leise: "Gute Nacht."

***

Diesmal wachte ich nicht von einem nassen, kalten Gefühl auf, sondern von einem sehr warmen. Mir war heiß. Richtig heiß.

Ich schlug die Augen auf und verdrehte sie sofort, als ich feststellte, dass ich schon wieder in Rewis Bett lag.

Doch diesen Morgen war es anders. Auf mir drauf bewegte sich etwas und der Druck auf meinem Brustkorb nahm zu. Ich atmete erschrocken ein und konnte das Gefühl der Hitze auf einmal sehr gut einordnen.

Rewi lag auf mir drauf, seine Arme hielten meinen Oberkörper eng umschlossen. So sehr ich auch versuchte, seine Arme wegzuziehen, es gelang mir nicht. Er war doch um einiges stärker als ich dachte.

Ich seufzte auf und beschloss, ihn einfach aufzuwecken. So wie jetzt konnte ich weder weiterschlafen noch aufstehen.

Vorsichtig schüttelte ich ihn und rief leise: "Rewi!" Er atmete tief ein und umschlang mich noch fester. Eines seiner Beine wand sich um meine herum und hielt mich zusätzlich fest. Nicht so ganz das, was ich mir vorgestellt hatte.

Ich beugte mich zu seinem Ohr und rief wieder: "Rewi! Rewi!" Absolut keine Reaktion. Nach kurzem Nachdenken rief ich ihn erneut, allerdings diesmal mit seinem echten Namen: "Basti! Bitte wach auf, Basti!"

Und endlich öffnete er die Augen. Er lächelte mich breit an und meinte glücklich: "So hast du mich schon richtig lange nicht mehr genannt, Felix."

Die ungewohnte Schlafposition schien er dabei gar nicht zu bemerken. Mich beschlich ein Gedanke: Vielleicht war es für ihn auch gar nicht ungewohnt. Ich hatte am letzten Morgen nicht mehr mitbekommen, wie wir geschlafen hatten, da Rewi vor mir aufgestanden war.

Vorsichtig befreite ich mich aus seinem Klammergriff und dieses Mal ließ er mich auch gehen. Ich atmete erleichtert auf.

Allerdings wollte ich ihn, nachdem was gestern passiert war, nicht schon wieder auf sein ungewöhnliches Verhalten ansprechen. Das war wirklich der peinlichste Tag unserer gesamten Freundschaft gewesen. Ich wollte nicht, dass das heute so weiter ging, geschweige denn noch schlimmer wurde.

Also drehte ich mich zu ihm um, setzte ein freundliches Lächeln auf und sagte fröhlich: "Guten Morgen, Basti! Was haben wir heute denn so vor?"

erdbeersüß. | rewilzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt