Kapitel 15 - Ivy

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Im Endeffekt wird der Abend noch viel beschissener, als ich für möglich gehalten habe. Eine absolute Katastrophe.

Denn als ich von der Toilette zurück komme, sind Keith und Jazmin verschwunden.

Der stechende Schmerz, der sich in meiner Brust beginnt auszubreiten verwandelt sich irgendwann in puren Zorn. Auf mich, auf Keith und auf Jazmin.

Gleichzeitig bin ich aber auch froh, wieder auf dem Boden der Tatsache angelangt zu sein. Denn Keith ist nicht der süße Typ, an den ich den gesamten November über gedacht habe. Er ist und bleibt ein Aufreißer. Es ist besser, wenn ich mir dessen jetzt endlich bewusst geworden bin.

Landen und Adam haben sich den Rest des Abends über das heutige Football-Match unterhalten. Ich habe versucht mich einzubringen, damit ihnen meine schlechte Laune nicht unbedingt auffällt, aber es hat nicht so richtig funktioniert.

Nachdem Jazmin endlich wieder zu uns gestoßen ist, weil Keith scheinbar fluchtartig die Bar verlassen musste, habe ich mich wieder etwas mehr entspannen können. Auch, wenn ich mich wieder einmal frage, was bei ihm Zuhause los ist. Die Sorge in Adams Miene macht es nicht gerade besser.

Gegen Mitternacht sind wir schließlich zurück in unsere Wohnung und ich bin schon lange nicht mehr so dankbar gewesen, die Augen schließen und wegdämmern zu können.

Heute Früh hat die Welt wieder ganz anders ausgesehen. Jazmin, Landen und ich haben Quatsch gemacht wie immer. Jazzy hat sich an Helens Pancakes versucht, die erstaunlich gut geworden sind – die Hälfte des Berges hat Adam verschlungen, bevor er sich mit ziemlich mieser Laune auf den Weg zu seiner Familie gemacht hat. Nach dem Frühstück habe ich Jazmin und Landen die Stadt und den Campus gezeigt, während ich ihnen von meiner Arbeit in der Villa Pusteblume, meinem Studium und Summer berichte.

Es ist ein wundervoller Tag und als wir schließlich mit köstlichen Burgern, die beinahe an die von Harry's rankommen, auf der Couch in unserem Wohnzimmer sitzen und die letzten Minuten des Football-Spiels schauen, wird mir bewusst, wie gut mir der Besuch der beiden getan hat.

Es ist die perfekte Ablenkung zum Uni-Stress gewesen und ich bin so froh, dass mein Bruder und Jazmin den Weg auf sich genommen haben.

„Ich bin dankbar, dass ihr gekommen seid.", sage ich aus einem Impuls heraus, obwohl wir diese Thanksgiving-Tradition für gewöhnlich nicht machen.

Denn wir wissen ganz genau, dass wir dankbar füreinander sind, da brauchen wir keinen Tag im Jahr, um uns das gegenseitig zu sagen.

Jazmin, die an meine Schulter gelehnt daliegt und sich den vollen Bauch hält, grinst mich von der Seite an und Landen drückt lächeln meine Hand.

Aber bevor ich noch sentimentaler werden kann, ist Jazzy aufgesprungen und in Richtung meines Zimmers gelaufen.

„Zeit für meine Überraschung!", verkündet sie, als sie auch schon im Flur verschwunden ist.

Verwundert setze ich mich auf, werfe eine irritierten Blick zu Landen, der aber nur unwissen die Schultern hebt.

Doch Jazmin lässt uns nicht lange im Ungewissen, es dauert keine zwei Minuten, da kommt sie breit strahlend mit einer hellblauen Tasche im Arm auf mich zu und legt den Stoffbeutel vor mich auf das Sofa.

Skeptisch schiebe ich den Stoff auseinander, nur um im nächsten Augenblick erfreut aufzukreischen und ihr in die Arme zu fallen.

„Du hast echt einen Knall!", quieke ich, bin aber schon unterwegs zum Fernseher.

Als Landen sieht, was ich in der Hand halt, stöhnt er genervt auf und lässt sich mit vors Gesicht geschlagenen Händen auf den Rücken fallen.

„Oh nein! Vergesst es! Die Zeiten sind sowas von vorbei!", entfährt es ihm.

At First SmileWo Geschichten leben. Entdecke jetzt