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Irgendwann war der Schultag dann vorbei.
Ian und ich fuhren nach Hause, nachdem er sich von Nadine verabschiedet hatte.
Sie war eine totale Dramaqueen und hat sogar geweint.
Sie sagte, sie wolle nicht zurück in die "Hölle", wie sie mein Zuhause nannte.
Als wir bei den Hostermans angekommen waren, kam Ian zu mir in Nadines Zimmer, setzte sich auf ihr Bett und sagte:"Es tut mir übrigens leid. Dass deine Eltern geschieden sind, meine ich."
"Was?",fragte ich verwirrt, während ich am Schreibtisch saß und versuchte Nadines Hausaufgaben zu erledigen.
"Naja, Nadine sagte, du hättest Zuhause nicht mal einen Vater."
"Ja, weil er tot ist", antwortete ich. Dieses Gesprächsthema mochte ich nicht. Auch, wenn ich meinen Vater nie gekannt habe, war sein Tod für mich ein wunder Punkt - vermutlich weil ich ihn einfach gerne gekannt hätte, aber keine  Gelegenheit dazu hatte.
"Oh, das wusste ich nicht, tut mir leid", erwiderte er und sah ehrlich betroffen aus, während er seine Hände im Schoß knetete.
"Schon okay, ich habe ihn nie kennengelernt"
"Naja, vielleicht ist er ja ein Gott.",sagte er und schmunzelte.
"Kann es sein, dass du auf  »Percy Jackson« anspielst?", antwortete ich und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen.
"Ja, vielleicht", erwiderte er und lachte auch.
Er war so schön. Er musste ein Gott oder zumindest ein Halbgott sein.
"Wer wäre denn dein göttliches Elternteil?", fragte ich.
"Vermutlich Athene", antwortete er schulterzuckend. "Und deins?", fügte er hinzu.
"Jetzt gerade wäre es vermutlich auch Athene - ich meine, wir sind Zwillinge", sagte ich und kicherte.
"Und wenn du du bist?"
"Dann wahrscheinlich Demeter"
"Cool"
Irgendwie gefiel es mir, mich mit ihm zu unterhalten.
Denn wir redeten über ein Thema, das mir sehr zusagte und das ganze wurde von einem heftigen Kribbeln in meinem Magen begleitet.
Ich war nicht dumm und wusste, was das zu bedeuten hatte - aber das war einfach albern und unrealistisch.
Ich musste mir sowas definitiv aus dem Kopf schlagen.
"Und dein Hogwartshaus", fragte er schmunzelnd.
"Ravenclaw, denke ich. Deins?"
"Wahrscheinlich Hufflepuff"
Ich musste lächeln.
"Das dachte ich mir"
"Wieso?", fragte er verwirrt.
"Nur so ein Gefühl"

Ich fasste den Entschluss, dass Ian ein guter Typ war.
Elery, die in ihn nur einen beliebten Badboy sah, hatte sich getäuscht.

"Und du gehst gleich ins Kino?", fragte ich obwohl ich die Antwort kannte.
"Ja", antwortete er schlicht und wirkte plötzlich genervt.
"Magst du Kinos nicht?", fragte ich. Allerdings konnte ich mir das kaum vorstellen: Kinos waren einfach toll, da gab es nichts, was man nicht mögen konnte.
"Jeder mag Kinos", antworte er.
Tja, ganz meine Meinung.
"Was ist es dann?"
"Nadine hat so ein Treffen arrangiert. Mit Elery Johnson."
Und hier schloss sich der Kreis - so wollte Nadine Elery also mit ihm helfen.
"Ein Zwangs-Date quasi. Naja, vielleicht ist sie ja nett", antwortete ich schulterzuckend.
Ja, Elery war nett. Zumindest zu Nadine. Wie sie mich behandeln würde wusste ich natürlich nicht.
Aber die Vorstellung eines Dates zwischen ihr und Ian behagte mir trotzdem nicht.
"Sie ist nett. Aber leider absolut nicht mein Typ.",antwortete er und lachte aus irgendeinem Grund.
"Was ist dann dein Typ?", fragte ich.
Langsam hatte ich das Gefühl, dass ich in Nadines Körper irgendwie mutiger war.
So etwas hätte ich einen Jungen doch sonst niemals gefragt.
Meine Logik hinkte allerdings gewaltig: Immerhin wusste Ian, wer ich wirklich war, weshalb ich eigentlich gar keinen Grund zum Übermut hatte.
"Ich weiß nicht", antwortete er und klang dabei ein wenig bedauernd.
Nach ein paar Sekunden Stille sagte er plötzlich:"Du kannst ja mitkommen ins Kino. Das würde keiner seltsam finden, immerhin bist du im Körper meiner Schwester und Elery ist ihre beste Freundin."
Mein Herz schlug schneller und am liebsten wäre ich aufgesprugen und hätte, "Ja, ich will!", gerufen.
Aber das ging nicht.
"Ich sollte besser hier bleiben. Elery will mit dir alleine sein. Wenn ich mitkomme reißt sie mir sicher den Kopf ab."
"Stimmt auch wieder", antwortete er schmunzelnd.
Ich musste auch schmunzeln.

Loser with a ChanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt