6. Die Frauen der Shelby Company Ltd.

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Das letzte Mal, dass sich Alice so fehl am Platz gefühlt hatte, war, als sie im Garrison vor Tommy, Arthur und John gesessen hatte. Damals hatten sie ebenso bohrende Blicke getroffen wie jetzt, in diesem Moment, als sie die Shelby Company Ltd. betrat.

Sie konnte nicht einschätzen, wer sie skeptischer musterte - Polly, die einen Arm in die Hüfte gestemmt hatte und sie rauchend begutachtete, Lizzie, die an einem der Schreibtische saß und schon jetzt genervt von den Papieren aufsah, oder Esme, die einzig und allein die Neugierde auf die fremde Frau hergetrieben hatte.

»Sieh' an, sogar überpünktlich«, seufzte Polly und versuchte noch nicht einmal, ihr Augenrollen zu verbergen, als sie den anderen beiden Frauen einen hämischen Seitenblick zuwarf. »Komm schon rein.«

»Ich -« Alice räusperte sich

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»Ich -« Alice räusperte sich. »Ich weiß nicht, was Thomas erzählt hat, aber mein Name ist Alice Blackham«, stellte sie sich noch einmal offizell und ebenso unsicher vor.
Verloren stand sie in den Geschäftsräumen der florierenden Firma der Shelbys. Sie wusste nicht, was sie hier erwarten würde, doch ihr war klar, dass es ihre einzige Möglichkeit war, ihre Existenz zu sichern. Immerhin lag das Lokal ihres Vaters - oder nun das Lokals der Peaky Blinders - in Schutt und Asche.

»Tommy erzählt nie etwas. Entsprechend wissen wir auch nicht, was du hier verloren hast«, brummte Lizzie missmutig vor sich hin.
Dass die junge Frau mit den kurzen dunklen Haaren von Anfang an eine Abneigung gegen sie in sich trug, hatte Alice bereits letzte Nacht bemerkt. Woher diese rührte, wusste sie allerdings nicht. Alice kannte Lizzie Stark vom Hörensagen und wenn man dem glaubte, hatte sie ihr Geld zuvor definitiv nicht mit Büroarbeit verdient.

Doch nicht nur Lizzie, sondern alle Anwesenden schienen von ihrem Auftauchen nicht besonders angetan zu sein. Und auch Alice selbst wusste nicht, was sie davon halten sollte.

»Wo ist Thommy denn?«, fragte Alice, in der Hoffnung wenigstens in ihm jemanden zu haben, der sie halbwegs empfangen wollte. Dass sie eines Tages darauf hoffen würde, Thomas Shelby anzutreffen, weil sie in ihm einen eingermaßen vertrauten Anker sah, war an Absurdität nicht zu überbieten.

Wieder lachten alle drei Frauen spöttisch auf und tauschten amüsierte Blicke aus.
»Liebes«, seufzte Polly schließlich und sah Alice belehrend an. »Tommy ist nicht hier und Gott weiß, wo er sich rumtreibt. Wir wollen auch gar nicht wissen, wo er ist - merk dir das. Zu wissen, wo er ist und was er tut, ist weitaus beunruhigender, als es nicht zu tun.«

Verstehend nickte Alice, auch wenn sie sich innerlich darüber ärgerte, dass Tommy ihr so wenig über diesen Job gesagt hatte, sondern sie vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. Und nun war er noch nicht einmal anzutreffen. Aber was hatte sie anderes erwartet? Er hatte alle Hände voll zu tun, sich seine Feinde vom Hals zu halten. Das hatte sie mit eigenen Augen gesehen.

»Also«, redete Polly weiter und zog einmal tief an ihrer Zigarette. Trotz ihrer überheblichen Stimmlage, war Alice froh um jedes Wort aus ihrem Mund. Sie selbst wusste nämlich nicht im Geringsten, was sie sagen sollte. »Ich will weder wissen, was Tommy dir erzählt hat, noch was du mit ihm getan hast, um hier zu landen. Aber wenn Tommy sagt, du sollst hier arbeiten,  soll es wohl so sein. Du wirst also tun, was man dir sagt, nur die Dinge hören, die für deine Ohren bestimmt sind und keine Fragen stellen.«

Schutt und Asche || Peaky BlindersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt