Kapitel 4: Dahmon

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„Was ist ihm passiert? Wie hat er sich so stark verletzt?" fragte Lianna aufgeregt. Sie stellte mit Eleas Hilfe hastig alle Sachen beiseite, die auf dem großen Holztisch in der Küche standen. Während Sam den schwerverletzten Jungen auf den Tisch legte, antwortete er: „Er wurde wahrscheinlich von den Wölfen, die wir gejagt haben, angegriffen." „Wahrscheinlich?" Elea sah den Jäger fragend an. „Ich hab ihn erst gefunden, nachdem wir die Wölfe bekämpft und erlegt haben. Ich wollte nachsehen, ob noch mehr von ihnen da waren. Als ich ihn zwischen den Bäumen gefunden hatte, sah er bereits so aus wie jetzt." Lianna schnitt mit einem Messer die Stofffetzen vom Leib des Jungen. Das gab den Blick auf riesige Biss- und Kratzwunden und Unmengen blauer Flecken frei. Aus den Wunden floss unnatürlich viel Blut. „Bei den Göttern" hauchte die Heilerin erschrocken. „Kannst du ihn retten?" fragte Elea sie mit hoher Stimme. Angst stieg in ihr auf. „Er verliert sehr viel Blut. Aber er kann es noch schaffen" erwiderte sie. „Elea, du musst mir helfen, ihn zu heilen." Das Mädchen nickte. „Gut", sagte ihre Mutter, „Elea, nimm einen sauberen, nassen Lappen und reinige damit seine Wunden. Wenn Schmutz in sie kommt, könnten sie sich entzünden." Elea legte vorsichtig den Lappen auf eine Wunde an der Brust des Jungen. Er atmete scharf ein und verkrampfte sich, als der nasse Stoff seine Wunde berührte. „Alles ist gut", beruhigte sie ihn, „Wenn ich deine Wunden nicht säubere, werden sie noch schlimmer wehtun." Ihr war es egal, ob er sie überhaupt in seiner Ohnmacht hören konnte. Nachdem die Wunden gereinigt waren, kam Lianna aus der Vorratskammer zurück. In den Händen hielt sie ein Glas, in dem eine hellgrüne Tinktur aufbewahrt wurde. Sie stellte das Glas zunächst beiseite und holte aus ihrer Schürzentasche Nadel und Faden. „Diese Wunde", sie zeugte auf eine sehr große Verletzung, die sich von seiner linken Seite hoch bis zum Ansatz seiner Schlüsselbeine zog, „Sie muss genäht werden. Sie ist zu tief und verheilt sonst nicht. Unter normalen Umständen würde ich ihm ein Mittel geben, das die Schmerzen verringert, aber die Zeit reicht dafür nicht mehr. Elea, du musst ihn festhalten. Das wird jetzt sehr schmerzhaft für ihn." Elea konnte Mitleid in ihrer Stimme heraushören. Als sich die Nadel in das Fleisch des Jungen bohrte, öffnete er kurz die Augen, presste sie dann aber wieder zu Schlitzen zusammen und schrie auf, als ob er unter Höllenqualen litt. Elea musste richtig zupacken, um zu verhindern, dass er sich, um den Schmerzen zu entgehen, wegdrehte und vom Tisch herunterfiel. Die ganze Zeit, während Lianna die Wunde nähte, schrie er oder sog zwischen zusammen gebissenen Zähnen Luft ein. Nach einer halben Ewigkeit sagte Lianna schließlich: „Fertig." Erleichtert ausatmend wischte sie sich die Schweißperlen von der Stirn. „Verteilst du bitte diese Creme auf seinen Wunden, während ich eben Verband und Heilkräuter hole?" bat sie ihre Tochter. „Ja natürlich" Elea nickte, nahm das Glas in die Hand und drehte sich zu dem Jungen um. Er atmete schnell und angestrengt. Seine Augen waren geschlossen. Sein bleiches, beinahe schneeweißes Gesicht hatte einen angespannten Ausdruck angenommen. Seine schwarzen Haare klebten vor Schweiß an seiner Stirn und im Nacken. Elea schmierte vorsichtig die Tinktur auf seine Wunden. Danach legte Lianna die Blätter einiger Heilkräuter auf die Kratzer und verband die Wunden anschließend. „Die kurierende Wirkung der Blätter sollte den Heilungsprozess beschleunigen", meinte sie zu Elea. Das Mädchen nickte und gab Sam und Connar Bescheid, dass sie die Wunden behandelt hatten. Sam trug den Jungen behutsam zum Bett im kleinen Gästezimmer, legte ihn darauf und deckte ihn zu. „Jetzt heißt es nur noch warten, bis er aufwacht" meinte er dann.

Kara - Das Herz der ElfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt