Kapizel 8 - Ivy

8.4K 465 135
                                    


Keine Ahnung wie, aber irgendwie habe ich die zwei Stunden Statistik I, sowie die nachfolgende Übung mehr oder weniger erfolgreich und aufmerksam hinter mich gebracht.

Wahrscheinlich werde ich Summer nach ihren Mitschriften fragen müssen, denn auf meinem Notizblock hat gähnende Leere geherrscht. Seufzend schließe ich die Wohnungstür auf, streife meine Schuhe von den Füßen und stöhne auf, als mein Blick auf das Chaos im Wohnzimmer fällt.

Ich habe völlig vergessen, dass Summer und ich die Reste des asiatischen Essens, das wir gestern geordert haben, sowie die Papierkugeln, aus den Blättern mit meinen Notizen, die wir uns irgendwann an die Köpfe geschmissen haben, einfach liegen gelassen haben.

In die Küche schaue ich erst gar nicht, denn auch dort stapelt sich das Geschirr der vergangenen Woche. Tatsächlich haben wir keinen Putzplan. Mit der Regel, jeder räumt seinen eigenen Dreck weg und wem es zu schmutzig ist, putzt selbst, bin ich anfangs mehr als einverstanden gewesen, denn im Prinzip sind wir damit im Heim auch ganz gut gefahren. Allerdings haben wir dort alle zwei Wochen eine gemeinsame Putzeinheit eingelegt. Diese ist hier auch dringend nötig. Aber ich mache Adam und Rick keine Vorwürfe, wir alle haben die ersten beiden Wochen gebraucht, um im Semester anzukommen und den Haushalt gemeinsam schleifen lassen.

Ich schlurfe in mein Zimmer, um meinen Rucksack abzustellen und meine Kopfhörer zu suchen. Am besten ist es, wenn ich mich gleich um das Chaos kümmere, denn sollte ich mich erst in mein Bett gelegt haben, werde ich heute wohl nicht mehr aufstehen.

Erst auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer, fällt mir auf, dass sowohl Ricks, als auch Adams Zimmertür einen Spalt weit offen steht, was bedeutet, dass die beiden noch nicht Zuhause sind. Gut so, dann kann ich in Ruhe klar Schiff machen.

Zurück im Wohnzimmer will ich mir gerade die Kopfhörer in die Ohren stecken und die Musik aufdrehen, als mein Blick auf etwas fällt.

Ich könnte doch...

Aber das habe ich noch nie gemacht...

Zögernd blicke ich mich in der leeren Wohnung um, als würde einer meiner Mitbewohner sich hinter dem Garderobenschrank verstecken.

Eigentlich ist es ja nichts schlimmes, schließlich bin ich allein.

Landens Worte bei unserem aller ersten Telefonat fallen mir plötzlich wieder ein und sorgen dafür, dass meine Füße mit großen Schritten auf die Stereoanlage zugehen, die neben der Playstation im Fernsehschränkchen steht. Die Boxen sind rechts und links neben dem Fernseher auf dem Schrank positioniert. Ich ziehe meine Kopfhörer aus meinem Handy heraus und stöpsle stattdessen das Aux-Kabel der Anlage hinein. Als ich schließlich meine übliche Playlist anschalten will, schwebt mein Finger noch einige Momente über dem Display.

Will ich das wirklich machen?

Entschlossen tippe ich auf den Play-Button und als die ersten Töne von Atomics Kitten The Tide is High in dröhnender Lautstärker erschallen, breitet sich ganz von alleine ein riesiges Grinsen in meinem Gesicht aus. Alle Zweifel sind verflogen und ich beginne zappelnd durch die Wohnung zu hüpfen.

Noch nie in meinem Leben habe ich derart laut Musik gehört, das ist im Heim einfach nicht möglich gewesen, ohne die anderen zu stören. Vor allem nicht, wenn man meinen Musikgeschmack hat, denn ich lebe für die 90er. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit macht sich Landen darüber lustig. Aber ich stehe dazu.

Die Hausarbeit macht sich tatsächlich fast von alleine. Ich räume den Geschirrspüler aus, wasche die Pfannen und Töpfe, die sich in der Spüle gestapelt haben per Hand, räume das dreckige Geschirr aus dem Wohnzimmer in die leere Spülmaschine ein, beseitige unseren Müll und staubsauge die gesamte Wohnung.

At First SmileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt