Well I know the feeling, of finding yourself stuck out on the ledge.
And there ain't no healing. From cutting yourself with the jagged edge.
Laid out on the floor and you're not sure, if you can take this anymore.
Nickelback – Lullaby
Mittlerweile war es tiefe Nacht geworden. Der Halbmond stand hoch oben am Himmel und leuchtete über die Stadt. Faith saß auf dem Dach, an einen Schornstein gelehnt und hatte die Knie zu sich gezogen. Sie seufzte und sah über die Skyline der Stadt.
Sie hatte Vincent Unrecht getan, das wusste sie. Ihr Zorn richtete sich nicht gegen ihn, sondern gegen Eric. Und gegen sich selbst. Vincent hatte nur das Pech gehabt, der Tropfen zu sein, der das Fass in Faith zum Überlaufen gebracht hatte. Die Brünette fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und lehnte den Kopf gegen das kühle Gestein. Was war los mit ihr? Wann hatte sie begonnen, sich zu verändern? Was war noch übrig von der alten Faith? Von der Amite in sich?
Bestimmt noch einiges, doch es war mittlerweile unter so viel Asche der Ferox vergraben, dass Faith Mühe hatte, sich daran zu erinnern.
Auf dem Rückweg vom Dach begegnete sie niemandem. Faith war froh darüber. Ihr war jetzt nicht nach reden zu mute. Sie schlich in den Schlafsaal und kroch unter ihre Bettdecke. In wenigen Stunden würde sie wieder aufstehen und sich ihren Ängsten stellen müssen. Grummelnd und noch weniger motiviert als vorher, zog sie sich die Decke über den Kopf.
Sie öffnet die Augen. Um sie herum befinden sich vier Wände. Es ist ein kleiner Raum. Faith steht in der Mitte. Wenn sie ihre Hände nach links und rechts ausstreckt, kann sie die Wände berühren. Faith schluckt. Ein beengtes Gefühl steigt in ihr hoch. Da entdeckt sie an der Wand direkt vor sich auf Augenhöhe einen kleinen Spalt. Sie geht darauf zu und klopft an der Wand. Ein Riegel wird zur Seite geschoben und im Spalt erscheint ein Augenpaar. Dunkelgrüne Augen. Ein Fremder. Dann die Stimme. „Was willst du?" Forsch und kalt. „Ich will hier raus", erwidert Faith. „Das geht nicht", die Stimme duldet keinen Widerspruch. „Du bleibst da drin, schon vergessen? Und jetzt sei ruhig." Der Riegel wird wieder vorgeschoben. Faith ist allein.
„Aber, das... das könnt ihr nicht machen!" Sie schlägt gegen die Wand. „Hey! Hallo? Macht die Tür auf!" Doch es zeigt sich keine Regung. Immer härter schlägt Faith gegen die Wand, bis sie keine Kraft mehr hat. Dann schlingt sie die Arme um sich und lässt sich zu Boden sinken. Kraftlos, erschöpft, verängstigt.
Es kommt ihr wie eine Unendlichkeit vor, bis sie den Blick hebt und plötzlich ein Fenster vor sich in der Wand sieht. Sie steht auf und geht zielstrebig darauf zu. Als Faith aus dem Fenster schaut, entdeckt sie mehrere Menschen, die an Sandsäcken trainieren. In dem Augenblick fällt ihr ein, dass sie sich nicht in diesem Raum befindet, sondern auf dem Stuhl liegt, während Tori neben ihr sitzt. Schlagartig fällt die Simulation in sich zusammen.
Faith öffnete die Augen und setzte sich schwer atmend auf. Sie riss sich die Elektroden vom Kopf und fuhr sich mit den Händen durch das Gesicht. Dann begegnete sie Toris vorwurfsvollem Blick.
„Was?", fragte sie.
„Faith, so geht das nicht. Du kannst die Simulation nicht so steuern?"
„Nein? Anscheinend ja doch...", Faith band sich ihren Zopf neu. „Ansonsten hätte ich es ja wohl nicht gemacht, wenn es nicht im Bereich des Möglichen gelegen hätte."
„Stell dich nicht dumm", meinte Tori und rollte mit ihrem Stuhl direkt neben Faith. Sie senkte die Stimme. „Kein Ferox steuert eine Simulation so. Ein Ferox versucht, sich mit logischem Denken der Situation entsprechend zu verhalten. Nur, weil du unbestimmt bist, geht das. Spätestens am Prüfungstag wird es den anderen auffallen. Und wenn Jeannine bemerkt, dass du eine Unbestimmte bist, dann wirst du nicht mehr lange unter uns weilen." Tori bedachte Faith mit einem warnenden Blick. „Ich sagte doch schon, dass es ein Fehler war, zu uns zu kommen."
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Irgendwas, das bleibt (Divergent FF)
FantasiAls Faith den Ferox beitritt ahnt sie noch nicht, in was für Gefahren und Intrigen sie da hinein rutscht. Schon früh realisiert sie, dass Vertrauen etwas sehr Kostbares ist und dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Umgeben von Raufbolden lernt sie...