➷ 𝟷𝟶. 𝙽𝚘𝚟𝚎𝚖𝚋𝚎𝚛 𝟸𝟶𝟷𝟼
「 ⓟ🅞🅘ⓝⓣ 🅞🅕 ⓥⓘ🅔🅦:
𝐓𝐬𝐮𝐤𝐢𝐬𝐡𝐢𝐦𝐚 𝐊𝐞𝐢 」✁- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
Es ist mittlerweile schon eine Gewöhnungssache, dass ich jeden Abend im Dunkeln nachhause gehe, vor Allem im Winter, schließlich ist es da schon früher dunkel. Das Gute daran ist ja, dass wenige Menschen um diese Zeit unterwegs sind. Nur die, die genauso ausgebrannt wie ich sind und nach Hause kommen oder Menschen, die lieber Abends in Ruhe draußen sind. Manche sind noch mit ihren Hunden spazieren, Jugendliche kommen von ihren Freunden nach hause oder lungern so noch ein wenig herum. Dann gibt es natürlich noch die, die sich einen trinken gehen oder schon einen getrunken haben. Trotzdem sind das insgesamt nie viele Menschen, anders als nachmittags. Es ist wiedermal bitterkalt und ich habe das Gefühl, dass meine Finger in wenigen Sekunden wie Eiszapfen einfach abbrechen. Und dann ist da noch dieses eigenartige Gefühl. Ich sehe mich in der Innenstadt um, sehe die mittlerweile bekannten Bäume, Graffitis an den Mauern, Mülleimer, die Laternen und die Lichter in den Läden und Häusern, der Schnee, der an diesem Ort eher braune Matsche ist, selbst die Schilder mit den Werbesprüchen darauf. Ich habe das Gefühl, alles hier auswendig zu kennen, und doch fühle ich mich irgendwie fremd. Es fühlt sich leer an, so unbekannt. Es ist ein komisches Gefühl, ich fühle mich unwohl. Es gefällt mir nicht. Was verursacht dieses Gefühl? Ist das, was ich sehe, der Auslöser dafür? Das, was ich rieche? Nein, ich rieche nur Abgase und Essen, das stimmt mich eher hungrig. Ist es vielleicht das, was ich denke? Die Gefühle, die ich jederzeit zu unterdrücken pflege, die jetzt ihren Weg in mich zurück finden? Ich weiß es nicht. Vielleicht ist es der Drang, nach etwas zu suchen, das ich nicht oder nicht mehr besitze. Das Gefühl, das man hat, wenn einem etwas oder jemand fehlt. Ja, vielleicht ist es das, was man sich unter "vermissen" vorstellt. Aber was ist es, das ich vermisse? Ist es ein Gegenstand, ist es etwas wie mehr Freizeit, etwas nicht materielles? Oder ist es etwa ein Mensch? Vermisse ich ihn? Oder ist es die Schuld, die ich fühle? Die Reue oder das schlechte Gewissen? Ist es die Angst, keine Antwort auf all meine Fragen zu finden und für viele weitere Jahrzehnte mit diesen Gefühlen und der Ungewissheit weiter zu leben und egal, wie sehr ich mich auch belüge, trotzdem nicht darüber hinweg zu kommen? Der Drang, meine Gefühle loszuwerden, weinen oder lachen zu können, ohne mich dafür anzuwidern? Es muss eine Mischung aus allem sein.
Ich bin so fertig nach heute, dass ich den Fahrstuhl statt der Treppe nehme. Normalerweise mache ich das nicht, Fahrstühle geben mir immer ein ungutes Gefühl. Außerdem habe ich ja Beine.
Ist ja auch eigentlich egal, wie ich hoch komme, hauptsache ich komme an meiner Tür an, werde von niemandem genervt und muss keinen Schlüsseldienst oder die Polizei rufen, weil sonst was mit meiner Wohnung ist. Das kam zwar noch nicht vor, aber passieren kann es immer mal. Auch heute wurde ich wohl mit Glück gesegnet, keine Nachbarn, die mich nach einem Sack Mehl oder zwei Eiern fragen, keine komischen Postboten, die mich anmachen, es ist keiner eingebrochen und meinen Schlüssel habe ich auch, zumal ich ja nun in meiner eigenen Wohnung stehe. Ich lasse sofort alles fallen und ziehe meine Schuhe aus. Bevor ich irgendetwas mache, wechsle ich zu meinen Schlafklamotten nach einer schnellen Dusche und mache mich dann daran, etwas zu essen. Da ich gestern einkaufen war, habe ich etwas Auswahl. Ich entscheide mich für ein einfachen Mikrowellen-Curry, selber kochen lohnt sich nicht für eine Person und Lust darauf, geschweigedenn Zeit dafür habe ich auch nicht. Während das Curry seine heiße Karussellfahrt genießt, lasse ich mich in meinen Sessel fallen und entsperre mein Tablet. Ich streiche nach unten und schaue mir meine Benachrichtigungen an. Keine Emails, dafür ein Haufen Benachrichtigungen von ein paar Spielen, die darauf installiert sind. Diese kindischen Push-Ups, die mich dazu bringen sollen, mich um meine Dino-Babys zu kümmern, um ein stärkeres Team zu trainieren und das Land zu beschützen. Irgendwie kindisch und lächerlich, dass ich das spiele, aber für den Zeitvertreib passt das schon und es wird sowieso niemals jemand erfahren. Ich lösche alles der Reihe nach, bis ich auf eine interessantere Nachricht stoße.
"faceofstars hat ein neues Video veröffentlicht."
Vor etwa drei Stunden.
Die Mikrowelle in der Küche piept und ich springe eben auf, um das Essen zu mir zu holen. Dann klicke ich auf die Benachrichtigung und das Video beginnt, zu laden. In der Zeit sehe ich mir alles genau an. Hohe Klickzahl, hohe Kommentaranzahl. Das Cover ist diesmal etwas anders als die Anderen. Und mit etwas anders habe ich das noch vollkommen untertrieben. Das sind nicht die beruhigenden, schönen Bilder wie sonst. Das da ist er darauf. Sein Oberkörper in dunklen Klamotten, Schneeflocken, die vorbei wehen und auf seinem Schal liegen. Oder sollte ich eher auf meinem Schal sagen? Das Bild sieht nicht einmal allzu viel bearbeitet aus. Sein Blick ist leer und starr, auf die Erde gerichtet und ohne jegliche Emotion darin, ohne jeglichen Glanz in seinen Augen. Ist es das, was man "tot" nennt, im Bezug auf noch Lebende? Er ist dünner geworden, das sehe ich sofort an seinen leicht eingefallenen Wangen, sonst zeigt er ja kaum Haut. Es ist ein verdammt trauriger und beängstigender Anblick. So einen blassen, fast einer Leiche ähnelnden Menschen würde man eher zum Arzt fahren. Nach einer gefühlten Ewigkeit beginnt dann das Video. Im Hintergrund spielt sich eine kleine Animation ab, in welcher ein paar Schneeflocken langsam fallen. Auch eine Art weißer Dampf tritt langsam aus dem Hintergrund, der womöglich eine zerbrochene Mauer darstellen soll. Ein Filter färbt das ganze in dunkle Blau- und Lilatöne. Es spielen nun die ersten Töne. Es sind vier unterschiedliche Schläge zu hören, bis die eigentliche Melodie beginnt. Es ist eine unglaublich traurig klingende Klaviermelodie, die Gänsehaut bei mir auslöst und sofort habe ich wieder dieses Gefühl von Unwohlsein, genau wie auf dem Nachhauseweg. Als er schließlich ein paar einfache Töne zu summen beginnt, weiß ich schon, dass ich das Lied wieder mögen werde. Aber als dann der Text folgt, mache ich mir eigentlich bloß noch Gedanken darum.
DU LIEST GERADE
IVORY KEYS - [tsukkiyama]
Fanfiction☆ . * ---「🎹」--- * . ☆ tsukishima x yamaguchi b o y × b o y fluff & angst