12~Heuschrecken

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Seit Anfang 2020 kämpfen die Menschen gegen die schlimmste Heuschrecken-Invasion, die die Region seit mehr als 25 Jahren erlebt hat. Und die Tiere breiten sich immer weiter aus: Im Juli erreichten einige Schwärme Südasien. Für August erwartet die FAO einen »erheblichen Anstieg der Heuschreckenzahlen« in Indien und Pakistan. Die aktuelle Lage wird fortlaufend auf der Website »Locust watch« dokumentiert."

Heuschrecken sind entweder Einzel- oder Schwarmgänger. Ein Schwarm kann Milliarden Tiere umfassen und dieselbe Menge an Nahrung wie 35 000 Menschen vertilgen.

Erste Ansätze zur Vorhersage und Kontrolle von Heuschreckenschwärmen könnte ein neuerdings entdeckter Stoff bringen: 4-Vinylanisol (4VA). Eine süßlich riechende Substanz, die auch in manchen Pflanzen, zB Rosen, enthalten ist. Sie wird von den Heuschrecken jedoch erst hergestellt, wenn mindestens drei andere Tiere in der Nähe sind und die produzierte Menge steigt, je größer die Schwärme werden.

Weiterhin hat man erforscht, welcher der 140 in den Körpern der Locusta migratioria (europäische Wanderheuschrecke vorkommenden Proteine für die Erkennung zuständig ist und somit als Rezeptor für 4VA fungiert. Der gefundene Stoff nennt sich OR35.

Hier kommen wir nun zu einer Methode, die effektiv sein mag, aber durchaus ethisch bestreitbar ist und definitiv noch nicht ausgereift ist: CRISPR-Cas. Das ist mehr oder weniger ein Stoff, mit dem sich Gene gezielt verändern lassen. Im Labor hat man jetzt einige Exemplare der Locusta migratoria hergenommen und das Gen, das für das Erkennen von 4VA zuständig ist, also OR35, so verändert, dass die Tiere auf 4VA nicht mehr reagiert haben.

In anderen Fällen wurden gentechnisch veränderte Insekten übrigens bereits in unseren Ökosystemen eingesetzt. Wie und ob diese genmodifizierten Heuschrecken sich jetzt aber durchsetzen würden und welche Auswirkungen das auf die Ökosysteme hätte, ist nicht einschätzbar. Allerdings waren diese Laborversuche nur mit der europäischen Heuschreckenart durchgeführt. Beide Heuschreckenarten gehören zwar zur selben Familie, es handelt sich aber um unterschiedliche Gattungen.

Der Naturschutzbiologe A. Hochkirch sagt, es käme darauf an, ob die Sensitivität für das Phermon (4VA) vor oder nach der Absplittung beider Arten entstanden sei. Eine mögliche Anwendung dieser Entdeckung könnte darin bestehen, die Tiere in Fallen zu locken mit künstlich platziertem 4VA, das ihnen einen Schwarm ihrer selbst vorgaukelt. „So etwas könne nur funktionieren, wenn eine Population noch nicht zu groß ist", bringt A. Hochkirch jedoch ein entscheidendes Argument, denn: Solch konzentrierte Mengen wie ein großer Schwarm produziert an 4VA lassen sich kaum anderweitig erstellen.

Ein anderer möglicher Weg wäre, einen Stoff zu finden, der den bereits bekannten Rezeptor OR35 einfach blockiert, womit er somit als Gegenmittel zu 4VA fungiert. Wie bei allen Stoffen muss natürlich erstmal erforscht werden, wie dieser sich auf andere Lebewesen – insbesondere dem Menschen – auswirkt.

Doch da liegt auch das Problem: da europaweit nahezu kein Problem mit Heuschrecken vorliegt, sind die Förderungsgelder auch entsprechend klein. Tatsächlich so klein, dass akut niemand an der Heuschreckenbekämpfung arbeitet in Europa.

Um noch einmal weg von der Forschung, hin zur aktuellen Lage zu schwenken: 25mio Menschen sind von Lebensmittelknappheit betroffen und die Heuschrecken sind noch lange nicht fort. Die gestarteten Hilfsprogramme wurden von schweren Regenfällen und Einfuhr- und Lieferkettenunterbrechungen, dank Covid19, in ihrer umfangreichen Aufgabe auch noch behindert. Es könnte besser aussehen.

http://www.fao.org/fileadmin/user_upload/faoweb/Themes__pages/Locust/locust480_web.mp4 ein Link zu einem kurzen Video.

Dieses Kapitel hat die Liebe Flamesofhope geschrieben. Vielen Dank dafür! :)

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