18. Notausstieg

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Als Tommy an diesem Tag noch einmal in die Shelby Company zurückkehrte, rechnete er mit vielem, aber nicht mit Alice, die mit nachdenklicher Miene vor Lizzies Schreibtisch stand. Diese wiederum saß betrunken und mit verächtlichem Blick an ihrem Arbeitsplatz.

»Was machst du denn hier?«, fuhr Tommy Alice erschrocken an. Seine Tonlage hatte viele Gründe. Er hatte ihr ausdrücklich gesagt, zuhause zu bleiben, nachdem sie inzwischen zu einer beliebten Zielschreibe geworden sein könnte. Thomas wusste sie nur ungern ungefragt hier herumstreunen. Und schon gar nicht wollte er sie in Lizzies Nähe sehen — nicht, wenn er diese kurz zuvor in seine Pläne für das Derby in Epsom eingeweiht hatte.

»Es ist Tage her, dass du mir gesagt hast, ich solle im Arrow House bleiben. Ich kann mich doch nicht ewig einsperren«, erwiderte Alice. Sie klang weniger patzig als Tommy es erwartet hätte. Stattdessen wirkte sie nachdenklich. Er ahnte, dass das nichts Gutes zu bedeuten hatte. Lieber wäre er aufgebracht angebrüllt worden, als sich nun in dieser Situation wiederzufinden, die er bei Gott nicht einschätzen konnte.

Tommy hatte ein Gespür dafür, wenn Menschen ihn hintergingen, vermeintlich Verbündete logen oder sich jemand zurückzog, um einen Plan gegen ihn zu schmieden. Bei Alice, die ihn so durchdringlich ansah, konnte er zwar die tausend Fragen in ihrem Blick erkennen, doch er kannte keine einzige Antwort darauf.

»Ich wollte eben nach Hause fahren«, meinte Thomas nur knapp. »Komm mit.«
Tommy trat einen Schritt zur Seite und nickte nach draußen, um Alice den Vortritt zu lassen. Tatsächlich folgte sie seiner Aufforderung, beruhigter war er deshalb jedoch keineswegs.

»Schönen Abend, ihr Süßen!«, war noch Lizzies betrunkene Stimme zu hören.
Tommy war bewusst, dass seine Worte es waren, die sie an diesem Tag an die Flasche getrieben hatten. Er scheute sich auch nicht, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Allerdings war seine Bereitschaft, Leid in Kauf zu nehmen, groß, wenn er es als notwendig ansah — insbesondere, wenn es um diesen letzten Auftrag ging, den er erledigen wollte.

Somit ließ Tommy, wie so oft, eine verletzte Lizzie zurück. Neu hingegen war das Gefühl, bei Alice etwas in Ordnung bringen zu müssen. Mit entsprechend mulmigem Gefühl trat er zu ihr nach draußen.

Sie schwieg und wich seinem Blick aus, als sie beide in den Wagen einstiegen. Ebenso gestaltete sich die Heimfahrt.
Thomas Shelby war immer ein großer Verfechter des Schweigens gewesen, doch dieses hier machte ihm Angst. Er hatte im Krieg gedient und mit den größten Ganoven dieses Landes zusammengearbeitet — doch das Schweigen dieser einen Frau wusste ihn beinahe in die Knie zu zwingen.

Tapfer saß Tommy die Situation bis zum Arrow House dennoch aus. Er hoffte, dass Alice womöglich nur nicht auf engem Raum und damit im Innenraum eines Autos, eine Diskussion anfangen wollte. Selten hatte er sich so sehr gewünscht, dass jemand endlich sein Schweigen brechen würde. Doch selbst als sie mit verschränkten Armen zum Eingang des imposanten Hauses lief, blickte Alice nur nachdenklich ins Leere.

Brummend schloss Tommy kurz die Augen und seufzte tief, als er ihr folgte. Für einen Moment richtete er den Blick gen Himmel, um um Hilfe zu bitten, ehe ihm wieder bewusst wurde, dass Gott ihn längst verlassen hatte. Wie so vielen Herausforderungen musste er sich auch dieser hier alleine stellen.


Alice war direkt ins Wohnzimmer verschwunden und machte sich an der Bar zu schaffen. Im weiser Voraussicht, dass auch er bald einen Drink brauchen würde, tat er es ihr gleich. Mit Whiskey und einer Zigarette bewaffnet, war Tommy bereit, das Gespräch zu eröffnen — obwohl er nicht die leiseste Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte.

 Mit Whiskey und einer Zigarette bewaffnet, war Tommy bereit, das Gespräch zu eröffnen — obwohl er nicht die leiseste Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte

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Schutt und Asche || Peaky BlindersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt