11; Linus

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,,Können wir heute bitte auf der Insel bleiben? Ich würde sie gerne wiedersehen, wenn ich schon hier bin, wer weiß, wann wir wieder hier einkehren. Oder hast du heute schon den ganzen Tag verplant und möchtest das lieber machen?"

,,Nein, gern, heute war nichts geplant, erst Morgen wieder."

,,Perfekt, dann lass uns einen Rucksack packen, du hast doch einen hier, oder?"

,,Natürlich habe ich einen anständigen Rucksack hier."

,,Dann packen wir da die Sachen für ein kleines Picknick rein, ach das wird bestimmt wundervoll. Die Frage ist nur, ob du genug Lebensmittel dafür hier hast."

,,Klar doch."

Amelie strahlt, bevor sie in ihre Hände klatscht. Daraufhin wuselt sie wie eine Arbeiterbiene durch die Hütte und holt immer mehr Gegenstände aus Schubladen, Taschen und Schränken, die sie auf dem Küchentisch drapiert, der mir zusehend immer kleiner erscheint über dem Berg. Theoretisch würde ich ihr gerne helfen, aber ich weiß, dass ich ihr bei dem Versuch nur im Weg stehen würde und das kann sie richtig sauer machen, daher bleibe ich, natürlich nur um den unvermeidlichen Streit durch mein Einmischen zu verhindern, seelenruhig am Küchentisch sitzen und trinke ganz gemütlich meine Tasse Kaffee weiter.

,,Möchtest du mir nicht helfen?"

,,Wie kann ich denn helfen?"

,,Hol den Rucksack und pack die Sachen ein."

,,Gut."

,,Danke!"

Als ich mit dem hellgrauen Rucksack zurück in der Küche bin, muss ich mir ein Lachen schmerzlich unterdrücken. Amelies Stapel muss einen Stoß bekommen haben, denn er kippt unaufhörlich zur Kante und die unteren Teile, sowie ganz oben vereinzelte, würden sicherlich längst den gefliesten Küchenboden bedecken, wenn die junge Frau dies nicht mit vollem Körpereinsatz verhindern würde. Ihre Arme hat sie unter den Teil des Berges geschoben, der über die Kante hinausgeschossen ist und ihr Kinn versucht die Spitze zu stabilisieren.

,,Lach nicht, sondern helf mir."

,,Das sieht aber gerade erst spannend aus. Halte das noch kurz, ich hole eben die Kamera."

,,Untersteh dich! Helf mir lieber! Das Zeug ist übelst schwer."

,,Wer soll denn den Rucksack tragen, wenn es so schwer ist?"

,,Ich dachte, dass du ihn trägst, außerdem bist du doch schon groß und stark. Darüber können wir aber auch gleich noch reden, helf mir jetzt erstmal!"

Schmunzelnd beginne ich die Teile von der Spitze nach unten hin auf dem Boden zu verteilen, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass Amelie vor lauter Eifer viel zu viele Teile einpacken wollte. Als alles wirklich Wichtige seinen Weg in den Rucksack gefunden hat, machen wir uns langsam auf den Weg. Die Sonne strahlt vom sonst wolkenverhangenen Himmel auf uns herab, während wir beinahe schweigend immer weiter zum Inneren der Insel vordringen, vorbei an einer kleinen Schlucht, die wir zuvor nicht kannten und dem kleinen See, in dem wir damals nachts schwimmen gingen.

,,Erinnerst du dich an die Nacht, die wir hier verbracht haben?"

,,Wie könnte ich nicht?"

,,Lass uns hier picknicken."

Wir breiten die grüne Decke aus, deren Existenz ich offensichtlich verdrängt hatte, denn kurz halte ich irritiert inne. Ich befreie die Brotdose mit der geschnittenen Kiwi aus der Dunkelheit und befördere die ersten Stücke in meinen Mund, ehe ich Amelie die Gabel vor die Lippen halte und sie den Mund, ohne zu gucken, öffnet. Sie hat sich auf den Rücken gelegt, die Arme unter dem Kopf verschränkt und die Augen genüsslich geschlossen. Bevor ich ihre Position auch einnehmen kann, verdunkelt sich die idyllische Stille und alarmiert schießt mein Blick zu den immer düsterer werdenden Wolkenbergen.

,,Ich glaube, wir sollten zurück, es sieht nach Regen aus."

,,Ach Quatsch, das dauert noch eine ganze Weile."

Genau in dem Moment bricht der Himmel über uns zusammen und es regnet wie aus Eimern, dass wir innerhalb von Sekunden bis auf die Haut durchnässt werden. So schnell es geht, will ich die bisher ausgepackten Dinge einsammeln, doch Amelie bleibt regungslos sitzen und beginnt dann zu lachen. Sie wirft den Kopf in den Nacken und lacht, nicht wie feine Damen es tun, sondern beherzt und ungeniert, ganz herzhaft und sofort erblüht mein Herz gänzlich.

,,Soviel dazu, dass du wohl immer Recht hast."

,,Ich hatte echt gedacht, dass es länger dauern würde. Aber du müsstest dich sehen können, deine Haare... hahaha... sie... du siehst aus... wie... wie ein Schaf. Wieso wusste ich das bisher nicht?"

,,Damit gebe ich nicht an."

,,Es... es ist unfassbar knuddelig."

,,Können wir jetzt bitte zurück?"

,,Wenn ich mit deinen Locken später spielen darf, gern."

,,Gut, dann komm."

AbstandsliebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt