Kapitel 17

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Kimmy schiebt ihre Wasserflasche in den Schulrucksack, bevor sie sich die Lederjacke überstreift und in ihre schwarz-weißen Nike Performance schlüpft. Finn hat gestern gefragt, ob er sie mit seinem Motorrad mit zur Schule nehmen soll, sodass Kimmy nicht mit dem Bus fahren muss. Einen Moment hat Kimmy gezögert – ihre Eltern haben ihr nicht ohne Grund verboten, den Führerschein selbst zu machen -, doch als Finn ihr versichert hat, dass er eine zweite Jacke und einen zweiten Helm hat, hat Kimmy eingewilligt. Gerade, als sie ihre Schnürsenkel der Sportschuhe an den Seiten in die Schuhe steckt, vibriert ihr Handy auf der kleinen Kommode neben ihr. Kimmy erhebt sich, entsperrt das Handy und öffnet WhatsApp. Sie überfliegt kurz die Nachricht von Finn, dass er draußen auf sie wartet, schiebt das Handy in die Jackentasche ihrer Lederjacke und verschließt den Reißverschluss mit einer Hand, während sie den Rucksack hochhebt und das Haus verlässt. Noch während Kimmy mit der Hand die Tür hinter sich zuzieht, erblickt sie schon Finn, der neben seinem rot-blau-weißen Motorrad steht. Seine Haare sind ein wenig zerzaust, wahrscheinlich wegen seinem Helm, doch in der Kombination mit seinen blauen Augen sieht er trotzdem wirklich heiß aus. Das nimmt selbst Kimmy wahr. Sie lächelt, als sie die zwei Stufen der Treppe hinunterläuft und auf Finn zukommt. Er erwidert ihr Lächeln und nimmt sie zur Begrüßung kurz in den Arm. Wieso kann sie Finn einfach zu umarmen, obwohl sie ihn kaum kennt? Er könnte genauso gut ein Fremder sein... Kimmy verscheucht die Gedanken.

„Hey", sagt Finn leise, als er sich aus der Umarmung löst und dicht vor Kimmy steht.

„Hey", murmelt sie und streicht sich die Haare, die der Wind ihr ins Gesicht weht, mit einer Hand zur Seite. Finn lächelt, dreht sich dann ein wenig und gibt Kimmy eine Motorradjacke und einen Helm. Kimmy nimmt beides entgegen und streift es sich über.

***

Jez stützt den Kopf auf die Hand und dreht seinen Stift zwischen den Fingern. Wieder einmal steht Latein auf seinem Stundenplan und er hat komplett keine Ahnung, um was sich der Unterricht heute dreht. Diesmal liegt es aber nicht daran, dass er sich nicht bemüht dem Unterricht zu folgen, sondern daran, dass er Latein einfach nicht versteht. Er sitzt neben Florian, ein Junge, der auch erst seit kurzem beim SuS spielt und in eine von den unzähligen Parallelklassen von ihm geht. Dieser lehnt sich ein Stück zu Jez herüber und flüstert:

„Verstehst du überhaupt irgendwas?" Jez seufzt und deutet ein Kopfschütteln an.

„Kein bisschen", murmelt er leise und zuckt im nächsten Moment zusammen, als die Stimme des Lateinlehrers durch das Klassenzimmer schallt.

„Jez! Wenn du dich am Unterricht schon nicht beteiligst, dann sei wenigstens leise." Das war wieder einmal so klar! Er hat zum ersten Mal in der gesamten Lateinstunde den Mund aufgemacht und er redet angeblich die ganze Zeit! Als Antwort auf die unberechtigte Zusammenfaltung, presst Jez die Lippen aufeinander und sieht desinteressiert an die Tafel. Das reicht dem Lehrer, dessen Namen Jez nicht einmal mehr weiß, um den Unterricht fortzusetzten.

„Sorry", murmelt Florian ganz leise, sodass eigentlich nur Jez es hören kann, doch wieder schallt die Stimme des Lehrers, diesmal unangenehm laut, durch das Klassenzimmer.

„Raus!" Man kann deutlich die Anspannung im Gesicht des Lehrers sehen, der mit einer Hand Richtung Tür zeigt. Jez hebt die Augenbrauen. Er hat jetzt mit allem gerechnet, aber nicht, dass der Lehrer ihn meint.

„Ich?", fragt er deshalb nach.

„Sofort!" Kommt nur als Antwort, doch Jez rührt sich keinen Zentimeter.

„Ich habe doch gar nichts gemacht!", verteidigt er sich. Und eindeutig, entweder, er ist wirklich, wie Kimmy es sieht, ein wirklich guter Schauspieler, oder er meint es wirklich ernst. Dass kann man erkennen.

No tear flows without a reason!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt