Kapitel 16

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Nach dieser Mini-Lektion verließ ich den Raum und lief zur Kantine, da mein Magen vor Hunger langsam begann, zu schmerzen. Mit meinem Tablett lief ich durch den Raum und entdeckte meine Freunde an dem gewohntem Tisch. Unsicher blieb ich stehen und sah zu ihnen. Egal, was Cho und Fill auch gesagt haben, ich hatte noch immer Angst davor, dass sie mich nach der heutigen Aktion verabscheuten. Leider entdeckte mein kleiner Bruder mich schon nach kurzer Zeit und winkte mich zu ihnen an den Tisch. Nun sahen auch die anderen auf und ihre Blicke waren einzig und allein auf mich gerichtet.

Ich atmete noch einmal tief durch und dann setzte ich mich in Bewegung. Mit jedem Schritt, den ich machte, fühlten sich meine Beine mehr und mehr wie Wackelpudding an. So nervös war ich. 

Langsam ließ ich mich neben meinem Bruder nieder und widmete mich meinem Essen. Ich schaute so wenig wie möglich von meinem Tablett auf, in der Hoffnung, den Blicken meiner Freunde ausweichen zu können. Außerdem wollte ich möglichst schnell mit meiner Mahlzeit fertig werden, um den Speisesaal verlassen zu können. Ich löffelte also weiterhin stur meine Suppe, bis sich jemand räusperte und ich einen leichten Stoß gegen meine Rippen spürte.

Verwundert sah ich auf und direkt zu meinem Bruder. Der deutete mir mit seinen Augen, dass ich in die andere Richtung gucken sollte. Noch immer verwirrt drehte ich meinen Kopf und blickte direkt in die Gesichter von Son, Luna und Amy. 

,,Du, Dillan, wir wollten dir da noch etwas sagen.", begann Luna, zu sprechen.

,,Wegen der Sache vorhin auf dem Hof, also, wir wollten dir nur sagen, dass wir uns ziemlich blöd verhalten haben. Du hattest recht, wir hätten Cho beistehen sollen.", meinte nun Son.

,,Natürlich hätten wir das nicht so idiotisch wie du gemacht, aber ja, prinzipiell hattest du recht.", fügte Amy hinzu.

,,Hey, Leute, ähm, das bedeutet mir viel, dass ihr das sagt, aber Amys Aussage trifft es eigentlich ganz gut. Ich war ein Idiot und habe mich dementsprechend leider auch verhalten. Wenn sich also jemand entschuldigen muss, dann bin ich das. Doctor Strange hat schon mit mir gesprochen und gesagt, wie ihr versucht habt, mich zu verteidigen. Dennoch hat er mir schon heitere Aussichten auf eine Strafe gemacht." Der letzte Satz triefte nur so vor Sarkasmus, was die anderen am Tisch zum Schmunzeln brachte. 

,,Kei passt das so gar nicht in den Kram. Das ist dir doch hoffentlich klar, oder?", lachte Amy.

,,Konnte ich mir fast schon denken." Ich grinste leicht.

,,Schon allein die Vorstellung, wie er eine Strafarbeit verrichten soll, hat ihn vor Wut rot anlaufen lassen. Als Meister Tobi dann gesagt hat, dass du auch bei der Strafarbeit dabei sein wirst, hat er förmlich Ausschlag bekommen." Mein kleiner Bruder lachte sich komplett kaputt und für einen Moment vergaß ich alles, was uns in der letzten Woche passiert war. Das hier war das erste Mal seit dem Tod unserer Eltern, dass ich in Fill wieder neuen Lebensmut erkannte. Dieses herzhafte Lachen ließ mein Grinsen nur noch breiter werden. Das hier war ein kleiner Lichtblick am viel zu dunklem Horizont.

,,Hey, wir wollten nochmal zu Cho gehen. Ihr kommt doch mit, oder?", fragte Son an mich und Fill gerichtet.

,,Na klar!", sprachen Fill und ich gleichzeitig unsere Gedanken aus.

Auf dem Weg durch die Gänge des Tempels redeten, scherzten und lachten wir ausgelassen. Es war fast so, als wäre Cho bei uns, aber dem war leider nicht so. Dennoch hatten wir alle die große Hoffnung, dass sich das bald ändern würde.

Während ich in meine Gedanken versunken war, bemerkte ich nicht, dass Fill neben mir anscheinend ebenfalls mit seinen eigenen Gedanken zu kämpfen schien. 

Schließlich fasste er den Mut und sprach mich direkt an. Leise und anscheinend nur für meine Ohren bestimmt sagte er: ,,Hey, Dillan, du hast vorhin mit Stephen geredet, oder?"

Ich nickte.

,,Habt ihr da auch über unsere Eltern geredet?"

,,Nein, wieso? Gibt es eine Spur zu ihren Mördern?" Aufgeregt sah ich zu meinem jüngeren Bruder.

,,Naja, du hattest ihn ja gebeten, dass die beiden beerdigt werden würden. Und dieser Tag ist bald.", druckste mein Bruder um den heißen Brei herum.

Ich hielt ihn an der Schulter fest, sodass die anderen einen größeren Abstand zu uns hatten. 

,,Wie bald?", fragte ich nachdrücklich.

,,Sehr bald..." Fill wich meinem Blick aus.

,,Definiere sehr bald!", forderte ich nun mit noch mehr Nachdruck als vorher.

Nun fixierte er die Wand hinter mir und mied so stur Augenkontakt mit mir.

,,Morgen.", kam schließlich über seine Lippen.

,,Morgen schon?", verblüfft und leicht geschockt sah ich zu Boden. Meine Knie wurden erneut weich und ich musste mich kurz an der Wand abstützen.

,,Ich weiß, es kommt sehr schnell und überraschend, aber Stephen meinte, dass es langsam an der Zeit wäre. Außerdem wird das Begräbnis nicht lange dauern. Eigentlich werden nur wir beide zugegen sein. Aber wir sollen uns so viel Zeit nehmen, wie wir brauchen." Fill sprach schnell. Auch er fühlte sich so wie ich - komplett überrumpelt und auch verängstigt. 

Ab morgen würde es tatsächlich endgültig sein. Sie wären dann für immer fort und das bleibt endgültig. Ich wusste nicht, inwiefern ich dafür bereit war.

Ich bekam noch am Rande mit, wie wir zum Krankenzimmer liefen. Wie die anderen uns mit strahlenden Gesichtern empfingen und wie wir uns beide zu einem ehrlichen Lächeln zwangen. Doch all das war eine reine Fassade, auch bei Fill, da war ich mir sicher. 

Die Freude und der Optimismus, den ich vorhin empfunden habe, waren wie weggepustet. Ganz vorne dabei waren nun meine alten Freunde: die Angst, die Ungewissheit und die Unsicherheit.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 08, 2020 ⏰

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