Mal was längeres, hoffe, es gefällt euch:)
Lasst doch gerne mal eure Meinung daSicht Tim
„Tim" höre ich Jan hinter mir als ich gerade meine Jacke an der Garderobe des Clubs abgebe und drehe mich sofort zu ihm um. Wenn seine Stimme so stark zittert, ist das meistens kein gutes Zeichen. „Alles gut?" erkundige ich mich besorgt. Ich kenne ihn zu gut, um zu erkennen, dass meine Frage eigentlich überflüssig ist. Irgendwas passiert gerade mit ihm. Bekommt er einen Anfall? Fuck. Vielleicht sind selbst hier die flackernden Lichter von der Tanzfläche hinter uns schon zu stark für seine Epilepsie. Alles spricht dafür. Allein, dass er mir keine Antwort mehr gibt, sondern nur abwesend in die Luft starrt, lässt meine Alarmsirenen schrillen. Als er die Augen verdreht, trete ich schnell auf ihn zu. Gerade rechtzeitig fange ich ihn auf als er tatsächlich zu krampfen beginnt. Ich lag also mal wieder richtig mit meiner Vermutung. Behutsam trage ich meinen besten Freund aus dem Eingangsbereich hinaus in die kühle Nacht. Vorsichtig lege ich ihn draußen auf den Boden und hoffe, dass das Gras unter seinem Kopf dafür sorgt, dass er nachher nicht ganz so starke Schmerzen hat. Gänsehaut breitet sich auf meinen Armen aus als sich Schaum vor seinem Mund bildet. Es bricht mir jedes Mal das Herz, Jan so zu sehen und nichts tun zu können. Es ist schrecklich, nicht eingreifen zu können. In diesen Momenten ist er ein komplett anderer Mensch und ich habe riesige Angst um ihn. Was, wenn er stirbt, weil er keine Luft mehr bekommt? Ich kann nicht ohne ihn. Jan ist meine Stütze im Leben und ich wüsste nicht, was ich ohne ihn machen sollte. Eigentlich glaube ich nicht an Gott, aber immer, wenn ich einen Grand mal Anfall von ihm miterlebe, kommt dieser Wunsch in mir auf, dass dort vielleicht doch jemand ist, der auf ihn aufpasst und dafür sorgt, dass der Anfall nicht lange dauert. Und auch diesmal wird mein Gebet erhört. Zwar erst nach einigen Minuten, in denen ich panisch mit Marion geschrieben habe, aber immerhin. Ein Gefühl der Erleichterung breitet sich in meinem ganzen Körper aus als sich Jan langsam wieder entspannt. Behutsam greife ich nach seiner Hand und drücke sie vorsichtig. Ich weiß zwar, dass er wahrscheinlich noch nichts um sich herum mitbekommen wird, aber ich möchte ihm das Gefühl geben, dass ich für ihn da bin. Vielleicht merkt er es ja doch. Einige Minuten hocke ich also neben ihm und warte darauf, dass er seine Augen öffnet und mir so zeigt, dass es ihm halbwegs gut geht. Leise seufze ich. Ich hätte wissen müssen, dass die Lichter hier einen Anfall auslösen. Ich hätte ihn verhindern können. Ich hätte Jan niemals in diesen Club bringen dürfen. Nur wegen mir geht es ihm jetzt schlecht. Panisch zucke ich zusammen als er erneut zu krampfen beginnt. Noch ein Anfall? Warum das denn? Was passiert gerade mit ihm? Mir schießen Tränen in die Augen während er wieder seinen Rücken durchstreckt und seinen Kopf wie wild hin und her wirft. Ich will nicht, dass er stirbt! Ich brauche ihn doch! Wäre es besser, wenn ich den Notarzt anrufe? Was, wenn der Krampf noch länger dauert? Gerade als dieser Gedanke in meinem Hirn herumgeistert, kommt mein bester Freund wieder zur Ruhe. Ist jetzt endlich alles vorbei? Ganz entspannt liegt er neben mir und ich wische mir schnell durch die Augen, damit niemand meine Tränen sieht. „Tim?" flüstert mein bester Freund nach einer Weile leise und blinzelt geschafft. „Alles ist gut. Ich bin hier" lächle ich beruhigend und er nickt müde. Diese Minuten müssen seinem Körper viel Energie geraubt haben. „Ich hatte einen Anfall oder?" fragt er nach einer Weile, in der er wieder einigermaßen zu sich gekommen ist. „Ja, zwei. Deswegen habe ich dich rausgetragen" erkläre ich ihm „Danke" lächelt er dankbar. „Wie lange haben die Anfälle gedauert?" erkundigt sich Jan und ich überlege kurz „Der eine war ein bisschen länger, vielleicht vier Minuten und der zweite ungefähr zwei" nachdenklich mustert er mich „War es sehr schlimm mitanzusehen?" Bedrückt senke ich den Kopf. Was soll ich antworten? Ich will ihn nicht anlügen, aber auf der anderen Seite möchte ich auch nicht, dass er sich schuldig fühlt. Er kann nichts für seine Krankheit. „Ganz ehrlich? Ja. Jeder Anfall von dir ist schrecklich, weil ich einfach nichts tun kann" gestehe ich unsicher während er sich langsam aufsetzt. „Das stimmt doch gar nicht, Tim. Ich bin dir so dankbar, dass du mich aus dem Club gebracht hast und bei mir geblieben bist" wirft er ein und umarmt mich fest. Niedergeschlagen schließe ich die Augen und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Seine Worte helfen zwar ein bisschen, doch die Schuldgefühle bleiben. Ich hätte ihn nicht in diesen Club bringen dürfen. „Wie geht es dir jetzt?" will ich wissen während wir uns von einander lösen „Mein Kopf" stöhnt er und hält sich gequält den Schädel, wie so oft nach seinen Anfällen. „Kannst du aufstehen? Oder soll ich dich zum Auto tragen?" schmunzle ich, doch er winkt ab „Passt schon." Zusammen laufen wir also zu meinem Wagen und ich lasse Jan neben mir auf dem Beifahrersitz Platz nehmen. Geschafft lehnt er seinen Kopf an die Fensterscheibe und scheint schon nach einigen Minuten eingeschlafen zu sein. Er braucht jetzt wirklich Ruhe. Nachdenklich beobachte ich ihn an einer roten Ampel. Warum kann er nicht gesund sein? Er hat diese Krankheiten nicht verdient.
Eine halbe Stunde später parke ich vor Jans Wohnung und versuche ihn behutsam aufzuwecken, was sich als schwieriger erweist als ich es gedacht hätte, da er mal wieder schläft wie ein Stein. „Jan?" lache ich als er mich wenig begeistert anbrummt. „Wir sind da" verschlafen öffnet er seine Augen und blickt mich müde an „Ich will schlafen" nuschelt er, sodass ich aus dem Wagen steige und seine Tür öffne. „Dann solltest du aussteigen" grinse ich und wuschle ihm belustigt durch die Haare. „Kommst du noch mit hoch?" bittet er mich und schlurft zur Eingangstür des Mehrfamilienhauses. „Kann ich machen. Ich muss ja aufpassen, dass du nicht im Stehen einschläfst" Während er im Badezimmer verschwindet, um zu duschen, lasse ich mich auf seinem Sofa nieder. Klar, könnte ich jetzt auch schon nach Hause fahren, aber ich mache mir Gedanken um Jan. Allein, dass sich Gisela kaum zu Wort meldet, bereitet mir Sorge. Naja, vielleicht ist er auch einfach nur müde. Der Anfall war bestimmt wieder anstrengend für seinen Körper. Die Tür des Badezimmers öffnet sich und ich versuche, mir die Angst um meinen besten Freund nicht anmerken zu lassen als er auf mich zu kommt. Er soll von meinen Gedanken nichts mitbekommen- auch, wenn wir sonst über alles reden. „Ich bin so fertig" stöhnt er und lässt sich neben mich auf die Coach fallen. Nachdenklich mustere ich ihn. Was ein paar Minuten auslösen können! Vor dem Clubbesuch war er noch total fit! „Und sonst? Tut dein Kopf noch sehr weh?" erkundige ich mich und er nickt gequält. „Es fühlt sich so an, als ob viele kleine Bohrmaschinen in meinem Gehirn herum bohren." beschreibt er und ich erhebe mich „Dann solltest du jetzt ganz schnell schlafen, damit es dir morgen besser geht" unsicher nickt er und steht ebenfalls auf. Schon wieder sieht er so aus, als ob ihn etwas bedrückt. „Ist alles in Ordnung?" hake ich deswegen nach. Vielleicht spürt er ja wieder, dass er einen Anfall bekommt, so wie im Club. „Hm, ja" murmelt er nur und blickt zu Boden „Sicher?" ergeben schüttelt er den Kopf „Was ist los? Kann ich dir irgendwie helfen?" erkundige ich mich und setze mich neben ihn auf die Bettkante. „Ich...also..." stammelt er und vergräbt sein Gesicht in seinen Händen. Fast so, als wenn er sich nicht trauen würde, mich anzusehen. „Kannst du hier schlafen? Ich hab Angst, dass noch einer kommt" spricht er seinen Wunsch aus und ich schüttle lächelnd den Kopf. Manchmal ist Jan ja schon ziemlich niedlich. Als ob ich nein sagen würde! Ihm geht es schlecht, also bleibe ich bei ihm. „Klar, mache ich." versichere ich ihm „Ich hab ja noch ein paar Sachen von mir hier, dann geh ich auch schnell duschen, ok?" dankbar umarmt er mich, sodass ich lachen muss „Weißt du, ich hab sowieso überlegt, ob es besser wäre, wenn ich hier schlafe. Du wirkst irgendwie noch nicht ganz wie der normale Jan" gebe ich zu und er zuckt mit den Schultern „So fühle ich mich auch noch nicht" gesteht er ehrlich und macht es sich bequem. „Bis gleich. Schrei einfach, wenn was ist" verabschiede ich mich während ich aus dem Schlafzimmer ins Badezimmer laufe. Als das warme Wasser auf mich nieder prasselt, spüre ich, wie auch mich die Müdigkeit übermannt. Vielleicht war es doch gut, dass wir nicht feiern waren. Ein bisschen mehr Schlaf würde besonders mir mal ganz gut tun. Die letzten Tage habe ich nämlich immer bis zwei Uhr nachts an neuen Videos geschnitten. Leise schleiche ich nach dem Anziehen in Jans Schlafzimmer und lasse mich neben ihm nieder. Schnell schreibe ich noch Marion, dass es ihrem Sohn wieder einigermaßen gut geht und ich die Nacht über bei ihm bleibe, um auf ihn aufzupassen. Sie soll sich keine unnötigen Sorgen um ihn machen. Ich schalte mein Handy aus und lege es neben mich auf das Bettlaken. Ein Blick zu meinem besten Freund reicht, um zu sehen, dass er bereits eingeschlafen ist. Leicht lächle ich: er sieht immer so friedlich aus, wenn er schläft. In diesen Stunden existiert weder seine Epilepsie noch Gisela und er kann neue Kraft tanken. Ich schlinge meinen Arm um seinen Bauch und rücke näher an ihn heran. Tief atme ich seinen Geruch ein und schließe ebenfalls die Augen. Vielleicht hilft seine Nähe ja, dass meine Angst um ihn geringer wird. Ich würde es schließlich sofort mitbekommen, wenn es ihm erneut schlecht geht. Leise seufze ich: Niemals will ich diesen wundervollen Menschen verlieren.
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Gewitter im Kopf OS
FanfictionKurzgeschichten zu den Jungs von Gewitter im Kopf :) Best Ranking: #2 GewitterimKopf || 16.03.2020