1. Offene Sprechstunde

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An manchen Tagen, an denen Tommy durch Birmingham wandelte, spürte er seine Abstammung mehr als ihm lieb war

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An manchen Tagen, an denen Tommy durch Birmingham wandelte, spürte er seine Abstammung mehr als ihm lieb war. Es war Gypsy-Blut, das durch seine Adern rauschte und auch den unstillbaren Wunsch nach Freiheit und Reisen in sich trug.
Raus aus diesem Drecksloch, raus aus diesem unterdrückendem System, das von Geld regiert wurde und weg von all den Menschen, die ohne mit der Wimper zu zucken lügten, um ihren eigenen Vorteil durchzusetzen - das war es, was ihm diese Stimme in den Zungen seines Volkes zuflüsterte.

Doch anstatt ihnen nachzugeben, hatte Tommy vor Jahren angefangen, sein eigenes Spiel zu spielen und eigenen Regeln aufzustellen. Er wollte etwas verändern. Nicht nur in seinem eigenen Leben, auch in dieser gottverlassenen Stadt. Sie sollte nicht länger von diesen ferngesteuerten, elenden Polypen regiert werden. Stattdessen hatte Tommys Gang, die Peaky Blinders, die Kontrolle übernommen. Es war alles eine Frage des Geldes. Hier stand selbst die Polizei zum Kauf.

Ehrfürchtig nickten ihm die Bewohner der Stadt zu, als er mit wehendem Mantel durch die Straßen Small Heaths wandelte. Es war eine Mischung aus Respekt und Angst, die ihnen in den Augen stand, sobald er auf die Watery Lane trat. Sie wussten, dass die Peaky Blinders auch für die kleinen Leute eintraten - immerhin standen sie einst selbst am Abgrund. Doch sie wussten ebenfalls, dass die Peaky Blinders fragwürdige Methoden an den Tag legten, bei denen man besser nicht zwischen die Fronten geraten und schon gar nicht negativ auffallen sollte.

»Tommy!«
In ihrem auffälligen, mit Pelz besetzten Mantel kam seine Tante Polly Gray auf ihn zu. Mit stolzem Schritt eilte sie an ihm vorbei, auf ihr Auto zu, und kramte in ihrer Samthandtasche nach dem Schlüssel. »Wo bist du schon wieder gewesen?«

Polly hatte die Familiengeschäfte geführt, während Tommy und seine beiden Brüder in Frankreich gekämpft hatten. Inzwischen waren ihre Neffen zurückgekehrt und Tommy hatte die Geschäfte seither im Griff. Durch den Krieg war die Hemmschwelle der Brüder deutlich gesunken, was sich in ihrer Arbeitsweise, aber auch in ihrem Erfolg abzeichnete.
Polly hingegen kümmerte sich seitdem um die Familienangelegenheiten und die internen Beziehungen.

»Dinge erledigen«, antwortete Tommy knapp. Auch ohne Polly anzusehen, wusste er, dass sie gerade mit den Augen rollte und mit keiner ausführlicheren Erklärung rechnete.

»Deine Brüder erwarten dich im Garrison. Du beeilst dich besser. Die Schlange war gerade eben schon schier unendlich«, ließ sie den zweitältesten ihrer Neffen wissen. »Ich fahre zu deiner Schwester.«

Kaum merklich nickte Tommy und vergrub seine Hände in den Hosentaschen des grauen Tweed Anzugs, als er mit großen Schritten den Weg zur Stammkneipe der Peaky Blinders einschlug.

Der Besitzer des Garrison Pubs, Harry Fenton, hatte nie eine Wahl gehabt. Er musste es akzeptieren, dass sich die Peaky Blinders in seinem Lokal breitgemacht hatten und ihre geschäftlichen Treffen gerne in dessen Hinterzimmer abhielten. Die Schießereien und Kämpfe, die diese oftmals zur Folge hatten, waren dabei eine Nebenerscheinung, mit der er leben musste. Sich aufzulehnen, war keine Option. Harry wusste, dass er diesen Schritt entweder nicht überleben würde, oder das Pub würde am Ende überhaupt nicht mehr existieren.

Schutt und Asche || Peaky BlindersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt