Kapitel 2: Verborgenes Glück

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Es war schon spät, als Sam von der Jagd zurück in sein kleines Heimatdorf Arrowen kam. Zuhause würden ihn schon seine Frau Lianna und sein kleiner Sohn Connar – und natürlich auch ein leckerer Eintopf – erwarten. Gut gelaunt trottete er pfeifend durch die kleinen Straßen des Dorfs. Als er die Hälfte des Weges hinter sich hatte, fing es an zu schneien. Die unzählbaren Schneeflocken tänzelten im leichten Wind durch die Luft. Sam blickte in den bedeckten Himmel, seufzte und zog seine Mütze enger auf seinen Kopf. Mit einem Seil trug er einen erlegten Fuchs und Hasen auf dem Rücken, einige der wenigen Tiere von denen sie sich im harten Winter Ellanons noch ernähren konnten.                                                                                                                                   Aber es könnte ihnen auch schlechter gehen – vor allem in diesen Zeiten. Einige hatten kein Heim mehr und mussten auf der Straße leben, da ihr Haus Teil einer riesigen Feuerschneise zwischen dem Simula-Gebirge im Nordwesten und der gefallenen Hauptstadt geworden war. Als die Nachricht vom Fall des Königs die Bewohner von Arrowen erreicht hatte, erinnerten sie sich alle wieder an die Furcht vorm Ewigen Krieg und daran, dass er noch lange nicht vorbei war. Er hieß ja nicht umsonst Ewiger Krieg. Diese Nachricht riss bei den Älteren, die noch in früheren Schlachten mitgekämpft hatten, alte Wunden wieder auf und die Jüngeren hatten Angst um ihre Zukunft und die ihrer Kinder.                                                                                                                                             Zu diesen gehörten auch Sam und Lianna. Sie wollten nicht, dass ihr Sohn eine ebenso schwere Kindheit wie sie hatte, während sie nur hoffen konnten, dass die Schlachten ausblieben, auf sich warten ließen und weit weg von ihrem kleinen Dorf ausgetragen wurden. Aber etwas anderes als hoffen blieb ihnen in dieser Zeit nicht mehr übrig...                                                                                      Sam seufzte erneut und musste sich zwingen, nicht mehr daran zu denken, was im Rest der Welt gerade vor sich ging. Als er schließlich zuhause ankam, traute er seinen Augen nicht. Vor der verschneiten Türschwelle des Hauses lag etwas Kleines, das in ein blaues Tuch eingewickelt war. Kein Zweifel, es musste ein Kind sein, das von seinen Eltern ausgesetzt worden war. Sam hob das kleine Ding staunend hoch und ihn blickten zwei große, smaragdgrüne Augen an. Einige Schneeflocken ließen sich auf den rabenschwarzen Haaren des Kindes nieder und eine Flocke landete sogar auf der Stupsnase des Kleinen. Ein leises, hohes Niesen hallte durch die Straße und ließ Sam schmunzeln. Er tätschelte vorsichtig den Kopf des Babys und fasste einen Entschluss.                                                                                                                                                                            So machte er die Haustür auf, trat über die Schwelle in den Flur und rief: „Guten Abend, Liebling! Ich bin wieder zuhause! Und ich habe etwas gefunden!" Lianna trat verwundert durch die Küchentür. „Und was?" wollte sie wissen. Connar schlief friedlich in ihren Armen. Als sie das kleine Kind in den Armen ihres Mannes erblickte, strahlte sie vor Freude. „Oh, Sam." Lächelnd ging sie zu ihrem Mann und fuhr sacht mit den Fingern über die Wange des Babys. „Es lag vor unserer Haustür. Wir wollen sowieso mehrere Kinder haben. Also könnten wir es doch adoptieren, oder?" Lianna nickte glücklich. „Ja, natürlich!" Er zog außerdem noch einen kleinen Brief aus der Jackentasche. „Der war mit dabei. Ich lese ihn vor: Wir bitten Sie inständig, sich um unsere Tochter zu kümmern. Vielen Dank, die Götter mögen euch segnen." „Was wohl mit ihren Eltern passiert ist?" Lianna fuhr durch die Haare des Mädchens und betrachtete sie mit Mitleid. „Weiß ich nicht. Vielleicht waren sie Überlebende aus Ellindor, konnten sich aber nicht mehr um sie kümmern? Wie dem auch sei, jetzt ist sie bei uns und wir werden sie beschützen." Seine Frau nickte. „Hat sie denn gar keinen Namen?" wollte Lianna wissen. Sam schüttelte den Kopf. „Das steht da nicht. Wollen wir einen aussuchen?" Lianna nickte auf seine Frage. „Gut, und welchen?" Sie schlug einen Namen vor: „Ich finde Elea schön. Und er passt, meiner Meinung nach, zu ihr." „Elea..." erwiderte er nachdenklich. „Ja, du hast recht. Der Name passt perfekt zu der kleinen." Nun wendete Sam sich seinem Sohn zu, der inzwischen aufgewacht war und seine Eltern und den Säugling in Sams Armen neugierig beäugte. ,, Guck mal, Connar, du hast jetzt eine Schwester."

Kara - Das Herz der ElfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt